Pöhlde. Zum ersten Mal macht sich eine Gruppe Jugendlicher in diesem Jahr daran, einen eigenen Umzugswagen zu bauen.
In Pöhlde ist wieder das Karnevalsfieber ausgebrochen. Mit besonderer Spannung wird von vielen der große Faschingsumzug durch die kleine Ortschaft erwartet, an dem neben den Narren auch zahlreiche Vereine und auch Privatpersonen teilnehmen. Für eine Jugendgruppe aus dem Ort ist es eine besondere Premiere: Zum ersten Mal haben sie einen eigenen Wagen für den Umzug angemeldet – und geben einen ersten Einblick auf die riesige Konstruktion.
So war der Umzug: Bunt, laut und kreativ: Der Karneval in Pöhlde
Auf den ersten Blick wirkt sie unscheinbar, die kleine Lagerhalle am Rande der Stadt Herzberg. Doch was sich hier zwischen den landwirtschaftlichen Maschinen verbirgt, ist das Herzensprojekt einer bunt gemischten Jugendgruppe. Trotz des regnerischen Wetters und der späten Stunde ist die Lagerhalle gut gefüllt: In kleinen Gruppen, ausgestattet mit Pinseln und Farbe, steht eine Gruppe Mädchen an der Seite des riesigen Umzugswagens und erweitert das Design. An anderer Stelle werden Flex-Sägen für den Einsatz vorbereitet und Holzbalken durch die Halle getragen. Im Hintergrund dröhnt ein bunter Genre-Mix aus den Boomboxen.
Alle sind fokussiert auf das gemeinsame Projekt, das die Jugendlichen im Januar begonnen haben: 14 Meter ist der Umzugswagen lang – und fast fünf Meter hoch. „Wir waren schon immer fasziniert von den vielen Umzugswagen, die jedes Jahr durch Pöhlde ziehen – und dieses Jahr dachten wir uns, dass wir selbst einmal mitziehen wollen“, erzählt Leon. Er ist, fragt man den Rest der fleißig arbeitenden Gruppe, der Ideengeber und Kopf des umfassenden Projekts.
Kompletter Umbau des Wagens
Eigentlich sollte der Umzug im vergangenen Jahr schon die Premiere für das Team werden – doch die Pandemie machte einmal mehr einen Strich durch die Rechnung. „Wir haben uns dann trotzdem zusammengefunden und für uns privat einen ersten Wagen gebaut. Da wir so viel Spaß an dem Prozess hatten, sollte in diesem Jahr wirklich losgehen.“ Mit einem kleinen Wagen in den Karneval zu starten war für die Jugendlichen aber keine Option. Im Gegenteil: „Wenn die Halle, in der wir bauen, es zugelassen hätte, hätten wir noch größer gebaut“, erzählt Leon und lacht. Doch wie kam der Wagen zustande?
Karneval-Fotos: Rosenmontags-Umzug 2023 in Pöhlde
Da die Basis der Umzugswagen stabil genug sein muss, um nicht nur Personen, sondern auch Equipment wie Lautsprecher und Stromaggregate, zu tragen, war das für die Jugendlichen der erste Schritt zum fertigen Projekt. „Online sind wir auf eine Anzeige aufmerksam geworden, die einen alten Lkw-Auflieger, der selbst schon als Umzugswagen benutzt wurde, zum Verkauf anbot“, erinnert sich Leon. Schnell fiel der Entschluss, den Auflieger zu kaufen. Das einzige Problem: „Abzuholen war er einige Stunden Fahrzeit entfernt von uns.“ So organisierten sich die Jugendlichen Unterstützung bei der Abholung und den Transport des Anliegers und machten sich auf den Weg. „Insgesamt waren wir rund zwölf Stunden unterwegs, um die Grundlage des Wagens nach Pöhlde zu holen.“
Dort angekommen begannen die Jugendlichen mit dem Umbau: Die alte Basis, bestehend aus einigen Holzbalken, musste entfernt werden. „Einige Aspekte der Grundkonstruktion – wie den Aufstieg – haben wir behalten und selbst in unser Design eingebaut.“ Viele Stunden verbrachten die Jugendlichen damit, ihren Wagen auszutüfteln und auf Papier zu bringen. Das Besondere daran: Keiner der Jugendlichen hat Vorerfahrungen im Bau von Umzugswagen. „Viele von uns sind beruflich im Handwerk. Daher kennen wir uns zumindest grundsätzlich in diesem Bereich gut aus“, erzählt Leon und lacht.
Alles andere, erzählen die Jugendlichen, haben sie sich über Versuch und Irrtum während dem Bau beigebracht. Was zuerst als Wochenend-Projekt beginnen sollte, würde für die Gruppe fast zur täglichen Baustelle. „Bei der Konstruktion muss man sich extrem viele Gedanken machen, das geht von der Tragfähigkeit der Balken, die uns und die vielen Boxen aushalten müssen, bis hin zu der Absicherung des Daches um zu Vermeiden, dass Regen oder Nässe die Technik erreichen.“
„The Purge“ als Vorlage gewählt
Mittlerweile sind es nur noch Feinschliffe, die die Jugendlichen von dem Umzug am Montag trennen. „Der Wagen soll noch etwas mehr bemalt werden und es fehlen noch einige blutige Handabdrücke, damit es auch unserem Wagenthema entspricht.“ Letzteres dürfte vor allem den Freunden von Horrorfilmen bekannt vorkommen: Die Gruppe hat die beliebte Filmreihe „The Purge“ als Inspiration für ihren Wagen genommen. Kenner der Filmreihe, in der es darum geht, dass es amerikanischen Bürgern einmal jährlich für eine Nacht erlaubt ist, straffrei alle Verbrechen bis hin zum Mord zu begehen, können eine Ähnlichkeit erkennen: „Blutige“ Handabdrücke sind auf dem weißen Wagen verteilt, in großen schwarzen Buchstaben steht „Traust du deinen Freunden?“. Und auch die Kostüme sollen abgestimmt sein: „Jeder wird ein weißes, blutiges Hemd und eine schwarze Hose tragen. Manche haben sich auch die Masken geholt, die im Film verwendet werden.“ Begleitet werden soll das Spektakel dann noch von der passenden Musik: „Die Leute werden uns hören, bevor sie uns sehen“, erzählt Leon und lacht.
Für die Jugendlichen soll der diesjährige Umzug gerade einmal der Beginn der Wagenbauer-Karriere werden, wie sie verraten. „Es hat extrem viel Spaß gemacht und jeder hat sich hier eingebracht und geholfen. Im kommenden Jahr möchten wir definitiv noch einmal an den Start gehen – dann aber auch noch einmal etwas größer.“
Täglich wissen, was in Osterode und Umgebung passiert: Hier kostenlos für den täglichen Südharz-Newsletter anmelden!