Herzberg. Am 19. August ist der Herzberger Künstler Dieter Utermöhlen im 86. Lebensjahr verstorben. Ein Nachruf.

„Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich sieht.“ Dieses Zitat von Caspar David Friedrich hat der Maler und Bildhauer Dieter Utermöhlen als Leitmotiv für sein künstlerisches Schaffen gewählt. Und wenn man seine Ouevre betrachtet, muss Utermöhlen sehr viel gesehen haben, sowohl vor wie in sich. Davon zeugen viele Gemälde, Zeichnungen und Drucke, aber auch Skulpturen und Installationen, Arbeiten in unterschiedlichen Techniken, für die er bei Ausstellungen in Deutschland und Europa, unter anderem in Polen, Bulgarien, Tschechien, Dänemark und England, Anerkennung erfahren hat. In der königlichen Galerie in Warschau steht eine Skulptur von ihm, die Stadt Goslar hat eines seiner Gemälde für das Mönchehaus Museum erworben. Es ist wohl keine Übertreibung, ihn als den Herzberger Maler zu bezeichnen. Am 19. August ist Dieter Utermöhlen im 86. Lebensjahr verstorben.

Bis zuletzt verspürte er Tatendrang und Schaffenskraft. In den vergangenen Monaten war er damit beschäftigt gewesen, Erinnerungen an sein Leben aufzuschreiben. Dieses letzte Werk konnte er nicht vollenden, es ist vermutlich rudimentär geblieben. Einen kleinen Ausschnitt davon schilderte er den Lesern unserer Zeitung mit einem spannend erzählten Zeitzeugenbericht über das Kriegsende 1945, wie er es als Zehnjähriger in Herzberg erlebt hat. Bemerkenswert, wie Utermöhlen in der Lage war, sich in die Perspektive des Jungen von damals zurückzuversetzen. Er blickte in sich hinein und malte mit Worten ein Bild aus dieser Zeit.

Dieter Utermöhlen wurde am 27. November 1934 in Einbeck geboren. Seit 1935 lebte er in Herzberg, wo der Vater in den 1950er Jahren das Haus im Eichholz gebaut hat, in dem Utermöhlen bis zuletzt wohnte und wo er auch sein Atelier hatte. Er verspürte schon als junger Mensch den Drang, Künstler werden zu wollen. Doch einer professionellen Laufbahn, beginnend mit einem Kunststudium, stand die finanzielle Lebenswirklichkeit im Wege. So absolvierte er eine Malerlehre – und brachte sich die Malerei selbst bei. Auch wenn er seinen Lebensunterhalt später bei der Bahn verdiente: Die Kunst wurde sein Lebensinhalt, sie war seine große Leidenschaft und ihr widmete er wohl den größten Teil seiner freien Zeit. Utermöhlen brannte viele Jahrzehnte sprichwörtlich für die Kunst.

Diese Hingabe beschränkte sich nicht allein auf das eigene Schaffen. Er war bis zum Lebensende auch ein Förderer der Kunst und anderer Künstler. Er hatte sich als Autodidakt ein so großes Können angeeignet, dass er selbst Lehrer sein konnte. An der Kreisvolkshochschule in Osterode war er 25 Jahre lang Dozent in Malerei und Zeichnen. Er gab Kurse und Seminare, unterrichtete künstlerischen Nachwuchs, Schüler und Jugendliche. Er arbeitete mit der Herzberger Zukunftswerkstatt und dem Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium zusammen; engagierte sich für Kunstprojekte unterschiedlicher Art, war Kurator und Jurymitglied, so beim Andreas-Kunst-Preis, den er 1996 selbst gewonnen hatte – und alles ehrenamtlich. Er leitete die Niedersachsen-Gruppe Bildende Kunst des Bahnsozialwerks, war 30 Jahre Kurator im Herzberger Welfenschloss. Für ihn sollte die Kunst auch ein Mittel sein, sich einzumischen in politische und gesellschaftliche Debatten. Ein Thema, das ihn stark beschäftigte und das er künstlerisch verarbeitete, war der Umgang der Menschen mit ihrer Umwelt.

Dieter Utermöhlen entsprach in vieler Hinsicht dem Idealtypus eines engagierten Künstlers – gerade weil er keine akademische Ausbildung hatte, kein Berufskünstler war, sondern weil es ihm um Leidenschaft und Hingabe in der Sache ging, um „L’art pour l’art“, Kunst um der Kunst willen, und darum, den Menschen die Kunst nahezubringen. Die Lücke, die er vor allem im Kulturbetrieb seiner Heimatstadt hinterlässt, wird kaum zu füllen sein.