Hattorf. Im Schnitt flogen die Piloten am vergangenen Wochenende fünfeinhalb Stunden. Sie drangen bis in den kontrollierten Luftraum vor.

Eigentlich ist die Segelflugsaison schon beendet. Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel: So sind am vergangenen Wochenende die Segelflieger des LSV Kreises Osterode und einige Gäste – unter anderem aus Frankfurt, Brandenburg und Braunschweig – aufgebrochen, um die besondere Wetterlage und die daraus resultierenden Flugbedingungen für einige außergewöhnliche Flüge zu nutzen.

Als „besondere Wetterlage“ bezeichneten die Segelflieger in diesem Fall einen starken Wind aus Osten mit gleichzeitiger Inversionswetterlage. Daraus resultiert, durch den quer zur Windrichtung stehenden Höhenzug Acker, auf dem sich die Hanskühnenburg befindet, eine sogenannte Leewelle oder Schwerewelle. Der starke Wind aus Osten strömt über den Höhenzug und bringt die dahinter gelagerte Luftmasse zum Schwingen. Diese schwingende Luftmasse nutzen die Segelflieger, um ihre Flugzeuge in sehr große Höhen zu bringen, um dann dort stundenlang zu fliegen und die Aussicht zu genießen.

Möglichst früh in die Luft kommen

Sehr früh am Samstagmorgen ging es los: Das Frühstück war bereits für kurz nach 6 Uhr angesetzt, damit die Segelflieger die Flugzeuge schnell zusammenstecken und prüfen konnten, um möglichst früh in die Luft zu kommen. Die extra aus Uslar bestellte Schleppmaschine kam um 9 Uhr in der Aue bei Hattorf an. Jedoch war es deutlich kälter als gedacht, weshalb die Flieger noch eine kleine Zwangspause einlegen mussten, um die Segelflugzeuge vom Eis zu befreien, das sich in kürzester Zeit auf den Tragflächen gebildet hatte.

Segelflieger über dem Harz.
Segelflieger über dem Harz. © LSV Kreis Osterode | Marcel Zoremba

Nacheinander wurden die Segelflugzeuge von dem Schleppflugzeug in den Harz geflogen. Ziel war der Acker mit der Hanskühnenburg. Hier zeigten sich in etwa 1.200 Metern Höhe auf den Instrumenten der Flugzeuge die ersten steigenden Luftmassen an. Nach und nach versammelten sich alle Piloten in dem ersten Wellenkamm und begannen Höhe aufzubauen, um den Harz und das Harzer Vorland zu erkunden und erneut im Wellenkamm Höhe aufzubauen. Durch eine Freigabe für den Flug um die Sösetalsperre durch die Luftraumüberwachung „Bremen Radar“ konnten die Piloten am Samstag bis in den kontrollierten Luftraum in über 3.300 Metern Höhe vordringen. In dieser Höhe fliegen bereits Verkehrsmaschinen und gewerblicher Luftverkehr.

Höhenrekord bei 3.849 Metern

Der Höhenrekord lag an diesem Wochenende bei 3.849 Metern und die Flugdauer im Schnitt bei fünfeinhalb Stunden. „Das Ganze bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ist dann schon eine Leistung, die erst einmal erbracht werden will“, resümierten die Segelflieger im Nachgang. Das sei unter anderem auch Grund gewesen, weshalb die Vorbereitungen auch gründlich von langer Hand geplant worden waren.

Ein Pilot habe nach Aussagen der Flieger sogar den Sprung aus der Welle am Harz zum Hohen Meißner bei Hessisch Lichtenau geschafft. Dort baue sich bei der gleichen Wetterlage ebenfalls ein Wellensystem auf, das von den Segelfliegern genutzt werden kann.

„Die Aussicht ist einfach atemberaubend schön von dort oben. So kann man es am besten beschreiben und die Bilder von dort sprechen von der außergewöhnlichen Schönheit unserer Region“, bilanzierten die Flieger.

Team um Payne nutzt gleichen Effekt

Den gleichen Effekt der Leewelle nutzt aktuell auch das Team der Perlan 2 um den Piloten Jim Payne. Allerdings in einem wesentlich größeren Maßstab. Die Perlan 2 ist ebenfalls ein Segelflugzeug. Jedoch mit einer Druckkabine ausgestattet, um in noch größere Höhen vorzudringen. Geflogen wird im Wellensystem der Anden in Argentinien.

Am 2. September dieses Jahres gelang es den Piloten eine Höhe von 23.200 Metern zu erreichen. Damit wurde der Höhenrekord der U2 von 1989 gebrochen.

Der Blick aus dem Flieger auf Clausthal.
Der Blick aus dem Flieger auf Clausthal. © LSV Kreis Osterode | Marcel Zoremba