Osterode. Straßen und Wege im Kreis Göttingen werden durch gefrierenden Regen zu Eisbahnen. Es kommt zu vielen Unfällen, selbst mit Winterdienstfahrzeugen.

Gefrierender Regen sorgte seit den frühen Morgenstunden am Montag in ganz Norddeutschland, so auch im Landkreis Göttingen, für glatte Straßenverhältnisse. Polizei und vor allem der Winterdienst waren seit dem frühen Morgen im Dauereinsatz. Die Helios Klinik Herzberg/Osterode verzeichnete mehr als 40 unfallchirurgische Behandlungen. Der ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt und der Deutsche Wetterdienst hatten eindringlich vor Glatteis gewarnt und den Menschen geraten, wenn möglich zu Haus zu bleiben.

Winterdienst ab 4 Uhr im Einsatz

In einigen Kommunen kam man im Winterdienst kaum noch hinterher, wie beispielsweise Gerhard Grundei, Leiter des Bauamtes der Stadt Bad Sachsa erklärt. Seit 4 Uhr morgens seien alle eigenen Mitarbeiter und Fremdfirmen mit sämtlichem Gerät im Einsatz, „die Fahrzeuge hatten um 11 Uhr bereits ihre vierte Streurunde auf ihren vorgeplanten Touren absolviert, das habe ich so noch nicht erlebt“.

Doch dennoch blieben die Straßen vielerorts spiegelglatt. Der immer wieder einsetzende Regen verhindert eine spürbare Verbesserung der Straßenverhältnisse. „Vor allem auf Straßen und Gehwegen mit Kopfsteinpflaster ist die Situation schlimm. Dort kriegen wir das Eis eigentlich gar nicht mehr weg, es ist wirklich gefährlich“, betont Gerhard Grundei.

Straßen sind kaum freizuhalten

Gleiches konnte Walkenrieds Gemeindebürgermeister Lars Deiters berichten. Auch hier war der gesamte Bauhof seit 4 Uhr im Dauereinsatz, „doch wir schaffen es gerade einmal die Hauptverkehrsstraßen und neuralgischen Punkte freizuhalten.“ Speziell in den Nebenstraßen, in denen es kaum Verkehr gebe, zeigte das aufgebrachte Streusalz so gut wie keine Wirkung mehr.

Eisregen verwandelt Straßen und Gehwege unter anderem in Wieda in gefährliche Rutschbahnen. Streuen mit Asche, Sand oder Salz hilft kaum etwas. 
Eisregen verwandelt Straßen und Gehwege unter anderem in Wieda in gefährliche Rutschbahnen. Streuen mit Asche, Sand oder Salz hilft kaum etwas.  © HK | Thorsten Berthold

Wie gefährlich zeigte sich für den Winterdienst auch selbst: Auf eine Parkplatz in der Jugendherbergstraße waren zwei Wagen aufgrund der Glätte gegeneinander gestoßen. Der Mitarbeiter aus dem Winterdienst wollte umgehend helfen, rutschte dann aber fatalerweise mit seinem Fahrzeug aufgrund der Glätte in die beiden Unfallwagen hinein.

Entspannte Lage in Osterode und Herzberg

Während im Südharz sich die Lage durchaus angespannt präsentierte, verlief es im Raum Osterode ruhiger. In der Sösestadt hatte man sich laut Bauhofleiterin Britta Schindler gut auf das Wetterereignis vorbereitet, die Handkolonnen rückten gegen vier Uhr in der Nach aus und streuten neuralgische Punkte wie Fußgängerüberwege, Bushaltestellen, Brücken und Zugänge zu Verwaltungsgebäuden ab. Um 6 Uhr gingen die Fahrer mit ihren Streufahrzeugen auf die Piste. „Jeder weiß da genau, was er in seinem festgelegten Bezirk zu tun hat“, so die Bauhofleiterin, die sich über einen reibungslosen Auflauf der Arbeiten freut, die sich bis weit in der Tag hineinzogen.

Ebenfalls gut vorbereitet machte sich der Bauhof in Herzberg ab 5 Uhr morgens an die Arbeit, wie Leiterin Verena Thiele berichtet. „Da der Regen für den Montag angekündigt war haben wir uns dementsprechend schon darauf eingestellt.“ Die spiegelglatten Fahrbahnen waren dabei weniger ein Problem als die vereisten und sehr rutschigen Fußgängerwege. „Da viele Anlieger keinen Winterdienst machen, war es an einigen Stellen schon besonders gefährlich. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Bauhof haben dem aber durch einen Handräumdienst und Salzstreuen gut entgegengewirkt.“

Rutschpartie für die Pendler

Das der Tag alles andere als normal verläuft, können auch die zahlreichen Berufspendler bestätigen, denn allein der Gang zum Auto wurde zur Rutschpartie, nur um dann festzustellen, dass – sofern man keine Garage oder Carport hat – das gesamte Auto mit einer dicken Schicht Eis überzogen ist. Weniger Gedanken müssen sich die Schülerinnen und Schüler im Landkreis Göttingen machen, bereits am Abend des 18. Dezember wurde vermeldet, dass die Schule insgesamt ausfällt, da kein geordneter Schulbusverkehr möglich ist.

Eis statt Schnee mussten die Hauseigentümer nach dem gefrierenden Regen von den Bürgersteigen räumen. 
Eis statt Schnee mussten die Hauseigentümer nach dem gefrierenden Regen von den Bürgersteigen räumen.  © HK | Thorsten Berthold

Gleiches galt auch im Bahnverkehr, wo bereits viele Zugverbindungen ausgefallen sind.

Müll kann nicht abgeholt werden

Nicht abgeholt werden konnte in Teilen des Altkreises Osterode der Müll. „Aufgrund der Straßenglätte und dem damit verbundenen Unfallrisiko, zuzüglich fehlender Mitarbeiter ist es Veolia heute nicht möglich, die Abfallsammlung durchzuführen“, teilte die Kreisabfallwirtschaft Osterode mit. Betroffen waren Teile der Städte Herzberg und Bad Sachsa, der Samtgemeinde Hattorf sowie die gesamte Einheitsgemeinde Walkenried.

Viele Unfälle mit Blechschäden

Auch die Polizei meldete viele Unfälle in ganz Niedersachsen. So war nach einem Unfall auf der A7 bei Göttingen die Fahrbahn in Richtung Kassel voll gesperrt.

Das Unfallgeschehen im Raum Osterode vollzog sich laut Polizei dagegen ohne schwerwiegende Zwischenfälle. Die Hauptverkehrswege waren gestreut, lediglich auf den Parkplätzen kam es aufgrund der von Eis überzogenen Pflasterung zu zahlreichen Blechschäden.

21 Einsätze beim Rettungsdienst

Einsätze beim Rettungsdienst

In der Zentralen Notaufnahme der Helios Klinik Herzberg/Osterode wurden gestern seit den frühen Morgenstunden bis zum frühen Nachmittag 45 unfallchirurgische Patientinnen und Patienten unter anderem mit Unterschenkel-, Schenkelhals- und Armfrakturen sowie auch ein Schädelhirntrauma mit Hirnblutung behandelt.

Im benachbarten Landkreis Nordhausen kamen die Beamten der Landespolizeiinspektion am Montagvormittag mit der Unfallaufnahme nicht mehr hinterher. Die betroffenen Autofahrer mussten sich auf längere Wartezeiten einstellen. Gleiches Bild beim Rettungsdienst: Zwischen 6 und 12 Uhr wurde dieser zu 21 Einsätzen infolge des Blitzeises geschickt. Fuß-, Bein- oder Oberschenkelhalsbrüche: Mit derlei Verletzungen mussten verunglückte Fußgänger ins Krankenhaus gebracht werden, heißt es aus der Leitstelle. Auch der Rettungsdienst im Raum Northeim war massiv gefordert. Über 100 Einsätze wurden aus der Einsatzleitstelle disponiert. Für die Feuerwehren im Landkreis Northeim war der Wochenstart mit Blick auf die Glatteissituation aber ruhig. Für die Brandschützer sind die seit Tagen tiefen Temperaturen ein viel größeres Problem. Mehrfach seien seit der Vorwoche Wasserleitungen geplatzt und Keller zu Teilen mit Wasser vollgelaufen. Von gleicher Problematik berichten vereinzelt auch städtische Wasserversorger.

Die Northeimer Einsatzkräfte appellieren an die Bürgerinnen und Bürger, die Wetterlage immer im Blick zu haben und Warnmeldungen über die offiziellen Kanäle in den sozialen Medien oder – wie Sonntag auch über die Warn-Apps – ernst zu nehmen. Autofahrten sollten bei Glatteis ebenso vermieden werden wie spiegelglatte Fußwege und Einfahrten. Nicht nur im Sinne der eigenen Sicherheit, sondern auch, um die Rettungskräfte bei solchen Extremwetterlagen zu entlasten.

Wegen der angespannten Wetterlage und dem vorherrschenden Glatteis kam es auch zu Ausfällen bei der Zustellung vom Harz Kurier.