Wieda. Kleine Zeitreise: In den 1970er Jahren war der Tourismus im Südharz in seiner Blütephase.

Nach dem Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie nimmt der Tourismus im Südharz langsam wieder an Fahrt an. Dass es beispielsweise in Wieda Zeiten gab, in denen ein Großteil der Bevölkerung seinen Lebensunterhalt in diesem Bereich verdiente, zeigen die Recherchen von Heinz-Gerhard Paul. Er hat sich die 1970er in der Kommune genauer angeschaut.

137 Betriebe vor Ort

Im Gastgeberverzeichnis des Jahres 1974 waren 137 Betriebe in Wieda aufgeführt, die 760 Gästezimmer in zehn Hotels/Gaststätten, 17 Fremdenheime, 15 Betriebe mit Ferienwohnungen und 96 Privatvermieter angeboten haben. In 15 Betrieben waren die Zimmer schon mit Duschen ausgerüstet.

Aber auch sonst belegen die Zahlen ein reges Geschäft: Die Gaststätten Grüne Tanne und Jägerhof (Weißes Ross) hatten bis zu 300 Mittagessen in der Hauptsaison, wöchentlich fanden Tanzveranstaltungen statt.

Feier mit Stars aus dem Fernsehen

Im Kurhaus und auf dem Grillplatz fanden Feste mit bekannten Künstlern statt: Peter Maffay, Hans Rosenthal, Rudi Carrell, Rias Kaffeetafel, Medium Terzett, Hugo Strasser und vielen anderen bekannten Künstlern der damaligen Zeit. Dafür reisten Zuschauer auch aus dem gesamten Umland nach Wieda. „Manche Wiedaer haben dabei auch ihr Glück gefunden“, erklärt Paul schmunzelnd.

Aber auch der Kurbetrieb funktionierte in diesen Zeiten anders: Kurgäste wurden in den Jahren bis 1970 von den Vermietern mit dem Handwagen an der Kurverwaltung abgeholt.

„Folgende Reiseveranstalter/Busunternehmen brachten uns Gäste: Autokraft Kiel, Wolters Bremen, Kühn Berlin, Siggelkow Hamburg und HP Reisen (Hannoversche Presse)“, fasst Heinz-Gerhard Paul zusammen.

Mit Handwagen Gäste abgeholt

Rolf Müller erzählte dazu folgende Geschichte: „Meine Mutter Stützer Elfriede beherbergte jahrzehntelang Kurgäste. In der Zeit bis 1970 reisten die Gäste noch überwiegend mit Bussen an. Die Abholung und Verteilung der Gäste fand vor der Kurverwaltung statt. Der Koffertransport der Gäste fand überwiegend mit dem Handwagen statt. Den Weg hin zu unserem Haus in der Südstraße nutzten wir, um den Gästen die Sehenswürdigkeiten näher zu bringen. Als ich etwa zehn Jahr alt war begleitete ich meine Mutter auf diesen Weg. Dazu gehörte auch das Ritual mich in Schale zu werfen. Die Gäste wurden von mir im Matrosenanzug begrüßt. Als ich dann größer wurde holte ich die Gäste alleine ab. Meine Mutter hatte dann Zeit die Zimmer wieder herzurichten, denn der Gästewechsel fand wöchentlich statt. Zum Leidwesen einiger Gäste nahm ich hin und wieder ab der Kreuztalklippe abwärts, Platz auf der Deichsel des Handwagens, ließ ihn rollen, so weit es ging, gelenkt wurde mit den Füßen. Manche Gäste kamen dann nicht mehr so schnell hinterher. Das zog mir den Zorn der Gäste, aber auch meiner Mutter zu. Später übernahmen Taxi und Autos diesen Transport“, erklärt Rolf Müller.

Heinz-Gerhard Paul möchte in Zukunft monatlich kleine Geschichte unter dem Motto„Aus der Vergangenheit von Wieda“ schreiben. Er hofft auf die Hilfe der Einwohner und freut sich über Anregungen und Bilder. Zu erreichen ist er unter Telefon 05586-503 bzw. E-Mail bremsenpaul@web.de .