Bad Sachsa. Für Raymund Schwingel, Pfarrer im Ruhestand aus Bad Sachsa, gibt es viele Wege Solidarität zu zeigen.

Die Corona-Pandemie hat das öffentliche Leben nahezu lahmgelegt. Doch wie können sich Menschen in dieser Zeit nah sein, was bedeutet Solidarität? Raymund Schwingel, Pfarrer im Ruhestand, hat sich hierzu seine Gedanken gemacht – und das aus vielerlei Hinsicht. Den Geistlichen aus Bad Sachsa trifft die aktuelle Situation auch in vielerlei Hinsicht – unter anderem auch in seiner Tätigkeit als Rektor der Lebensschule Kloster Walkenried, die wie alle Vereine und Verbände ihre Veranstaltungen aktuell ruhen lässt. Schwingel gibt aber auch Einblick, dass die Menschen trotz der Entfernung nicht allein sind.

„Wenn unsere Bundeskanzlerin die augenblickliche Situation unseres Landes so ernst sieht, dass sie bis zum Zweiten Weltkrieg zurückgeht, um Vergleichbares zu finden, dann muss es ja wirklich so ernst sein – und wir sollten es auch so ernst nehmen. Aber es gibt immer noch Menschen, die sich an die getroffenen Anweisungen nicht halten und denken, das alles gehe sie nicht an, sie seien ja nicht erkrankt. Aber dieses Denken greift zu kurz. Wenn die Kanzlerin weiterhin ausführt, das beste Zeichen der Solidarität sei zur Zeit das Abstand halten, dann ist das zwar richtig, aber es erfordert eine enorme geistige Leistung: Solidarität im Abstand voneinander, obwohl wir doch eine Gemeinschaft von Menschen sind, die aufeinander angewiesen sind“, beschreibt er seine Gedanken.

Genau dies mache die Situation so bedrohlich: Der „Feind“ sei nicht sichtbar -- und doch allwirksam. „Es wäre aber nun falsch, in das genaue Gegenteil zu verfallen und zu denken, Abstand gelte in allem und für alles. Vielleicht macht uns diese Krise bewusst, dass wir nicht nur physische Wesen sind, die Medikamente brauchen, um geheilt zu werden. Wir sind auch psychische und geistliche Wesen.“ Heilung müsse auf mehreren Ebenen geschehen, sonst blieben auch die Medikamente wirkungslos, beschreibt er seine Eindrücke.

Dabei gebe es eine ganze Bandbreite von Zeichen der Solidarität, die den Menschen gut tun: „Wenn uns auch zur Zeit der physische Kontakt zu vielen Verwandten und Freunden verwehrt ist, so können wir doch telefonieren, eine E-Mail schreiben oder skypen. Und wenn wir selbst keine Besuche durchführen können, weil wir zu einer gefährdeten Gruppe gehören, dann können wir jemanden anderes schicken – und sei es nur um einzukaufen oder den Hund Gassi zu führen“, sagt Raymund Schwingel pragmatisch.

Aber es gebe noch mehr: In allen evangelischen und katholischen Kirchen läuten mittags um 12 Uhr die Glocken. „Das hat eine sehr alte Tradition: Mitten am Tag sollen wir durch das Läuten daran erinnert werden, dass Christus auf diese Erde gekommen ist, um uns beizustehen. Er hat uns mit unseren Sorgen nicht allein gelassen. Wir sind in der Tiefe unserer Existenz in Gott geborgen, wenn wir auch vordergründig Angst und Sorgen haben.“ In der Tiefe eines Sees sei das Wasser ruhig, es bewege sich nur an der Oberfläche, umschreibt der Geistliche bildhaft.

„In diese Grundhaltung können wir uns durch unser Gebet einschwingen. Wir können täglich Fürbitte für betroffene Menschen in Not halten. Wir können uns einer Gebetskette anschließen oder sie selbst gründen. Internet und Whatsapp sind geeignete Medien hierfür. Hier wird die geistliche Dimension unseres Menschseins deutlich: Unsere Herzen sind bei Gott im Himmel – und unsere Hände und Füße sind hier auf der Erde und zeigen Solidarität, die durch keine Krankheiten behindert wird: Die Solidarität des Gebetes ist eine enorme Kraft. Wir müssen nur daran glauben – und wir können unsere unmittelbare Umgebung ein wenig menschlicher machen“, erklärt Raymund Schwingel, Pfarrer im Ruhestand, abschließend.

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