Bad Sachsa. Alfred von Hofacker, Sohn von Widerstandskämpfer Caesar von Hofacker, will die Lehren des 20. Juli 1944 weitergeben.

Wenige Menschen sind mit dem 20. Juli 1944 so eng verbunden wie Alfred von Hofacker. Der heute 84-jährige Sohn des Widerstandskämpfers Caesar von Hofacker (1896-1944) wurde nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler und einem zeitgleichen Putschversuch seines Vaters in Paris zusammen mit 45 Kindern beteiligter NS-Widerstandskämpfer verschleppt und in einem Heim in Bad Sachsa interniert. Er wolle weiter die Geschichte seines Vaters und auch seine eigene erzählen, sagt er: „Ich werde nicht müde – auch angesichts mancher Geschichtsvergessenheit und der wieder lauter werdenden Stimmen von rechts.“

Caesar von Hofacker, Reserveoffizier der Luftwaffe, war ein Cousin des Hitler-Attentäters Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944). Vor 75 Jahren leitete er am 20. Juli 1944 in Paris die dortigen Aktionen zum Staatsstreich gegen das Hitler-Regime.

Ohne diese Hintergründe zu kennen, erlebten die „Kinder des 20. Juli“ in der Folgezeit vor allem den Schock, von ihren Familien getrennt zu werden, sagte Alfred von Hofacker, der heute in Icking bei München lebt. „Wir Kinder wussten nicht einmal, warum wir überhaupt in Bad Sachsa waren“, sagt von Hofacker. Nach und nach hätten die Kinder durch Zufall herausgefunden, dass sie durch den Namen Stauffenberg verbunden waren. „Jeder von uns ist mit Heimweh-Wellen zusammengebrochen. Ich selbst habe oft abends im Bett geweint.“ Dennoch hätten sich die Kinder irgendwie mit ihrer Situation arrangiert: „Wir hatten irgendwie das Gefühl, verwandtschaftlich befreundet zu sein.“

Erst viel später habe sich von Hofacker mit den Beweggründen des Widerstands befassen können. Nach dem Tod seiner Mutter habe er Aufzeichnungen des Vaters gefunden. Die Dokumente hätten ihn lange beschäftigt. „Natürlich fragt man sich, was einen Vater von fünf Kindern zu so etwas treibt“, sagt von Hofacker. Er habe in mühevoller Kleinarbeit das Menschenbild seines Vaters rekonstruiert. „Dabei habe ich gelernt, dass ich im Grunde zwei Väter hatte.“ Ein anfangs glühender Verehrer der Nationalsozialisten habe sich in einen überzeugten Widerstandskämpfer gewandelt.

Lange Zeit galten die Verschwörer zunächst als Verräter, später wurden sie als Helden stilisiert. Alfred von Hofacker sagt heute, Caesar von Hofacker sei nichts davon gewesen: „Er war ein couragierter Zeitgenosse – einer, der in vollem Bewusstsein um die Konsequenzen versucht hat, aus seinen Fehlern zu lernen.“ Er wurde nach dem gescheiterten Umsturzversuch in Paris verhaftet, zum Tode verurteilt und gehängt.

Seiner Mutter habe der Vater einmal eröffnet, dass er die Chancen für einen Erfolg des Attentats und Umsturzes bei zwei Prozent sehe. „Zwei Prozent Hoffnung“, sagt Alfred von Hofacker. Es sei dem Widerstand aber um weit mehr als Erfolg gegangen. „Es war meinem Vater und den anderen wichtig, ein Zeichen zu setzen. Eine Botschaft an die Welt, dass es auch noch ein anderes Deutschland gibt.“ epd