Barbis/Braunschweig. Radsportbezirksverband trifft sich zur Versammlung in Barbis – Fachwart befürchtet Niedergang des Bahnradsports auf Amateurebene

Wird es in Zukunft noch niedersächsische Meisterschaften im Bahnradsport geben? Robert Heinemann, der Fachwart Bahnradsport des Radsportverbands Bezirk Braunschweig, hat seine Zweifel daran, wie er bei der Jahreshauptversammlung des Bezirksverbands verkündet. „Es ist beängstigend“, sagt er. „In zwei bis drei Jahren wird es wahrscheinlich keine Bahnmeisterschaften mehr geben wegen mangelnder Teilnehmerzahl.“

Im Radsportbezirksverband organisieren sich die Radsportvereine der Region. Das Netzwerk eines solchen Dachverbands ermöglicht es laut Sebastian Bornemann, stellvertretender Landrat des Landkreises Göttingen, ein breites Angebot darzustellen und damit einen „essenziellen Baustein einer funktionierenden Gesellschaft“ sicherzustellen, nämlich Sport und Ehrenamt. Bornemann hebt in seiner Ansprache bei der Jahreshauptversammlung besonders den RV Adler Rollshausen hervor: „Ein sehr engagierter Verein, der durch einen im Vergleich zu anderen Sportvereinen sehr niedrigen Jahresbeitrag auch Familien und Menschen mit kleinem Geldbeutel die Teilhabe an Sport und Gemeinschaft ermöglicht.“

Ehrenamt und Bürokratie

Das bestätigt der Vorsitzende des Braunschweiger Radsportbezirksverbands Thomas Klein. „Es ist notwendig, die Belange des Bezirks mit Hilfe eines handlungsfähigen und motivierten Vorstands zu vertreten. Nur dadurch können alle Disziplinen des Radsports in ihrem gesamten Facettenreichtum die gebührende Beachtung und Würdigung finden“, erklärt Klein, der seit 1981 im Radrennsport aktiv ist und seit 2010 als Bezirksverbandsvorsitzender fungiert – und dies auch in Zukunft tun wird. Denn die Versammlung hat Klein einstimmig wiedergewählt.

Geleitet hat die Wahl der Präsident des Radsportverbands Niedersachsen, Edwin Zech. „Dass Ehrenamt nicht mehr den Stellenwert von früher hat, ist Schuld der Politik“, prangert Zech an und führt als Beispiel an, dass die Finanzierung von Jubiläumsfeiern häufig kompliziert sei. So dürfe ein Verein das Geld, das er auf dem Konto hat, nicht einfach ausgeben. Er müsse nachweisen, dass die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen auch für die Mitglieder investiert werden.

Diese Form von Bürokratie soll Gutes gewährleisten, wirkt aber auch abschreckend auf Personen, die sich vorstellen können, ein Ehrenamt auszuführen, jedoch nicht vom Fach sind. Als langjähriger Vorsitzender der HSG Oha kennt sich auch Bad Lauterbergs Bürgermeister Rolf Lange (CDU) mit Vereinsstrukturen aus. Er wünscht dem Bezirksverband bei der Jahreshauptversammlung daher, dass alle offenen Posten besetzt werden können.

Radsport als Volkssport

Denn Radsport ist weit mehr als der bereits erwähnte Bahnradsport. Der inzwischen 102 Jahre alte Radsportverein in Rollshausen bietet beispielsweise Radball, Radtourenfahrten, Radwandern und Straßenrennen an. Außerdem organisieren sich im Radsportbezirksverband die Sportarten Radpolo, Kunstradsport, MTB und BMX.

Bei der Jahreshauptversammlung des Radsportbezirks Braunschweig wurde der RV Wanderlust Bad Lauterberg mit dem dritten Platz im Radwanderfahren ausgezeichnet..
Bei der Jahreshauptversammlung des Radsportbezirks Braunschweig wurde der RV Wanderlust Bad Lauterberg mit dem dritten Platz im Radwanderfahren ausgezeichnet.. © HK | Katharina Franz

Ein Verein aus dem Altkreis Osterode sticht insbesondere bei den vom Bezirksverband organisierten Radwanderfahrten des vergangenen Jahres hervor: der RV Wanderlust Bad Lauterberg. An den vier Sternfahrten nahmen insgesamt 27 Teilnehmer des Vereins aus der Kneipp-Stadt teil, die zusammen 1.843 Kilometer fuhren. Allerdings waren nur 798 Kilometer davon Wertungsrelevant, weshalb die Bad Lauterberger auf dem dritten Platz landeten, hinter Rollshausen mit drei Fahrten, 21 Teilnehmenden und 862 Kilometern und der erstplatzierten RSG Göttingen mit vier Fahrten, 16 Teilnehmern und 948 Kilometern.

„Der Wanderpokal kommt somit noch ein Jahr nach Göttingen“, berichtet Klaus Breme, Fachwart Radwanderfahren im Bezirksverband, der sich als Mitglied der RSG darüber freut. Der Barbiser überreichte zudem zwei Teilnehmerinnen Pokale dafür, dass sie bei allen vier Sternfahrten dabei waren: Claudia Kaul und Ingrid Breme. Er fügt hinzu, dass in vergangenen Jahren weitaus mehr Teilnehmende bei allen vier Fahrten mitgeradelt sind und hofft, in Zukunft wieder mehr Auszeichnungen dieser Art vergeben zu dürfen.

Bezirkswanderfahrten 2023

Die Sonntage, an denen im Jahr 2023 Bezirkswanderfahrten stattfinden, stehen bereits fest:

  • Am 23. April geht es nach Oldenrode zum Schlachtfeld am Harzhorn mit Einkehr im Gasthaus Zwickert, Oldenroder Straße 15.
  • Am 14. Mai besuchen die Radwanderfahrer das Uhrenmuseum-Café Antique in Bad Grund.
  • Am 18. Juni ist die Landesgartenschau in Bad Gandersheim mit Einkehr in der Osteria Antonio, Fronhof 3, das Ziel.
  • Am 6. August treffen sich die Vereine im Gasthaus zur Traube, Nordhäuser Straße 13 in Herrhausen.

Gewertet werden nur Kilometer, die die Teilnehmenden mit dem Fahrrad fahren. Für die Vereinswertung müssen mindestens vier Vereinsmitglieder dabei sein – pro Mitglied kann ein Gastfahrer gewertet werden. Die Einschreibkontrollen finden an den Zielorten jeweils von 11.30 bis 14 Uhr statt. Die Vereine müssen dem Bund Deutscher Radfahrer angehören.

Was wird aus dem Bahnradsport?

Der Grund für Robert Heinemanns Befürchtung, dass der Bahnradsport in dieser Region ausstirbt, ist nicht etwa, dass die jungen Leute keine Lust mehr darauf haben, mit dem Rad auf der Bahn ihre Runden zu drehen. Ihnen wird kaum die Gelegenheit gegeben, herauszufinden, ob die Sportart etwas für sie ist. Niedersachsens einzig verbliebene Radrennbahn befindet sich laut Heinemann in Göttingen.

Die Radrennbahn an der Pottkuhle in Hildesheim ist offiziell nicht mehr in Betrieb und auch die Holzbahn in Hannover-Wülfel liegt bereits seit 2017 still. Dass der Bahnradsport in Göttingen noch gelebt wird, verdankt die Stadt vor allem einem Verein: dem Tuspo Weende. Die Vereinsmitglieder haben das im Jahr 1954 gebaute Oval in Eigenleistung saniert, sodass es im Mai 2011 wiedereröffnet werden konnte, nachdem der Betrieb dort seit 1990 wegen der Baufälligkeit geruht hatte.

Angesichts der mangelnden Infrastruktur lobt Heinemann, dass immerhin drei Amateure bei den Bahnradmeisterschaften im vergangenen Jahr gestartet sind und hofft trotz der widrigen Umstände, dass sich die Beteiligung bei den Amateuren in Zukunft erhöht.

Wahlen und Auszeichnungen

Neben dem Vorsitzenden Thomas Klein wurden Jugendleiterin Sabrina Jünemann vom RV Adler Rollshausen und Kassenwart Wilfried Dühring in ihren Ämtern bestätigt. Die Fachwartin für BMX und Mountainbike übernimmt zusätzlich Trial. Der Posten des Fachwarts Radball/Radpolo blieb vakant. Thomas Klein fordert die Vereine dazu auf, in ihren jeweiligen Reihen einen Anwärter auf das Amt zu finden.

Die Fachwartin für Straßenradsport, Claudia Kaul, wurde nicht nur wiedergewählt, sondern auch als weibliche Pionierin des Radrennsports für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Weitere Auszeichnungen für das Lebenswerk erhielten Ingrid Breme, weil sie sich seit Jahren für den Radsport engagiert und Protokollführerin des Bezirksverbands ist und Klaus Breme als Ikone des Wanderradsports, mit dem man laut Kleine nach der Tour auch gut ein Bier trinken kann.

Außerdem erhielt der stellvertretende Vorsitzende Lutz Göbert eine Auszeichnung für sein Lebenswerk. Kleine weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass Göbert am 18. Januar das Bundesverdienstkreuz erhalten hat. Göbert engagiert sich nicht nur im Radsport, sondern auch politisch. „Das Kreuz habe nicht ich alleine gekriegt, sondern das haben viele bekommen. Alleine schafft man so etwas nicht“, gibt sich der Ausgezeichnete bescheiden.

Das hat der Bezirksverband vor

Ab sofort hat sich der Bezirksverband eine Internetseite eingerichtet. Unter www.radsportbezirk-braunschweig.de sollen demnächst Termine und Ansprechpartner zu finden sein.

Die nächste Jahreshauptversammlung ist für Samstag, 3. Februar 2024 geplant. Gastgeber wird RCE Othfresen sein.

Zudem wurde bereits ein Wandercamp für Jugendliche angekündigt, dass im Herbst 2024 im Harz stattfinden soll. Ziel ist, dass sich dabei die Bahnradsportler mit den Straßenradsportlern mischen.

Der Bezirksverband weist seine Mitgliedsvereine außerdem darauf hin, dass sie noch die Möglichkeit haben, finanzielle Unterstützung für Jugendaktionen zu beantragen. Außerdem sucht die Bundesehrengilde einen Wanderfachwart. Die Vereine sollen sich diesbezüglich umhören.

Klaus Breme, Ingrid Breme, Claudia Kaul und Robert Kaul haben für die RSG Göttingen Bezirkspokale abgeräumt.
Klaus Breme, Ingrid Breme, Claudia Kaul und Robert Kaul haben für die RSG Göttingen Bezirkspokale abgeräumt. © HK | Katharina Franz