Bad Lauterberg. Bad Lauterbergs Schiedsmann Horst Willig hat dem Verein Haus & Grund sein Ehrenamt vorgestellt: Unterschiede zum Gericht, so läuft die Schlichtung ab.

Horst Willig ist Schiedsmann der Stadt Bad Lauterberg. Was er in dieser Position macht, hat er den Mitgliedern des Vereins Haus & Grund Bad Lauterberg bei eine Vortragsabend in der Waldgaststätte Bismarckturm erklärt.

Darauf hatten die Vereinsmitglieder schon länger gewartet: Wegen der Corona-Pandemie war der Vortrag bereits vier Mal verschoben worden.

Schiedsamt ist ein Ehrenamt

Willig bekleidet das Ehrenamt seit mittlerweile acht Jahren. Die ansehnliche Schlichtungsquote von über 70 Prozent weist ihn als fach- und sachkundigen Ansprechpartner aus.

Die ehrenamtliche Tätigkeit ist verwaltungstechnisch angesiedelt bei dem Ordnungsamt der Stadt, welche auch Kostenträger ist. Die dienstliche, fachliche und disziplinarische Aufsicht wird jedoch über das Amtsgericht Herzberg und der dortigen Direktorin ausgeübt.

Geschichte der Friedensrichter

Das Schiedsamtswesen hat eine sehr lange Tradition. Bereits im Jahr 1808 wurden die ersten Schiedsämter gegründet. Man nannte die ausübenden Personen damals Friedensrichter. In Sachsen bezeichnet man sie noch heute so.

Schon damals galt die Justiz als überlastet und außerdem sollte die Bürgernähe gestärkt werden. Hieran hat sich bis heute nichts geändert.

Unterschied zum Gericht

Auch heute werden noch Konflikte behandelt im Rahmen der Zuständigkeit. Dazu gehören zum Beispiel Überhang durch Bäume oder Sträucher, Überfall von Früchten, Grenzbaumstandorte, Zuführung unwägbarer Stoffe wie Gasgerüche, Tiere, Ruhestörungen sowie das sogenannte Hammerschlags- und Leiterrecht und alle Fälle der Rechte aus dem Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz. Nicht zuständig ist das Schiedsamt in Fällen, für die die Familien-, Sozial- und Arbeitsgerichte zuständig sind wie Ehestreitigkeiten, Kündigungen und wo weiter.

Der Unterschied des gerichtlichen Verfahrens zum Schlichtungsverfahren liegt darin, dass es bei einem Gerichtsurteil immer einen Sieger und einen Verlierer gibt, der sich regelmäßig benachteiligt sieht. Ein Urteil zerstört fast immer auch den nachbarschaftlichen Frieden und erschwert ein weiteres Zusammenleben erheblich.

So läuft eine Schlichtung ab

Das Schlichtungsverfahren findet mündlich und vertraulich statt. Die Beteiligten sollen sich aussprechen. Üblicherweise trifft man sich in einem Raum des Rathauses. Die Öffentlichkeit bleibt ausgeschlossen. Lediglich ein Beistand – zum Beispiel Ehepartner, Kinder oder Rechtsanwalt – können noch an dem Schlichtungsgespräch teilnehmen.

Ziel ist es, eine möglichst für beide Seiten faire Einigung zu erzielen. In manchen Fällen ist es jedoch nach kurzer Verhandlungsdauer schon offensichtlich, dass die Parteien nicht zu einer vergleichsweisen Erledigung gelangen.

Und wenn man sich (nicht) einigt?

Dann kann auch sofort die Schiedsverhandlung beendet werden. In diesem Fall wird eine sogenannten „Erfolglosigkeitsbescheinigung“ den Parteien gegenüber ausgestellt, so dass der Weg zu den Zivilgerichten frei ist.

Einigen sich die Parteien jedoch, wird ein Vergleich geschlossen, der in einem Protokoll festgehalten wird. Bei diesem Protokoll handelt es sich um eine vollstreckungsfähige Vereinbarung. Das Protokoll wird von allen Parteien und der Schiedsperson unterzeichnet. Die Schiedsperson versieht das Dokument zudem mit einem Siegel. Jede Partei erhält eine Ausfertigung.

So lange gilt die Vereinbarung

Aus dieser Vereinbarung, welche einem gerichtlichen Urteil oder gerichtlichem Vergleich gleichsteht, kann 30 Jahre lang vollstreckt werden. Daher muss die Schiedsperson auch genau auf den Wortlaut achten, also sich Gedanken machen wie etwa: „Worauf haben sich die Parteien geeinigt, was die eine Partei der anderen zu welchem Zeitpunkt zu leisten oder zu gestatten hat, dass eine Partei einen Anspruch anerkennt oder darauf verzichtet.“

Der Schiedsmann Horst Willig schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis, dass weitere Informationen zum Schiedsverfahren auf der Homepage des niedersächsischen Justizministeriums unter www.mj.niedersachsen.de oder unter www.bds-goettingen.de zu finden sind.

Schiedswesen in Deutschland

Die 6.000 Schiedspersonen in Deutschland schlichten 60 Prozent aller Nachbarschaftskonflikte, so der Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen, der die Schiedsamtszeitung herausgibt und Ausbildungen und Fortbildungen für Schiedspersonen anbietet. Die Institution der Schiedsämter und Schiedsstellen entlaste die Justiz in zwölf von 16 Bundesländern. Baden-Württemberg, Bayern, Bremen und Hamburg verzichten auf die Einrichtung.

Auf der Internetseite www.schiedsamt.de findet man bei Bedarf die für sich zuständige Schiedsperson. Bad Lauterbergs Schiedsmann Horst Willig wird von seiner Stellvertreterin Doreen Westphal unterstützt. In Niedersachsen kann Schiedsperson werden, wer das 30. Lebensjahr vollendet hat und im Schiedsamtsbezirk wohnt. Eine Altersbegrenzung nach oben gibt es nicht.

Waschbär Rambi begrüßt Rechtsanwalt Andreas Körner und Schiedsmann Horst Willig.
Waschbär Rambi begrüßt Rechtsanwalt Andreas Körner und Schiedsmann Horst Willig. © Haus & Grund Bad Lauterberg

Verein wirbt neuen Partner

Im Anschluss an Willigs Vortrag gab es das übliche und traditionelle Grillbüfett zu Vereinspreisen. Markus Werner, Mitarbeiter des neuen Vereinskooperationspartners Volksbank im Harz eG stellte die Vorteile für Haus & Grund-Mitglieder vor allen Dingen bezüglich der Einrichtung von Mietkautionskonten aber auch rund um die Immobilie dar. Mit der Volksbank im Harz eG habe man einen weiteren Kooperationspartner gefunden, der sich in ein mittlerweile stattliches Netz an Kooperationen zu Gunsten der Mitglieder einreiht das man stetig erweitert, so der Verein.

Mitgliederversammlung im Herbst

Der Vorsitzende und Justiziar des Vereins Rechtsanwalt Andreas Körner verabschiedete die Mitglieder unter Hinweis auf die nächste Veranstaltung: Die Mitgliederversammlung findet im Kursaal der Stadt Bad Lauterberg am Mittwoch, 28. September, ab 19 Uhr statt.

Der eigentlicher Star des Abends waren allerdings weder der Schiedsmann noch die Bank. Das war der Waschbär Rambi. Rambi gehört zum Bismarckturm und wurde nun quasi als Haus & Grund-Maskottchen in den Verein aufgenommen.