Arco. Der Bad Lauterberger Extremläufer kann am Gardasee endlich wieder durchstarten. Beim Ledro Trail über 42 km und 2.500 Höhenmeter wird er Dritter.

Für den aus Bad Lauterberg stammenden Extremläufer Marcel Höche (Team Adidas Terrex) endete am vergangenen Wochenende eine achtmonatige Phase ohne Wettkampf. Die Trainingsmotivation in dieser Zeit aufrechtzuerhalten, war nicht einfach. Gerade, da auch vor dieser Saison viele Rennen bereits verschoben oder gar abgesagt worden, bevor sich der Harzer nun in das norditalienische Arco am Gardasee begab. Hier nahm er am Ledro Trail teil, der im Rahmen des Garda Trentino Trails ausgetragen wurde. Das Rennen sollte für ihn ein voller Erfolg werden, nach einem harten Schlagabtausch sicherte er sich den starken dritten Platz.

„Mit einer Rennabsage oder dem Verschieben eines Rennens im Voraus kann ich besser umgehen als mit der Ungewissheit, ob ich an einer Startlinie stehen kann oder nicht“, so Höche im Vorfeld. Trotz dieser Ungewissheit erhöhte er in den vergangenen Wochen die Trainingsintensität, bevor er das Training erneut drosselte, um am vergangenen Samstag in Topform, aber gleichzeitig ausgeruht am Start der 42 km lange und mit 2.500 Höhenmetern gespickten Strecke zu stehen.

Das Ausfüllen vieler Dokumente im Vorfeld trug Früchte und so gelang sowohl die Anreise nach Italien, sowie das Abholen der Startunterlagen trotz anhaltender Corona-Pandemie problemlos. Letztere führte dazu, dass das Startfeld noch stärker sein sollte, als es bei Rennen in Italien ohnehin zu erwarten war. Aus weither reisten ambitionierte Hobbyläufer und Profis an, um nach vielen Monaten ihrer großen Leidenschaft wieder nachgehen zu können und sich in einem Land zu messen, das für seine talentierten Bergsportler berüchtigt ist.

Start mit hohen Erwartungen

Der geborene Harzer, der im Dezember letzten Jahres in seine neue Wahlheimat Walchensee zog, hatte trotz starker Konkurrenz hohe Erwartungen. Schließlich bietet sein neues Trainingsgebiet deutlich bessere Möglichkeiten als sein vorheriger Wohnort Nürnberg und seine Harzer Heimat. 4.000 Höhenmeter und mehr legte Höche Woche um Woche zurück, um sich auf die Saison vorzubereiten – bei Schnee auf Skiern und im Sommer auf den Trails. Unter anderem brachte er den 6 km langen Auf- und Abstieg von der Kesselberghöhe zum Jochberg mit rund 700 Höhenmeter in 48 Minuten hinter sich. Laut der Tracking-App Strava die zweitschnellste Zeit, die jemals gelaufen wurde.

Die Strecke führte durch die frühlingshaften Wälder am Gardasee.
Die Strecke führte durch die frühlingshaften Wälder am Gardasee. © Privat

Selbstbewusst, motiviert und vielleicht etwas zu aufgeregt stand Höche mit vielen anderen maskentragenden Läufern an der Startlinie in Pieve di Ledro, als auf Italienisch der Countdown durch die Lautsprecher zu hören war. Trotz leicht welligen Geländes wurden die ersten beiden Kilometer in unter sieben Minuten zurückgelegt, bevor eine erste Steigung das Feld zersprengte. Anders als beim Straßenlauf gibt es beim Traillauf gewöhnlich deutlich weniger häufig eine Gruppenbildung. Zu unterschiedlich sind die Stärken der Läufer bei verschieden steilen Steigungen und technisch anspruchsvollem Terrain.

Zunächst fand sich Höche in den Top zehn wieder, während die Steigung mittlerweile so steil war, dass sich die Läufer entweder mit ultraleichten Wanderstöcken oder mit den Händen auf die Oberschenkel gestützt Schritt für Schritt dem höchsten Punkt der Strecke, knapp 1.700 Meter über dem Gardasee, entgegen kämpften. Kühler Nebel bot mystische Stimmung und gleichzeitig eine angenehme Kühlung. Die neu trainierte Stärke, das Bergablaufen auf technisch anspruchsvollen Trails, nutzte Höche, um sich in die Top fünf vorzuarbeiten.

Sturz zum Glück ohne Folgen

Da die Läufer eines anderen Laufs diesen Abschnitt größtenteils bereits passiert hatten, wurde es auf dem durch die starken Regenfälle der vergangenen Tage aufgeweichten Boden zu einer reinen Rutschpartie. Höche stürzte bei einem heiklen Überholmanöver, blieb aber zu Glück unverletzt. „Langsam kristallisierte sich heraus, dass es vor allem der Kampf um den dritten Platz war, auf den ich mich konzentrieren sollte. Kopf an Kopf hatte ich bereits viele Kilometer mit einem italienischen Läufer absolviert. Mal gewann er ein paar Meter Vorsprung, dann ich. Aus den Augen verloren wir uns nie.“ Nach rund zwei Stunden auf der Strecke war noch nichts entschieden.

Völlig ausgepumpt, aber glücklich über Platz drei: Marcel Höche im Ziel.
Völlig ausgepumpt, aber glücklich über Platz drei: Marcel Höche im Ziel. © Privat

Welliges Gelände, gespickt mit zwei weiteren steilen, aber weniger langen Anstiegen, kostete viel Kraft. Auch die noch ungewohnte Hitze sorgte bei Höche für Probleme. Auf einer der letzten schwierigen Bergabpassagen schwanden kurzzeitig seine Kräfte und er verlor seinen Konkurrenten zum ersten Mal seit knapp drei Stunden aus den Augen. Mit dem vierten Platz wollte er sich aber nicht abfinden, schließlich ging es auch um ITRA-Punkte. Diese vergleichen jeden Läufer von 0 bis 1.000 Punkte. Höches peilt seit langem 800 Punkte an, dies würde ihn einen Schritt näher bringen, sich für die Berglauf-Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Also zählte jede Sekunde und der Lauterberger holte alles aus sich heraus.

Der Dritte erscheint im Sichtfeld

Wenige Minuten vor dem Ziel passierte das für unmöglich Gehaltene: Der Drittplatzierte erschien erneut im Sichtfeld. Doch viel Zeit blieb nicht mehr. Glücklicherweise gab es noch zwei kurze, steile Gegenanstiege. Mit jedem Schritt kam das Podium ein bisschen näher. Beim letzten Schritt der letzten Bergaufpassage zog Höche gleich und konnte den Vorsprung anschließend in den nun folgenden verwinkelten, steilen und engen Gässchen des Dorfes Arco leicht ausbauen.

Nach der letzten Kurve bildete eine Palmenallee eine schier unendliche Zielgerade, der frisch Überholte war direkt im Schlepptau. Der Lauterberger mobilisierte die letzten Kräfte und ließ sich seinen hart erkämpften Podiumsplatz nicht mehr nehmen. Nach 3:43 Stunden erreichte er, mit gerade einmal neun Sekunden Vorsprung, als Dritter das Ziel. „Wenn man sich monatelang fokussiert vorbereitet, will man nichts geschenkt bekommen. Einen schöneren Zieleinlauf kann man sich fast nicht vorstellen“, berichtet Höche im Nachhinein, auch wenn sein Gesichtsausdruck unmittelbar nach dem Zieleinlauf eine andere Geschichte erzählte. Ob das Ergebnis auch für die erhofften 800 ITRA-Punkte reicht, wird aber sich in den kommenden Tagen herausstellen.