Bad Lauterberg. Staatsanwaltschaft wirft dem 70 Jahre alten Angeklagten und der 68-jährigen Ehefrau aus Bad Lauterberg vor, in 64 Fällen Steuern hinterzogen zu haben.

Wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe muss sich seit Mittwoch ein Ehepaar aus Bad Lauterberg vor dem Landgericht Göttingen verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 70 Jahre alten Angeklagten und seiner 68-jährigen Ehefrau vor, zwischen 2008 und 2014 in insgesamt 64 Fällen durch unrichtige und unvollständige Angaben gegenüber dem Finanzamt in Herzberg Einkommens-, Umsatz- und Körperschaftssteuern in Höhe von mehr als 1,1 Millionen Euro hinterzogen zu haben.

Der 70-jährige Unternehmer soll außerdem in weiteren elf Fällen fingierte Rechnungen von Geschäftspartnern erstellt und die entsprechenden Beträge unrechtmäßig als Betriebsausgaben geltend gemacht haben. Er ist deshalb auch wegen Urkundenfälschung angeklagt.

Der Angeklagte war Geschäftsführer einer GmbH, die in der Baubranche tätig ist. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, verdeckte Gewinnausschüttungen und betriebliche Umsätze nicht vollständig angegeben zu haben. Außerdem soll er einen Teil der Löhne „schwarz“ ausgezahlt haben. Insgesamt seien dadurch Steuern in Höhe von 705.000 Euro hinterzogen worden.

Seine Ehefrau, die offiziell als Inhaberin eines Einzelunternehmens fungierte, habe durch unrichtige Angaben zu Einkünften und Umsätzen insgesamt Steuern in Höhe von 420.000 Euro verkürzt. Im Vorfeld des Prozesses hatten die Beteiligten bei einem Rechtsgespräch Möglichkeiten einer Verständigung erörtert.

Verständigungsvorschlag wurde allseits akzeptiert

Der Vorsitzende Richter unterbreitete nach eingehender Beratung der Kammer einen Verständigungsvorschlag, der allseits akzeptiert wurde. Demnach hätten beide Angeklagte im Fall eines umfassenden Geständnisses, das auch Angaben zu den persönlichen Vermögensverhältnissen umfassen müsste, Aussicht auf eine Bewährungsstrafe.

Der 70-Jährige müsste mit einer Freiheitsstrafe zwischen 20 und 24 Monaten rechnen, die dann zur Bewährung ausgesetzt würde, bei seiner Ehefrau läge der Strafrahmen zwischen 16 und 20 Monaten. Außerdem müssten beide mit der Einziehung des Wertersatzes sowie einer Geldauflage rechnen.

Angeklagter zeigte sich zu Beginn des Prozesses schuldbewusst

Der 70-jährige Angeklagte zeigte sich zu Beginn des Prozesses schuldbewusst. „Ich stehe zu allem. Das war mein größter Fehler im Leben“, sagte er. Seinen Angaben zufolge hatte er die gefälschten Rechnungen erstellt, um auf Umwegen seinen Mitarbeitern höhere Löhne zukommen zu lassen.

Das Geld, mit dem die GmbH die vermeintlichen Rechnungen beglich, floss nicht auf die Konten der dort angegebenen Geschäftspartner, sondern auf ein privates Konto. Von diesem Konto habe er „Schwarzlöhne“ an seine Mitarbeiter gezahlt, sagte der Firmenchef.

Auf diese Weise habe er dafür gesorgt, dass seine Mitarbeiter, wenn in den Wintermonaten in seinem Betrieb Kurzarbeit war, trotzdem den vollen Lohn erhielten. Damit habe er verhindern wollen, dass sie wegen der Lohneinbußen in Zeiten der Kurzarbeit zu einen anderen Firma wechselten. „Ich wollte die Mitarbeiter halten“, sagte der Angeklagte.

Mitarbeitern ihre geleisteten Überstunden in bar ausgezahlt

Außerdem habe er auf das Privatkonto umgeleitetes Geld dafür verwendet, um Mitarbeitern ihre geleisteten Überstunden in bar auszuzahlen. Die betreffenden Mitarbeiter, die für die unter der Hand gezahlten Beträge keine Lohnsteuer entrichtet hatten, bekamen infolge der Ermittlungen ebenfalls Ärger mit dem Finanzamt. Sie hätten zwischenzeitlich die entsprechenden Nachzahlungen geleistet, hieß es in der Verhandlung.

Das Gericht hat für diesen Prozess insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt.