Bad Grund. Erstmals seit Corona tritt der Musiker Daniel Schulz in Bad Grund auf. Ein Gespräch über Heimat, Krankheit und die Konkurrenz zu Rammstein.

Das gab es seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr: ein Heimspiel von Daniel Schulz. Und nein, der Fußballfan schnürt keine Schuhe um zu kicken, im Fuchsbau in Bad Grund lädt der bekannte Sänger zu einem besonderen Konzert am 16. Juli ab 19 Uhr ein. Besonders ist dies aus vielen Gründen – allen voran eben aufgrund der Tatsache, dass der aus Bad Grund stammende Profimusiker erstmals seitdem Covid-19 die Welt seit dem Jahr 2020 in seinen Fängen hält, wieder in seiner Harzer Heimatstadt auftreten kann.

Ein bisschen wie Familientreffen

„Das ist ein bisschen wie Klassen- und Familientreffen zusammen“, erklärt Schulz, der gleichermaßen für seine Erfolge mit der Gothic-Band Unzucht berühmt ist, wie auch für seine Soloarbeiten als „Der Schulz“. Und als dieser wird er im Fuchsbau auftreten, unterstützt von Bernie Bernhagen an der Gitarre und Andie Linkert auf dem Cajon. „Ich freu mich so darauf endlich wieder einmal in meiner Harzer Heimat auftreten zu können“, betont der Sänger ausdrücklich – auch, da das Konzert auf der eigens für den Abend aufgebauten kleinen Open-Air-Bühne auf der Terrasse der Einrichtung wieder viele Freunde und Bekannte anziehen wird.

„Die Stimmung hier ist stets etwas Besonderes. Man kennt sich, feiert und trinkt miteinander, dass ist einfach schön. Es ist ohnehin das schönste Gefühl der Welt nach wie vor für mich auf der Bühne zu stehen – und erst recht, wenn es in meiner Heimat ist.“

Auftritt bei Rock Harz

Den besten Beweis hierfür lieferte er im großen Rahmen beim Rock-Harz-Festival am Wochenende. Eigentlich war dort ein Auftritt von „Unzucht“ geplant, kurz vorher erwischte es aber den Drummer mit Corona. Kurzfristig kam dann die Idee, nur als „Der Schulz“ zu spielen. „Und das war ein wirklich guter Entschluss, auch wenn ich mit Bernie und Andie, die anreisen mussten, erst kurz vor Beginn auf der Bühne stand.“

Doch das was er dort erlebte, bewegt den Bad Grundner, der heute bei Hannover lebt, immer noch. „Es war einfach grandios, erst recht das Ende.“ Da spielte das Trio dann „Nein, meine Söhne geb’ ich nicht“, ein Antikriegslied von Reinhard Mey, dass dieser vor knapp 35 Jahren aufgenommen hatte – und im vergangenen Jahr unter anderem mit Daniel Schulz neu aufnahm. Der Song entwickelte sich gerade auf Youtube zu einem regelrechten Phänomen – und auch in Ballenstedt verfehlte der Song seine Wirkung nicht. „Wenn so viele Metal-Fans mit Tränen in den Augen vor Dir stehen, das lässt niemanden kalt.“

Unzucht tritt in Göttingen auf

Auf ähnliche Gänsehautmomente hofft Daniel Schulz auch bei seinem Heimspiel in Bad Grund am Wochenende. Und vor allem, dass nicht wieder das Coronavirus ihm einen Strich durch die Rechnung macht. Ausgerechnet beim Wave-Gothic-Treffen in Leipzig Anfang Juni erwischte es den Sänger. Erneut wohlgemerkt. „Ich hatte gerade erst eine Infektion überstanden, war eine Woche symptomfrei und dann das. „Ich war heiser, das Asthma kam durch, lag flach.“

Er drückt nun alle Daumen, dass nichts passiert. Denn vor dem Gig in der Heimat steht noch am 14. Juli ein ausverkauftes Konzert mit der „Unzucht“ in Göttingen. Sechsmal habe man das Konzert bislang verlegen müssen, aufgrund der Auflagen bzw. Auswirkungen der Corona-Pandemie.

„Branche im Stich gelassen“

Und spricht man den Musiker darauf an, hat sich an seiner Einschätzung vom Anfang der Pandemie nichts verändert. „Unsere Branche wird nach wie vor im Stich gelassen“, fasst er seine Eindrücke zusammen. Aber nicht nur, dass die Auflagen oftmals ein Auftreten unmöglich machten – aktuell sei die Lage schwieriger denn je.

„Als Musiker bist du gerade in direkter Konkurrenz mit Größen wie den Ärzten, Rammstein, mit großen Festivals. Denn all diese Veranstaltungen, für die die Menschen oftmals schon eine Karte hatten, werden jetzt nachgeholt.“ Neue Veranstaltungen anzubieten sei somit noch einmal deutlich schwerer geworden. „Du bist in einem irren Wettkampf mit der Freiheit der Leute, aber auch damit, dass in schwierigen Zeiten mit Krieg und Inflation die Menschen ihr Geld bedächtiger ausgeben, was ich absolut nachvollziehen kann.“

Vor Publikum zu spielen sei die beste Belohnung für einen Künstler, erzählt Daniel Schulz (links), hier beim Rock Harz in Ballenstedt.
Vor Publikum zu spielen sei die beste Belohnung für einen Künstler, erzählt Daniel Schulz (links), hier beim Rock Harz in Ballenstedt. © Uwe Müller

Aber nicht nur das: Aufgrund der schwierigen Lage in der Branche gebe es auch hier einen Wettkampf um das Personal, das noch geblieben ist. „Wir Künstler an sich haben unsere Passion nicht aufgegeben.“ Aber viele Menschen, die im Hintergrund arbeiten, hätten sich neue Jobs suchen müssen. „Unser Tontechniker bei der Unzucht hat jetzt einen festen Job bei einem Theater – und ich glaube nicht, dass er bei den Arbeitszeiten und Verdienstmöglichkeiten wiederkommt.“

Musik hilft in schweren Zeiten

Doch gerade jetzt zähle jedes Konzert. „Es ist erwiesen, dass Musik Menschen gerade in schweren Zeiten helfen kann.“ Insofern ist ein Konzert eine gewisse Auszeit vom Alltag – auch für die Protagonisten selbst. „Arbeit ist alles was du machts, ehe du auf die Bühne gehst. Fängt das Konzert an ist es da, dieses eine, geilste Gefühl der Welt. Ich wie meine Kollegen:innen auch, wir leben für die Auftritte. Erst recht, wenn ich sie wie am Wochenende in der Heimat spielen darf.“

Auch ihm selbst habe die Musik und seine Passion für diese in schweren Zeiten geholfen. „Gerade der Lockdown light im Herbst 2020 hat mich hart getroffen. Es war klar, dass ein heftiger Lockdown besser gewesen wäre, dann kam aber dieses Unentschlossene, was uns aber Auftritt um Auftritt gekostet hat.“

22 Auftritte 2021 als Der Schulz

Damals sei er sehr frustriert gewesen, habe eine Zeit auch niemanden sehen wollen. „Aber das Feuer für die Musik, meine Leidenschaft auf der Bühne stehen zu wollen, also das stand nie zur Frage. Ich liebe es nach wie vor – und die Musik hat auch mir selbst damals geholfen.“

Gerade die vermeintlich kleineren Auftritte, wie es eben auch der im Fuchsbau am 16. Juli ist, hätten für Einnahmen gesorgt, wie auch den Kontakt zum Publikum an sich. „Ich habe als Der Schulz letztes Jahr 22 Auftritte gehabt, in zum Teil sehr kleinen Locations und es war einfach super.“

Denn zu Performen vor dem Publikum sei nach wie vor die Belohnung für einen Künstler überhaupt. Und mit einem Ort wie in Bad Grund habe man eine Größe, die gleichermaßen für familiäre Atmosphäre sorge. „Da das Konzert aber gleichzeitig Open Air ist, muss man auch wenig Sorgen wegen dem Coronavirus haben.“

Bereits jetzt freut sich Daniel Schulz aber noch auf ein anderes Konzert im Herbst diesen Jahres. Am 10. September spielt er mit der „Unzucht“ im Capitol in Hannover. „Das Konzert findet anlässlich unseres zehnjährigen Bandjubiläums statt, auch wenn es eigentlich 13 Jahre jetzt schon sind. Doch aufgrund von Corona ging es nicht eher“, erklärt der Sänger lachend. Neben Schulz und seiner Band spielen noch „End of Green“ und ein besonderer Special Guest. Karten sind an den bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

Karten für das Konzert am 16. Juli sind noch im Vorverkauf unter 0176-74720251 oder per E-Mail an
sowie im Fuchsbau selbst erhältlich. Aber auch eine Abendkasse wird es geben.