Braunschweig. Das traditionsreiche Haus für die freie Szene schließt sofort. Nach der Insolvenz des Dachbetriebs FSB kam keine Extrahilfe von Förderern.

Das Braunschweiger LOT-Theater in der Kaffeetwete, die zentrale Spielstätte für die freie Theaterszene der Stadt und der Region, ist nach fast 30 Jahren Geschichte. Auch der neue, schicke Ableger des LOT im Quartier St. Leonhard muss nur ein knappes Jahr nach seiner Eröffnung wieder schließen. Und zwar sofort. Das geht aus einer Mitteilung des vorläufigen Insolvenzverwalters Dr. Franc Zimmermann von Freitagmittag hervor.

„Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass die Freie Spielstätten Braunschweig gGmbH, die Dachgesellschaft des LOT-Theaters e.V. und des Theaterpädagogischen Zentrums e.V., sofort den gesamten Geschäftsbetrieb einstellen muss“, heißt es auch in einer Mail, die die kommissarische Geschäftsführerin Andrea Naumann am Donnerstag an Geschäftspartner, Veranstalter und Künstler versandte. „Parallel zur Stilllegung mussten wir auch allen Mitarbeitenden der FSB gGmbH kündigen.“ Alle bisher noch geplanten Aufführungen im Stammhaus und in der neuen „Bühne im Quartier“ müssten abgesagt werden.

Wirkt sich die Insolvenz auf das Festival Theaterformen aus?

Das ist traurig für alle Beteiligten und auch deshalb brisant, weil noch Freitagvormittag Anna Mülter, Leiterin des internationalen Festivals Theaterformen, einige Aufführungen für die 25. Festivalausgabe vom 13. bis 23. Juni im LOT-Theater angekündigt hat. Der vorläufige Insolvenzverwalter Zimmermann zeigte sich auf Nachfrage unserer Zeitung skeptisch, ob das gelingen kann. Auch eine Direktvermietung der Spielstätte an das Festival scheide seines Erachtens aus, „da die notwendigen personellen Ressourcen, die durch FSB oder LOT bereitgestellt werden müssten, nicht mehr vorhanden sind“. Dr. Stefan Malorny, Leiter des städtischen Kulturinstituts, sagte in einer ersten Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung, man gebe sich alle Mühe, an einer Lösung zu arbeiten.

Die Freie Spielstätten Braunschweig gGmbH (FSB) hatte im Februar Insolvenz angemeldet (wir berichteten). Gemeinsam mit der kommissarischen Geschäftsführung um Andrea Naumann und Ingo Latermann hatte der vorläufige Insolvenzverwalter Zimmermann sich dafür eingesetzt, den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten und ein Sanierungskonzept zu erarbeiten. Dieses sei den Förderern bereits Ende Februar, Anfang März vorgestellt und im Rahmen von zahlreichen Einzelgesprächen näher gebracht worden, heißt es in Naumanns Mail. „Leider haben wir von unseren bisherigen Förderern bis heute keine positive Rückmeldung für eine – übergangsweise – weitere Finanzierung des Geschäftsbetriebs zum Zwecke der finalen Umsetzung des Sanierungs-/Restrukturierungsvorhabens erhalten.“

Freie Spielstätten Braunschweig – das sind die Gründe für die Insolvenz

Als Konsequenz musste der Spielbetrieb nun komplett eingestellt und allen Mitarbeitenden gekündigt werden. „Als vorläufiger Insolvenzverwalter konnte ich das weitere Auflaufen von Verbindlichkeiten nicht zulassen, da entsprechende ,Einnahmen‘ in den vergangenen acht Wochen nicht verzeichnet werden konnten“, erklärt Zimmermann. Eine Weiterführung des Geschäftsbetriebs hätte aber weitere Kosten verursacht. Das sei aus insolvenzrechtlichen Gründen keine Option, die unmittelbare Betriebsstillegung alternativlos.

Das Aus für das traditionsreiche LOT-Theater mit Stammhaus in der Braunschweiger Innenstadt hängt unmittelbar mit einer starken Erweiterung der Räumlichkeiten und Aktivitäten zusammen, für die sich die damalige Leitung der Dachorganisation FSB um 2020 entschieden hatte. Im neuen Stadtquartier St. Leonhard nahe des Hauptbahnhofs wurden 1200 Quadratmeter Fläche für Büro-, Proberäume, Gastronomie und eine weitere Bühne angemietet und auch mit Mitteln aus dem Corona-Programm Neustart Kultur ausgebaut. Um die vielen neuen Aufgaben zu stemmen, wurden neue Mitarbeitende eingestellt. Dem standen zu wenige Einnahmen gegenüber. Den Großteil ihrer Einnahmen bezogen FSB und LOT aus öffentlichen Fördermitteln.