Vechelde. Die meisten befragten Zugreisenden sehen die Lokführergewerkschaft mit Chef Claus Weselsky in der Pflicht, kompromissbereiter zu sein.

Sie fährt wieder – die Bahn. Eine Erleichterung ist spürbar am Vechelder Bahnhof, wobei Zugreisende feststellen: Den Regionalverkehr auf der viel befahrenen Strecke zwischen Braunschweig und Hannover – mit dem Stopp in der Ostkreiskommune – übernimmt das Privatunternehmen Westfalenbahn, und bei der streikten die Lokführer nicht. Sondern die bei der Deutschen Bahn, was sich auf den Güterverkehr und die Personenbeförderung im Fernverkehr (ICE) ausgewirkt hat. Trotzdem: Die meisten der befragten Passanten am Vechelder Bahnhof sind auf die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky nicht gut zu sprechen, die mit ihren wiederholten Streiks vieles lahmlegt.

Der Vechelder Egon Korte mit seiner Hundedame Luna. 
Der Vechelder Egon Korte mit seiner Hundedame Luna.  © FMN | Harald Meyer

Mit seiner Hundedame Luna ist der Rentner Egon Korte auf dem Weg nach Bad Oeynhausen (Nordrhein-Westfalen), als er sich zum Bahnstreik äußert. Eigentlich seien solche Arbeitskämpfe „normal“, und es sei „okay“, dass „jeder mehr verdienen möchte“. Doch die Gewerkschaft mache mit ihren (vielen) Streiks den „Laden“ – die Bahn – kaputt: „Sie müssten Weselsky absetzen – der gehört nicht auf diesen Posten“, wird der 84 Jahre alte Vechelder energisch. Fehlende Kompromissbereitschaft bei der GDL und der Wunsch nach einer Einigung in dem Tarifkonflikt: Diese Stichworte sind bei dieser (nicht repräsentativen) Umfrage in Vechelde zu hören. Reaktionen, die in den bundesweiten Trend passen könnten: Das Verständnis für Bahnstreiks schwindet.

Bahnstreiks – „null Verständnis, null“

Beate Winter – jahrelang hat sie in Vechelde gewohnt und ist dann nach Thüringen gezogen – setzt am Bahnhof einen drauf: „Null Verständnis“ habe sie für die GDL-Streiks: „Null.“ Die Gewerkschaft fordere und fordere, dabei „wissen diese Leute gar nicht, wie wenig andere Leute bekommen – Mindestlohn bei 40-Wochenarbeitsstunden.“ Zentrale Forderung der GDL ist die Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei vollem Lohn, und zwar von 38 auf 35 Stunden: Das führe zu mehr Ruhetagen und sei notwendig, um den Beruf des Lokführers attraktiver zu machen und mehr Personal zu gewinnen. Von einer „bodenlosen Frechheit“ spricht jedoch Beate Winter. Grund ist, dass die GDL nicht über den Vorschlag der Moderatoren (schrittweise Einführung der 36-Stunden-Woche) verhandeln will, ihn ablehnt und weitere Streiks vornimmt beziehungsweise ankündigt. Um nur „eine Stunde“ gehe es, das sei Wahnsinn, da könne man einen „Hals“ bekommen. Zur Westfalenbahn, deren Beschäftigte sich nicht an den GDL-Streiks beteiligen, erklärt sie: „Die Mitarbeiter dort sind freundlich und zufrieden, soweit ich das sehen kann.“

Zu Besuch in Vechelde: Antje Arndt aus Hamburg.
Zu Besuch in Vechelde: Antje Arndt aus Hamburg. © FMN | Harald Meyer

Antje Arndt war zu Besuch in der Ostkreisgemeinde – wir sprechen sie am Vechelder Bahnhof vor der Abfahrt in ihre Heimatstadt Hamburg an. „Glück gehabt“, sagt – streng genommen doppeltes Glück: Nach Hannover kommt sie mit der Westfalenbahn, nach Hamburg fährt der ICE, weil der GDL-Streik (erstmal) vorbei ist. Die Bahn sei der Gewerkschaft entgegengekommen, schätzt sie die Lage ein. Die Hamburgerin wünscht sich eine schnelle Einigung – also Kompromissbereitschaft – und dass die Tarifverträge für länger als ein Jahr abgeschlossen werden: Kürzere Laufzeiten sind aber naturgemäß eine ureigene Forderung der Gewerkschaften. Weselsky bewege sich in den Tarifverhandlungen nicht genug, er sei „stur“, sagt sie noch.

Bahnstreik – „kreative Lösungen gefragt“

Ähnlich äußert sich Dorothea Krabiell aus Vechelde: Die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft müssten endlich verhandeln und Kompromisse finden, weitere Streiks seien zu verhindern. Und: Die GDL müsse „sich mehr bewegen“. Die Vechelderin plädiert für „kreative Lösungen“, wobei sie feststellt: „Wenn ich weniger arbeiten will, bekomme ich auch weniger Geld – das ist in jedem Job so.“

Diplomatischer formuliert es Dietmar Krause aus Wedtlenstedt,der am Bahnhof seine Familie in den Urlaub verabschiedet: In der Tarifauseinandersetzung hätten sie „überzogen“, aber „Schuld daran sind beide Seiten“: „Beide müssen sich aufeinander zu bewegen.“ Währenddessen ist die Familie mit der Bahn unterwegs, will später ins Flugzeug umsteigen: Doch auf Flughäfen sind ebenfalls Streiks angekündigt – diesmal allerdings von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

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