Braunschweig. Betroffen ist ein früherer Institutsleiter des Julius-Kühn-Instituts in Braunschweig. So fand der Fall ein gütliches Ende.

In den vergangenen Monaten seien Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber bei der Postbank, die zur Deutschen Bank gehört, um viel Geld betrogen worden – auch in unserer Region. Mehrere Hunderttausend Euro sollen von den Inhabern unautorisiert auf ausländische Konten überwiesen worden sein. Das behauptet Professor Ewald Schnug, ehemaliger Leiter des Braunschweiger Instituts für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius-Kühn-Instituts – vormals FAL. Er selbst sei einer der Betrogenen. Schnug stellt einen ungeheuerlichen Vorwurf in den Raum: „Das Problem sitzt in der Bank“ – davon ist er überzeugt. „Wer knackt einen Tresor am besten? Der, der ihn gebaut hat“, bringt der Professor als Vergleich an.

10.000 Euro des Braunschweiger Professors landen auf einem Konto im Ausland

Ihm wurden am 26. Dezember 2022 gegen 22 Uhr ohne sein Wissen knapp 10.000 Euro von seinem Konto bei der Postbank nach Ermittlungen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft zunächst auf ein irisches Konto überwiesen und von dort in unbekannte Richtung auf ein Bitcoin-Konto. Ein Betrugsfall, der einen für den Professor glimpflichen Ausgang nehmen soll.

„Meine Überweisungsschwelle lag damals bei 2000 Euro. Die Betrüger haben sie vor ihrer Überweisung auf 10.000 Euro hochgesetzt, ohne dass ich von der Postbank darauf hingewiesen wurde“, berichtet Schnug. Das sei bei der Postbank zu dem Zeitpunkt noch gegangen. Beim Mutterkonzern der Postbank, der Deutschen Bank, ist das nicht möglich – hier greifen Sicherheitsmechanismen. Man wird kontaktiert, wenn Überweisungsschwellen verändert werden oder größere Summen überwiesen werden sollen.

Dem ehemaligen Leiter des Braunschweiger Instituts für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius-Kühn-Instituts – vormals FAL – Ewald Schnug wurden knapp 10.000 Euro abgehoben.
Dem ehemaligen Leiter des Braunschweiger Instituts für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius-Kühn-Instituts – vormals FAL – Ewald Schnug wurden knapp 10.000 Euro abgehoben. © Privat

Schnug ist Agrarwissenschaftler mit Schwerpunkten in Pflanzenernährung und Bodenkunde. Er hat sich mit weiteren Betroffenen in Deutschland vernetzt. Regelmäßig tauschen sich die rund 90 Betroffenen in einer Whatsapp-Gruppe aus. „Bei einer Person sind 150.000 Euro von ihrem Postbank-Konten verschwunden. Jemand hatte sich in die Depotkonten reingehackt“, erzählt Schnug. Nach einem Fernsehbeitrag hätten sich zahlreiche ähnlich betroffene Postbankkunden bei ihm gemeldet.

Güteverhandlung vor dem Landgericht Braunschweig gescheitert

Schnug hat im Dezember 2022 Strafanzeige gestellt. Nach einem Jahr kam es Ende Januar zu einer Güteverhandlung mit seiner ehemaligen Hausbank vor dem Landgericht in Braunschweig. „Die Postbank bot mir erst 50, in der Güteverhandlung dann 80, und dann 90 Prozent der verschwundenen Summe an. Das wollte ich aber nicht. Ich wollte die gesamte Summe zurückhaben“, sagt Schnug. „Das ist doch ein Skandal, dass das Sicherheitssystem einer Bank einfach so überwindbar war“, zeigt sich Schnug empört über die Postbank. Das sei grob fahrlässig von der Bank.

Die Postbank wiederum unterstellte Schnug grobe Fahrlässigkeit – er selbst soll die Überweisung angewiesen haben. „Ich habe aber keine 10.000 Euro von meinem Konto nach Irland überwiesen“, sagt Schnug mit Vehemenz. Darum lehnte er jeden Vergleich ab. Die Postbank wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Aktuelle Betrugsmethoden stellt die Bank auf ihrer Webseite vor: https://www.postbank.de/privatkunden/services/sicherheit/aktuelle-hinweise.html

Verbraucherzentrale Niedersachsen gibt Tipps

Philipp Rehberg, Referent für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen, sagt: „Von einem signifikanten Beschwerdeaufkommen habe ich keine Kenntnis“. Die Verbraucherzentrale hätte zwar massenhaft Beschwerden zur Postbank erhalten, aber nur eine zu einer nicht autorisierten Kontoabbuchung. Gemeint ist „Phishing“. Mit Hilfe gefälschter E-Mails oder Webseiten versuchen Betrüger, persönliche Daten wie Passwort, Kreditkartennummer oder TANs von Opfern zu erbeuten.

„Eine Bank kann ein noch so sicheres Sicherheitsverfahren haben – Kunden können von Betrügern leider immer überlistet werden“, ist sich der Finanzexperte sicher. Betrüger würden Webseiten von Banken nachbauen oder ihre Opfer anrufen.

Ein Tipp von ihm: „Nie jemandem schriftlich oder mündlich seine TANs verraten.“ Eine Bank würde auch nie proaktiv auf ihre Kundschaft zukommen und nach Sicherheitsmerkmalen fragen, beispielsweise um Kundendaten zu bestätigen oder eine angebliche Kontosperrung wegen Geldwäscheverdachts zu verhindern. Der Finanzexperte weiter: „Seien Sie skeptisch gegenüber jeglichen ungewöhnlichen Vorgängen im Zusammenhang mit Ihrem Girokonto. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie es mit Ihrer Bank oder mit betrügerischen Dritten zu tun haben, sollten Sie immer erst direkt über die bereits bekannten Kanäle bei dem Institut nachfragen.“

Als sehr sicher stuft er das Chip-TAN-Verfahren mit einem eigenen TAN-Generator und integriertem Kartenlesegerät ein – sicherer als das SMS-TAN-Verfahren. Als besonders sicher gelte auch die biometrische Erkennung, Foto- und sonstige App-TAN-Verfahren. Generell gilt: Bei merkwürdigen Kontobewegungen, sofort die Bank kontaktieren, das Konto sperren und eine Anzeige bei der Polizei erstatten.

Wende im Fall: Bank kommt für den Schaden doch auf

Ewald Schnug wollte weiter gegen den Mutterkonzern der Postbank, die Deutsche Bank, klagen und richtete sich auf ein mehrjähriges Verfahren ein. Inzwischen hatte er all seine Konten bei der Deutschen Bank aufgelöst. Eigentlich hätte die Hauptverhandlung am vergangenen Mittwoch vor dem Landgericht Braunschweig beginnen sollen. Doch es kam anders: Ewald Schnugs Klage gegen die Deutsche Bank hat, noch während dieser Artikel geschrieben wurde, ein für ihn gutes Ende genommen. Von seinen Anwälten erhielt er die Nachricht, dass die Bank für die verschwundene Summe in Höhe von knapp 10.000 Euro sowie Zinsen, Anwalts- und Reisekosten aufkommen werde.

Rechtliches: Schadensersatz bei Betrugsfall?

Rechtsanwalt Jasper Prigge führt eine Kanzlei für IT-Recht. Er ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und sagt, dass es sich bei den allermeisten Betrugsfällen um Phishing-Fälle handelt, ganz selten nur um eingesetzte Schadsoftware. Er betont: „Einfach so verschwindet das Geld nicht von einem Konto“.

Muss die Postbank den Schaden bei Betrug ersetzen?
Banken dürfen nur autorisierte Überweisungen ausführen. Wenn der Bankkunde eine Überweisung nicht freigegeben habe, müsse die Bank das Konto unverzüglich wieder auf den Stand bringen, den es ohne den unautorisierten Vorgang gehabt hätte. Kommt die Bank ihrer Verpflichtung nicht nach, gerät sie laut Prigge in Verzug. Das bedeutet, dass sie die Schäden zu ersetzen hat, die durch die verspätete Erstattung des Zahlungsbetrags eingetreten sind, wie Rücklastschriften oder Mahngebühren.

Wann kann die Bank eine Erstattung verweigern?
Die Erstattungspflicht der Bank sei ausgeschlossen, wenn dem Kunden ein betrügerisches Handeln oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Die Betroffenen blieben dann auf ihrem Schaden sitzen. Die Postbank müsse nachweisen, dass im Fall von Phishing eine grobe Fahrlässigkeit vorliege. Denn die Bank habe die Möglichkeiten, die technischen Hintergründe des Betrugs aufzuklären. Wenn die Bank meint, nicht zahlen zu müssen, wird sie dies in einem Gerichtsverfahren beweisen müssen. Grobe Fahrlässigkeit liegt laut Prigge dann vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt wurde. Nicht jeder Fehler eines Bankkunden darf also abgelehnt werden.