Braunschweig. Bei ihrer Wiederwahl sind zwei Professorinnen durchgefallen. Beobachter wittern versteckte Kritik am Kurs der Hochschulleitung.

Ist die Abwahl von zwei Vizepräsidentinnen der TU Braunschweig ein ganz normaler demokratischer Vorgang? Oder steckt doch mehr dahinter – eine versteckte Kritik am Präsidium, das die TU vorbereiten will, sich zu einer Stiftungsuniversität zu wandeln? Fakt ist: Am 14. Februar stellten sich fünf nebenberufliche Vizepräsidentinnen und -präsidenten dem Senat der Hochschule zur Wiederwahl. Die Professorinnen Katja Koch und Tatjana Schneider fielen in der geheimen Wahl durch.

Sie sind neben Präsidentin Angela Ittel, die ihr Amt in Braunschweig im September 2021 antrat, die einzigen Frauen im TU-Präsidium. TU-Insider beschreiben die Abwahl durch den Senat als „völlig überraschend“, sprechen von einem „nachdenklich machenden“ Vorgang und einem „wenig vertrauensvollen Verhältnis“ zwischen Präsidium und Senat. Zum Verständnis: Das Präsidium fungiert an der Hochschule im übertragenen Sinn als Regierung, der Senat als Parlament.

Senat der TU Braunschweig wählt vermutlich im April oder Mai neu

Koch und Schneider scheiden Ende März aus dem achtköpfigen Präsidium aus. Aufgabe von Präsidentin Ittel ist es nun, Nachfolgerinnen beziehungsweise Nachfolger zur Wahl vorzuschlagen. Die Wahl wird nach Angaben der TU voraussichtlich im April oder im Mai angesetzt. Die beiden Vizepräsidentinnen äußerten sich gegenüber unserer Zeitung nicht zu ihrem Wahlergebnis.

Bemerkenswert ist an der Abwahl, dass es mit Koch eine Professorin traf, die 2020 und 2021 die TU als Interimspräsidentin geleitet hat. Zuständig war sie im Präsidium für die Themen „Organisationsentwicklung und Lehrkräftebildung“. Ihre Abwahl wird von TU-Beobachtern als eine Art Betriebsunfall gewertet.

Die Wahlergebnisse der TU-Vizepräsidentinnen werden von Beobachtern unterschiedlich gewertet

So habe es bei ihrem Wahlvorgang zahlreiche Enthaltungen gegeben, die ihre Wiederwahl und damit ihre vierte Amtszeit als Vizepräsidentin verhindert hätten. Offenbar werde ihr Aufgabengebiet vom Senat der TU nicht zwingend im Zuständigkeitsbereich des Präsidiums gesehen, lautete eine von Beobachtern geäußerte Begründung.

Brisanter könnte hingegen die Abwahl Schneiders zu bewerten sein. Die Architektur-Professorin ist vielen Braunschweiger noch von der jüngsten Oberbürgermeisterwahl bekannt, als sie für die Grünen und Piraten antrat. Ihre Aufgabengebiete im Präsidium der TU lauten „Internationales und regionale Verankerung“.

TU Braunschweig scheiterte mit drittem Exzellenzprojekt

Vor allem die internationale Vernetzung ist ein wichtiger Faktor im Bestreben der TU, zur Exzellenzuni zu reifen. Anfang Februar war die TU allerdings mit einem Antrag zur Exzellenzförderung der Bau-Forschung gescheitert. Es hätte das dritte Exzellenzprojekt der TU neben energie-effizienter Luftfahrt und Quantentechnologien werden sollen.

Schneider trat ihr Amt im Präsidium erst vor zwei Jahren an. Seinerzeit war das Präsidium erweitert worden. Neben Schneider wurde auch der Batterieexperte Professor Arno Kwade in das erweiterte Präsidium gewählt und ist dort auch in der neuen Amtszeit für die Themen „Technologietransfer und Innovation“ zuständig.

Beobachter mutmaßen: Die Abwahl könnte ein Warnsignal für TU-Präsidentin Ittel sein

Der Wahl Schneiders soll in der hochschulöffentlichen Sitzung des Senats nach Angaben von Beobachtern eine lebhafte Diskussion vorausgegangen sein, anders als bei der ebenfalls durchgefallenen Koch. Weil Schneider erst unter Präsidentin Ittel ins Präsidium aufrückte, wird nun gemutmaßt, ob ihre Abwahl als Warnsignal Signal an die Präsidentin gewertet werden könne.

Ein möglicher Grund: Ittel könnte zu ungeduldig sein, die TU zu einer Stiftungsuniversität zu wandeln. „Möglicherweise ist der Gedanke der Stiftungsuniversität noch nicht so gereift, wie sich das die Präsidentin wünscht“, sagte ein Beobachter unserer Zeitung. Im Interview mit unserer Zeitung hatten Ittel und der hauptamtliche Vizepräsident Dietmar Smyrek erst vor kurzem erklärt, welche Vorteile sie mit der Umwandlung verbindet: kürzere und damit schnellere Entscheidungen sowie den leichteren Zugang zu externen Mitteln, etwa Zustiftungen.

Vor dem Präsidium der TU Braunschweig liegt noch viel Überzeugungsarbeit

Der Weg zur Stiftungsuniversität ist noch lang und staubig: Nicht nur TU-intern müssen Ittel und ihr Team viel Überzeugungsarbeit leisten, auch mit dem Land Niedersachsen muss verhandelt werden, damit es der Umwandlung zustimmt. Vor dem Präsidium liegt also noch ein riesiger Haufen Arbeit.

Da kommt die Abwahl von zwei Vizepräsidentinnen zur Unzeit. Nicht nur, weil es gilt, eine neue Wahl vorzubereiten, die vorbereitet werden muss. Zugleich muss sich ein neues Team zusammenfinden, dessen Aufgabe es ist, eine für die TU historische Entscheidung vorzubereiten.