Braunschweig. Die VW Financial Services setzen die Technik immer öfter ein. Dazu arbeiten sie mit der Universität Hildesheim zusammen.

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Nischenthema mehr. Gemeint ist die Fähigkeit von Computern, ähnlich wie Menschen zu entscheiden und Aufgaben eigenständig zu erledigen. Wie das Münchener Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung ermittelte, erwägt mehr als jedes dritte Unternehmen den Einsatz von KI, knapp zehn Prozent der befragten Unternehmen planen den Einsatz von KI, und rund 13 Prozent nutzen sie bereits. Zu diesen Anwendern gehören die in Braunschweig beheimateten VW Financial Services.

Eingesetzt wird die Technik von den Braunschweigern unter anderem im sogenannten Schaden- und Dienstleistungsmanagement. Dabei geht es um Werkstattanfragen und -abrechnungen. Die Technik sorgt dafür, dass nur Reparaturen zugelassen und bezahlt werden, die im Vorfeld vertraglich vereinbart wurden. Die Technik erkennt zudem ihre Grenzen und überstellt, wenn sie nicht weiter weiß, die Fälle an einen menschlichen Sachbearbeiter – allerdings mit einem Bearbeitungsvorschlag.

KI bearbeitet in Braunschweig viele tausend Fälle

Dass es sich dabei nicht um eine technikverliebte Spielerei handelt, zeigen folgenden Zahlen. So wurden nach Angaben des Unternehmens Ende vergangenen Jahres von der KI monatlich 15.000 Reparaturanfragen und 4000 Reparaturbelege an Sachbearbeiter weitergeleitet.

Vor allem aber wurden 18.000 Reparaturanfragen und 10.000 Reparaturbelege eigenständig bearbeitet beziehungsweise erstellt. Das Abarbeiten der Standardfälle durch KI soll Freiräume schaffen, in denen sich die Sachbearbeiterinnen und -bearbeiter um die Spezialfälle kümmern können.

Qualität der KI wird in Braunschweig überwacht

Die KI des VW-Finanzdienstleisters arbeitet in zwei Stufen. Zunächst entscheidet die Technik, ob sie eine Werkstattanfrage oder -rechnung bewilligt oder ablehnt. Sollte es zu einer Ablehnung kommen, entscheidet die Technik in einem zweiten Schritt, welche Standardablehnungsgründe sie den Händlern mitteilt. Das soll ihnen die Möglichkeit geben, ihre Angaben zu korrigieren.

Wie es vom Unternehmen weiter heißt, lernt die Technik zweigleisig: über die ursprüngliche Programmierung sowie aus den von ihr bearbeiteten Vorgängen. Allerdings wird die KI nicht gänzlich sich selbst überlassen. So wird die Qualität ihrer Entscheidungen überwacht.

VW Financial Services nutzen KI-Wissen der Uni Hildesheim

Ein zentraler Partner für den Einsatz von KI ist für den Finanzdienstleiter die Universität Hildesheim. Die gehört nach Angaben der Braunschweiger zu den führenden Adressen in Europa, wenn es um KI geht. Begonnen wurde die Kooperation bereits 2018.

Seinerzeit stellte das Unternehmen 1,5 Millionen Euro für fünf Jahre bereit. Im vergangenen Jahr wurde die Zusammenarbeit um weitere fünf Jahre verlängert, das Budget auf 6 Millionen Euro aufgestockt. Ging es nach Angaben der Financial Services zunächst zum Beispiel um den Wissenstransfer, steht jetzt das Entwickeln konkreter Anwendungen von KI im Mittelpunkt.

Uni Hildesheim entwickelt neue KI-Methoden

Das geschieht im „Volkswagen Financial Services Data Analytics Research Center“, das von der Universität Hildesheim aufgebaut wurde. Dort arbeiten acht Doktoranden sowie zwei Post-Doktoranden unter Leitung von Professor Lars Schmidt-Thieme an neuen KI-Methoden und KI-Technologien.

Aus diesem Engagement und Aufwand lässt sich erahnen, dass der Einsatz von KI bei dem Finanzdienstleister nicht auf Schaden- und Dienstleistungsmanagement beschränkt bleibt. Weitere Einsatzgebiete sind das Bestimmen von Restwerten und Preisvorhersagen. Bei Letzterem geht es nicht nur um das generelle Abgleichen von Angebot von Nachfrage, sondern um eine vertiefte Analyse. Nach dem Motto: Welche Autos mit welcher Lackierung verkaufen sich wie auf dem portugiesischen Markt? Ein anderes Einsatzgebiet ist die Betrugserkennung und -abwehr, zum Beispiel wenn es um Kredite geht.