Wolfsburg. Die Emission von Treibhausgasen soll bis 2030 spürbar sinken. Auch VW hat das Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu sein.

Mit einem Vier-Hebel-Prinzip will die Marke VW die Verringerung des CO2-Ausstoßes ihrer Produkte, der Produktion und der Lieferketten beschleunigen. Das Ziel: Bis spätestens 2050 will die Konzern-Kernmarke klimaneutral sein. Allein bis 2025 wollen die Wolfsburger 14 Milliarden Euro in die Dekarbonisierung investieren. Das sagte Markenchef Ralf Brandstätter am Mittwoch auf einer ganztägigen Veranstaltung mit dem Titel „Volkswagen auf dem Weg zur Null“, in der der Autobauer seine Strategie vorstellte.

Hebel 1:Der Ausbau der Elektromobilität soll beschleunigt werden

Die Marke VW will den Anteil der reinen Elektro-Autos in ihrer Flotte bis 2030 auf mindestens 70 Prozent steigern. Das wären nach Angaben des Unternehmens mehr als eine Million Autos. Brandstätter betonte, dass die Marke damit die EU-Vorgaben „deutlich“ übererfüllen würde. In Nordamerika und auf dem wichtigsten VW-Markt China soll der E-Auto-Anteil bis 2030 auf mindestens 50 Prozent steigen. Der Markenchef kündigte an, dass VW mindestens ein neues E-Auto pro Jahr auf den Markt bringen werde, um das Ziel zu erreichen.

Hebel 2:Verringerung des CO2-Ausstoßes in Produktion und Lieferkette

Wie Brandstätter ausführte, kann Elektro-Mobilität nur dann zum Zurückfahren des CO2-Ausstoßes beitragen, wenn sie ganzheitlich betrachtet wird. Und dazu gehören eben auch Produktion und Lieferkette. Nach seinen Angaben beziehen bereits alle europäischen Fahrzeugwerke der Marke ihren Strom vollständig aus erneuerbaren Energien. Bis 2030 sollen weltweit alle Werke auf grünen Strom umgestellt werden – allerdings mit Ausnahme Chinas, wo die Marke zahlreiche Fabriken betreibt.

Mit Blick auf die Lieferkette sagte Brandstätter, dass die Batteriezellen für die vollelektrischen ID-Modelle vollständig mit Grünstrom produziert würden. Auch in den angekündigten eigenen Batteriezell-Fabriken will das Unternehmen Strom einsetzen, der aus erneuerbaren Energien stammt.

Zudem werde VW in seinen ID-Modellen zunehmend nachhaltige Bauteile einsetzen. Als Beispiele nannte er Batteriegehäuse und Felgen aus CO2-neutral hergestelltem Aluminium sowie emissionsarm produzierte Reifen. Der Markenchef kündigte an, CO2-Emissionen „zu einem zentralen Vergabe-Kriterium für Zulieferer-Verträge“ zu machen. Nur so könne die gesamte Lieferkette dekarbonisiert werden.

Hebel 3: Förderung der Erzeugung von grünem Strom

Damit möglichst viel grüner Strom produziert wird, will die Marke VW den Aufbau von Wind- und Solarparks fördern. Durch den ausschließlichen Einsatz von grünem Strom verspricht sich der Autobauer eine Halbierung der CO2-Emissionen im Vergleich zum aktuellen EU-Strommix . Ihren Kunden bietet die Marke über ihre Tochter Elli bereits Grünstrom für das Laden in der eigenen Garage an.

Nun will VW als nach eigenen Angaben erster Hersteller den Ausbau erneuerbarer Energien direkt unterstützen. In unterschiedlichen Regionen Europas sollen bis 2025 neue Wind- und Solarparks entstehen. Mit dem Essener Energiekonzern RWE seien erste Projekte vertraglich vereinbart worden. So unterstütze die Marke in Deutschland den Aufbau einer Solaranlage mit einer Kapazität von 170 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Sie soll bis Ende des Jahres in Tramm-Göthen in Mecklenburg-Vorpommern errichtet werden. Wie VW betont, ganz ohne staatliche Zuschüsse. Die Anlage sei mit knapp 420.000 Solar-Modulen das größte unabhängige Solarprojekt Deutschlands. Bis 2025 sollen alle von VW-geförderten Projekte zusammen rund 7 Terawattstunden Ökostrom erzeugen.

Hebel 4: Batterie-Recycling

Batterien von E-Autos sind das Herz der Elektro-Mobilität – technisch und wirtschaftlich. Laut Brandstätter entfallen 40 Prozent der Wertschöpfung von E-Autos auf die Batterien. Sie sollen künftig zwei Leben führen: zunächst im E-Auto, später dann als Elektrospeicher zum Beispiel in Eigenheimen.

Ist auch dieser Lebenszyklus beendet, will VW die Batterien wiederverwerten. Die entsprechenden Verfahren dazu werden in einer Pilotanlage in Salzgitter entwickelt. Das Ziel: 90 Prozent der Rohstoffe einer Batteriezelle sollen zurückgewonnen werden.

Damit will das Unternehmen die Abhängigkeit von Rohstofflieferanten verringern, Kosten sparen und dann auch über diesen Hebel die CO2-Bilanz verbessern. Entstehen soll eine geschlossener Kreislauf, über den die Marke die Kontrolle hat.

„Wir setzen uns verbindliche Ziele, an denen wir uns messen lassen müssen“, sagte Markenchef Brandstätter mit Blick auf die Dekarbonisierungsstrategie. Und weiter: „Klar ist aber auch, Volkswagen kann die Dekarbonisierung der Mobilität nicht alleine leisten. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, innovativer Ideen und mutiger Investitionen.”

Stimmen

Auf der sich anschließenden Tagung erörterten Experten von VW, Partnern, Wissenschaftlern und Vertreter der Politik technische, wirtschaftliche und politische Aspekte der Elektro-Mobilität. Oliver Krischer, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, empfahl, in der öffentlichen Diskussion nicht zu viele Antriebstechniken nebeneinander zu stellen. Besser sei es, von nur einer Lösung zu sprechen, der E-Mobilität. Das könne helfen, Vorbehalte und Unsicherheiten zu nehmen.

Er sprach sich auch dafür aus, E-Autos weiter zu fördern. „Subventionen sind entscheidend. Der Staat muss demonstrieren, dass Elektroautos gewollt sind.“ Im Gegenzug müssten dann Subventionen für fossile Kraftstoffe und Verbrennertechnik auslaufen, forderte Krischer.

Als Hemmnis für die Akzeptanz der E-Autos bei den Kunden gelten weiterhin die lückenhafte Infrastruktur und die aus Sicht der Autokäufer oft mangelnde Reichweite. Dabei blieben 90 Prozent der täglichen Fahrten unter 80 Kilometer, sagte Andreas Tschiesner von der Unternehmensberatung McKinsey. Nach seiner Einschätzung ist eine Reichweite von 400 bis 500 Kilometern erforderlich, um Kunden für E-Autos zu gewinnen. Und auch er befürwortet staatliche Förderung: Sie seien noch entscheidend, um die E-Autos auf die Straße zu bringen.

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Dass sich mit der Entwicklung der neuen, elektrifizierten Fahrzeuggenerationen und ihrer Digitalisierung der Autobau stark wandelt, berichtete Burak Yilmaz, verantwortlich für die Fahrzeugstrategie der Marke VW. So gewinne bei den E-Fahrzeugen die Gestaltung des Innenraums eine völlig neue Bedeutung, nannte er ein Beispiel. Durch die deutlich kleineren E-Motoren und den Wegfall von Abgas-Anlage und Getriebetunnel ergeben sich neue Freiheiten, mehr Platz. Generell gelte: „Wir denken nicht in Fahrzeugen, sondern in Mobilitätskonzepten“, sagte Yilmaz.