Wolfsburg. Eine steigende Kundenbindung durch mehr digitale Dienste soll den Rückgang des Wartungsaufwands bei Elektro-Autos ausgleichen.

Der VW-Konzern will seinen Gewinn im Ersatzteil- und Zubehörgeschäft in den kommenden Jahren kräftig steigern, obwohl der Wartungsaufwand für Elektro-Autos geringer ist als bei Verbrennern. Treiber sei vor allem die Steigerung der Kundenloyalität durch digitale Dienste, wie zum Beispiel die Information über den nächsten Werkstatt-Termin über das Smartphone oder das Infotainment-System im Auto.

„Wir werden unsere Kunden gemeinsam mit den Servicebetrieben wesentlich individueller ansprechen als heute und dadurch ihre Loyalität signifikant steigern“, kündigte Imelda Labbé, Leiterin des Konzernbereichs After-Sales, laut Mitteilung am Montag in Kassel an. Auch der erwartete steigende Fahrzeugbestand werde zum Ausbau des Geschäfts beitragen. Derzeit würden weltweit 100 Millionen Fahrzeuge von 25.000 Händlern betreut, im Jahr 2030 sollen es rund 150 Millionen Autos sein.

Der Wartungsaufwand und Verschleiß eines Elektroautos ist laut Volkswagen 20 bis 30 Prozent niedriger als bei einem Auto mit Verbrennungsmotor. Die Batterien sollen bestenfalls ein Autoleben lang halten, VW gibt beispielsweise für die Fahrzeuge der ID.-Familie die Garantie ab, dass nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern mindestens noch 70 Prozent der nutzbaren Batteriekapazität zur Verfügung steht. Im Lager in Kassel – mehr als 40 Prozent der weltweiten VW-Lagerfläche befindet sich dort – werden trotzdem Hochvoltbatterien vorgehalten, falls sie beispielsweise wegen eines Unfalls als Ersatzteil benötigt werden.

Die Wartungskosten verringern sich auch, weil ein reiner Stromer aus viel weniger Bauteilen besteht als ein Verbrenner, nämlich aus weniger als 3000, während ein konventionell angetriebenes Auto durchschnittlich aus mehr als 4000 Teilen besteht. Ein Plug-In-Hybrid, der ja über beide Antriebsstränge verfügt, kommt auf rund 4500 Bauteile. Während das Sortiment an Ersatzteilen durch die Parallelität der Antriebsarten also erst einmal umfangreicher wird, rechnet Volkswagen damit, dass es langfristig gesehen deutlich schrumpft. 2018 hatten die Wolfsburger den Umsatz allein mit Originalteilen um zwei Prozent auf 15,9 Milliarden Euro erhöht. „Der Bereich Afters Sales ist seit Langem eine wichtige Ertragssäule des Volkswagen-Konzerns“, erklärte Christian Dahlheim, Vertriebsleiter des Konzerns.

Bis 2028 will VW rund 70 rein elektrische Modelle auf den Markt bringen, allein bis 2025 soll rund ein Viertel der in Europa verkauften Volkswagen elektrisch sein. In 2030 soll der Anteil dann auf 40 Prozent ansteigen. „Selbst in zehn Jahren wird also aller Voraussicht nach noch die Mehrheit der Fahrzeuge mit konventionellen Aggregaten ausgeliefert“, sagte Dahlheim. Auch Käufer dieser Fahrzeuge sollen jedoch durch die Digitalisierung von Vertriebsprozessen zu loyaleren Kunden werden. Wenn sich Kunden in dem digitalen VW-System „We“ anmelden und der Weitergabe ihrer Daten zustimmen, können sie darüber auch zusätzliche Funktionen buchen, zum Beispiel die Erweiterung ihres Navigationsgeräts.

In den Vertrags-Werkstätten selbst soll es durch die Digitalisierung vieler Prozesse künftig deutlich effizienter zugehen: Statt 80 Minuten soll die Verwaltung eines durchschnittlichen Werkstattauftrags nur noch eine Viertelstunde dauern – 80 Prozent kürzer. Die Mitarbeiter könnten sich dann deutlich intensiver um die Beratung der Kunden kümmern, heißt es von Volkswagen. Um den Abbau von Stellen gehe es dabei nicht.