Wolfsburg. Überraschend ist Sprinthoffnung Nele Jaworski vom VfL Wolfsburg im DLV-Camp in den USA dabei. Hier kann sie sich weiter empfehlen.

Sportlich war die Hallen-DM für Senkrechtstarterin Nele Jaworski mit einer riesigen Enttäuschung geendet: Die Medaillenkandidatin hatte sich im Halbfinale über 60 Meter eine Muskelverletzung zugezogen, musste ihre Hoffnungen sowohl hier als auch über 200 m begraben.Das war Mitte Februar. Inzwischen kann das 19 Jahre alte Sprinttalent wieder strahlen. Und wie: Am Freitagmittag stieg Jaworski in Frankfurt/Main in den Flieger nach Florida (USA), darf dort - in ihrem ersten Jahr in der U23 - bei den Frauen an der Seite von Stars wie Gina Lückenkemper reinschnuppern. Und vielleicht wird daraus ja sogar der Sommer ihres Lebens...

Schon die Einladung durch den Deutschen Leichtathletik-Verband und der Sprung in den erweiterten Bundeskader ist dabei ein Riesenerfolg für die 19-Jährige. Zum einen hatte sie in der Hallen-Saison mit ganz starken Zeiten überzeugt. Das ist in der Regel auch immer ein Fingerzeig und Trend für die Freiluftsaison. Zum anderen zeigten Testungen in Kienbaum - Bodenkontaktzeiten, Start, etc. -, dass das VfL-Talent eine erstaunliche Entwicklung hingelegt hat.

Handgepäck voll mit Lernmaterial: In den USA muss Jaworski auch fürs Abi pauken

Dass Jaworski die Chance auf das USA-Trainingslager mit dem Elitekader ergreifen wollte, stand außer Frage. Ganz so einfach war die Umsetzung aber nicht: Denn genau jetzt stehen die Abitur-Prüfungen an. Anfang der Woche hatte sie Erdkunde geschrieben - und die weiteren Klausuren in Mathe, Physik und Englisch nach hinten schieben dürfen. Als so gar nicht selbstverständlich empfindet sie dieses Entgegenkommen des Gymnasiums Fallersleben. In den USA wird sie abseits der Trainingseinheiten fleißig pauken, „mein gesamtes Handgepäck ist voll mit Büchern“, erzählt sie schmunzelnd.

In der Hallensaison hatte Nele Jaworski mit Topzeiten aufhorchen lassen. Auch wenn die DM in Leipzig für sie aufgrund einer Muskelverletzung enttäuschend endete.
In der Hallensaison hatte Nele Jaworski mit Topzeiten aufhorchen lassen. Auch wenn die DM in Leipzig für sie aufgrund einer Muskelverletzung enttäuschend endete. © imago/Chai v.d. Laage | IMAGO/Gladys Chai von der Laage

Lernen fürs Abi und lernen für die eigene Sprint-Zukunft - Jaworski selbst hat für das DLV-Trainingslager in Clermont/Florida vor allem ein Ziel: „Ich möchte so viel wie möglich aus diesen Tagen mitnehmen. Dass ich dabei sein darf, war für mich selbst auch eine große Überraschung.“ Sie darf reinschnuppern bei den „Großen“, wohnt in den kommenden zweieinhalb Wochen in einem Bungalow mit Sophia Junk und Sina Kammerschmitt. Bereits Anfang April waren ihre VfL-Kollegen Deniz Almas und Niels Giese in die USA gereist, um sich optimal auf die Saison vorzubereiten.

Jaworski kann sich in den USA für die Staffel-WM empfehlen

Mindestens einen Wettkampf über 100 m und in der 4x100m-Staffel wird die Wolfsburgerin bis zur Rückkehr am 6. Mai laufen. Dieser steigt am Samstag, 27. April, in Jacksonville. Sie ist eine von acht Sprinterinnen, die dann für den Flug auf die Bahamas infrage kommen. In Nassau steigen am 4./5. Mai die World Relays, die inoffiziellen Sprint-Weltmeisterschaften, bei denen die Mehrzahl der Olympia-Tickets vergeben wird. Ein Sextett wird in den Flieger steigen, zwei bleiben in den USA und könnten hier ein weiteres Mal starten.

Olympia in Paris (26. Juli bis 11. August), die Europameisterschaften in Rom (7. bis 12. Juni) und die DM in Braunschweig (28. bis 30. Juni) - im Erwachsenenbereich hält das Jahr 2024 viele Höhepunkte bereit. Jaworski kann es befreit angehen, sie ist Außenseiterin. „Ich mache mir da überhaupt keinen Druck, ich bin schließlich auch noch die Jüngste“, betont sie vor dem Abflug an der Seite von Bundestrainer Julian Reus (Sprint/Staffeln), der den deutschen Rekord über 60 und 100 m hält. Gleichwohl sagt sie mit Blick auf die World Relays: „Natürlich würde ich mich freuen, wenn ich es in das Team schaffen sollte.“ Auch Heimtrainerin Morawietz hält den Ball nach der Überraschungs-Einladung erst einmal ganz bewusst flach, meint: „Erst einmal ist es gut für Nele, dass sie damit einen Fuß in die Tür bekommt.“