Wolfsburg. Der Sport-Geschäftsführer des VfL Wolfsburg erklärt, warum er Schaffenspausen für die Spieler genauso wichtig findet wie hohe Ziele.

Nach dem 1:1 gegen den 1. FC Köln am vergangenen Samstag hatte Cheftrainer Niko Kovac seinem Kader freigegeben. Erst am Mittwoch stand die erste Trainingseinheit der Woche vor der kommenden Heimpartie gegen die TSG Hoffenheim (Sonntag, 15.30 Uhr, Volkswagen-Arena) auf dem Programm. Der gegen Köln mit einem Infekt ausgefallene Kapitän Maximilian Arnold fehlte dabei weiterhin. Ebenso musste der am Ellenbogen verletzte Tiago Tomás passen, der für das Wochenende keine Alternative darstellt. Dafür aber wurde der lange verletzte Lukas Nmecha erstmals wieder in die Mannschaftsübungen integriert. Und am Rande lieferte Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer eine Einschätzung zu einigen Themen ab – lediglich die offenbar so gut wie sichere Verpflichtung von Kevin Behrens von Union Berlin kommentierte er nicht. Schäfer über ...

... die aktuelle sportliche Situation: Es gab in der Vergangenheit wirklich viele Situationen, die es zu bewältigen galt. Die momentane ist nicht angenehm. Trotzdem glaube ich weiter daran, dass wir sie gemeinsam lösen können. Das eine oder andere haben wir verändert seit Jahresbeginn, aber es schlägt sich noch nicht in den Ergebnissen nieder. Den großen Befreiungsschlag haben wir noch nicht erzielen können. Sicher haben wir zu selten den Fußball gespielt, den wir uns wünschen und selber von uns erwarten. Die Frage ist nur, ob das in so einer Phase, wie wir sie gerade erleben, möglich ist. Ich weiß aus meiner aktiven Zeit genau, wie solche Phasen sind: Das Selbstvertrauen ist nicht das größte, auch nicht der Glaube an sich selbst. Einfache Dinge gelingen nicht. Wichtig ist, dass man ein Erfolgserlebnis dann auch mal erzwingt. Wie beim 3:2 über Stuttgart in der vergangenen Saison. So etwas kann gewisse Dinge verändern. Wir wissen, dass wir unseren Ansprüchen derzeit nicht gerecht werden, dass wir liefern müssen und wir gehen es gemeinsam an.

... das, was besser werden muss: Wir gehen einfach noch zu sorglos mit vielen kleinen Dingen um. Wir müssen jeden Moment hellwach und hochkonzentriert sein. Wir brauchen viel mehr Strafraumsituationen, mehr Bälle in der Box, mehr Flügelspiel, mehr 1:1-Situationen oder 2:1-Situationen, wie wir sie jetzt gegen Köln ausgespielt haben. Die Effizienz, die uns in all den Jahren immer ausgezeichnet hat, die geht uns im Moment ein bisschen ab. An der Tatsache, dass wir so viele Punkte nach Führungen abgeben, sieht man, dass wir noch mehr Gier entwickeln und ein zweites Tor noch mehr erzwingen müssen. Denn ein 2:0 verändert ein Spiel in den meisten Fällen.

... seine eigene Rolle in der schwierigen Zeit: Ich persönlich kann mit solchen Situationen umgehen. Aber sie beschäftigen mich natürlich, gerade weil ich schon so lange im Klub bin. Unser Antrieb ist immer, die Menschen in der Stadt, die Fans, den Mutterkonzern glücklich zu machen. Siege bedeuten Lebensqualität. Meine Aufgabe ist es, die Dinge ruhig und sachlich zu analysieren, richtig einzuordnen und gewisse Maßnahmen zu treffen, um mitzuhelfen, gemeinsam wieder in die Erfolgsspur zurückzukehren.

... die freien Tage für die Mannschaft, die einige Spieler für Ausflüge nutzten, wie Posts aus sozialen Netzwerken zeigen: Es ist wichtig, auch mal an andere Dinge zu denken. Und es steht jedem Menschen zu, seine Zeit an freien Tagen so zu nutzen, wie er es für richtig hält. Wie andere damit umgehen, ist eine andere Frage. Es ist leider so, dass es sehr viele Leute gibt, die einfach alles bewerten. Ich bin aber überzeugt, dass es in so einer Situation auch hilft, mal nicht an Fußball zu denken und den Kopf freizubekommen. Wir können auch alle hier einbestellen und sie an den Kanal schicken, damit die Leute sagen: Jawoll, richtig drauf! Aber da habe ich eine ganz andere Haltung. In meinem Fußballerleben habe ich andere Erfahrungen gemacht, was sich positiv und negativ auswirkt. Es gibt keine Garantie dafür, dass sich das, was wir jetzt machen, in positiven Ergebnissen auf dem Platz niederschlägt. Aber eines darf man nicht vergessen: Das sind auch alles Menschen. Der Fußball ist heute omnipräsent, das ist schön. Aber freie Tage zu nutzen, um danach mit voller Energie in die Trainingswoche reinzugehen, das ist nicht falsch. Mir selbst haben freie Tage immer gutgetan, weil mir immer auch die Familie geholfen hat, auf bessere Gedanken zu kommen. Wenn jemand meint, dafür in eine andere Stadt fahren zu wollen, okay. Ich kann hier in Wolfsburg auch nicht abschalten. Denn egal, wen man trifft und spricht: Der VfL ist Thema.

... Niko Kovac, der nach eigener Aussage „völlig entspannt“ ist: Jeder beschäftigt sich sehr intensiv mit der Situation und setzt sich damit auseinander. Mit so einer Situation geht jeder ein Stück weit anders um. Wir reden intern selbstverständlich deutlich detaillierter über die Leistungen, und das gehört sich grundsätzlich so. Ich bin ein Freund davon, die Dinge klar und deutlich anzusprechen, den Finger auch mal in die Wunde zu legen. Aber man darf auch nicht vergessen: Es ist nicht alles falsch. Klar wird immer gewünscht, dass knallharte Ansagen nach außen gemacht werden. Aber wichtig ist doch, die Dinge intern klar anzusprechen.

... die Saisonziele des VfL: Ich glaube nicht, dass wir im Moment äußern sollten, um die internationalen Plätze mitspielen zu wollen. Ich werde nichts abschreiben. Aber in unserer Situation muss man erstmal wieder ein Erfolgserlebnis feiern. Grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass man sich immer hohe Ziele setzen sollte, vielleicht sogar zu hohe. Wenn ich jetzt gefragt werde, sage ich: Wir wollen im nächsten Jahr den Pokal gewinnen. Warum sollte ich in den Pokalwettbewerb gehen und dieses Ziel nicht haben? Warum sollte ich in der Liga sagen: Mittelmaß, das ist genau das, was wir wollen.