Wolfsburg. Felix Nmecha richtet alle großen Entscheidungen an seinem Glauben aus. Im Februar machte er einen Fehler – von dem er sich nicht gänzlich distanziert.

Felix Nmechas Fußballerlaufbahn nahm plötzlich rasant Fahrt auf. Beinahe war es, als würde seine Karriere in dieser Saison wie im Zeitraffer voranschreiten. Beim VfL Wolfsburg stieg er vom Bankspieler zur wichtigen Stütze auf. Plötzlich rief sogar Bundestrainer Hansi Flick an. Erst vor wenigen Wochen gab Nmecha bei der 2:3-Niederlage gegen Belgien sein Debüt beim DFB. „Das war verrückt“, sagt Nmecha heute. Der Profi führte diesen Meilenstein aber nicht nur auf seine Leistungen zurück, sondern auf jemand anderen: auf Gott – so wie alles, was ihm im Leben widerfährt.

Felix Nmecha teilt Post von transphobem Matt Walsh

Fußball spielen würde er nur, weil er „die Gabe, die mir Gott gegeben hat“, nutze. Genau wie die Plattform, die ihm deshalb zur Verfügung steht – um seinen Glauben zu teilen. Sein Instagram-Profil ist voll mit christlichen Inhalten. Knapp 56.000 Menschen folgen ihm auf dem sozialen Netzwerk. Der Großteil seiner Postings hat einen religiösen Bezug. Im Februar aber teilte er ein Video von Matt Walsh. Der rechtskonservative Moderator gilt als transphob und bezeichnete sich einst selbst als theokratischen Faschisten.

In dem Clip erzählt ein Vater von seinem Trans-Kind – und Walsh, ein bekennender Gegner unter anderem der Trans-Bewegung, lässt sich darüber aus. Nmecha entschuldigte sich kurz darauf. Gänzlich distanzieren wollte er sich von den Ansichten des US-Amerikaners aber nicht – auch heute nicht. „Ich stimme nicht damit überein, wie seine Überzeugungen vermittelt. Ich stimme auch nicht mit allem überein, was er sagt“, so Nmecha, „in dieser speziellen Situation wollte ich mich auch nicht über die Eltern oder das Kind lustig machen, ich glaube aber, dass die meisten Menschen als junges Kind noch gar nicht wissen können, wer sie sind .“

Würde Felix Nmecha die Regenbogenbinde tragen

Als transphob würde er sich nicht bezeichnen. „Ich hasse definitiv niemanden. Ich liebe alle Menschen“, sagt der Fußballer. Der DFB nominierte Nmecha trotz des kontroversen Posts für die Nationalmannschaft. Innerhalb des Teams soll das Thema nicht zur Sprache gekommen sein. Aber steht der Inhalt des Walsh-Posts nicht klar im Widerspruch zu den Werten, die der Verband vertreten will? Und gleiches gilt auch für die Philosophie des VfL, oder? „Ich denke schon, dass dieser Post im Gegensatz dazu steht“, sagt Nmecha und fügt an: „Besonders wegen der Person, von der der Post kam.“

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Der Fußball-Bundesligist will für Vielfalt stehen. Die Regenbogen-Kapitänsbinde, die Maximilian Arnold trägt, ist ein Symbol dafür. Ob Felix Nmecha diese trotz seiner extremen christlichen Ansichten tragen würde, wenn er zum Mannschaftsführer ernannt werden würde – darüber habe er schon viel nachgedacht. Die Lösung? „Ich würde beten und fragen, was Gott möchte, das ich tue.“

VfL-Spieler: „Ich bereue, das gepostet zu haben“

Der 22-Jährige richtet alle großen Entscheidungen an seinem Glauben aus. Religiös war er schon als Kind. Aber erst „im Alter von 15 oder 16 Jahren habe ich angefangen nachzuforschen und eine Beziehung zu Gott aufgebaut. Ich glaube, die Bibel ist die Wahrheit“, sagt er. Der Glaube sei nicht blind – und die Wahrheit belegbar, meint Nmecha.

Aus dem Gegenwind, den der Walsh-Aufregung nach sich zog, hat er gelernt, künftig nicht jedem Post-Impuls nachzugeben: „Ich bereue, das gepostet zu haben.“ Auch wenn er sich nicht gänzlich davon distanziert. Was er aber sehr wohl weiterhin teilen möchte, ist sein Glaube, in dem die „objektive Wahrheit“ liege. Das sieht er als seine Aufgabe an – und zieht einen gewagten Vergleich: „Wenn du die Heilung für eine Krankheit kennst, willst du sie mit so vielen Menschen wie möglich teilen.“

Mit Bruder Lukas Nmecha zur EM? „Das ist das Ziel“

Ins DFB-Team möchte der gebürtige Hamburger, der lange in Manchester gelebt hat, auf jeden Fall gerne zurückkehren. Im kommenden Jahr steht schließlich eine Europameisterschaft in Deutschland an. Da will er dabei sein. Am liebsten gemeinsam mit seinem aktuell verletzten Bruder Lukas. „Das ist das Ziel“, sagt der jüngere Nmecha.

Vorher aber will er sich mit dem VfL noch für den Europacup qualifizieren. Die Qualität dafür habe der Kader, meint Nmecha. In der kommenden Saison soll es dann die internationale Bühne sein – mit den Wolfsburgern. An einen Wechsel im Sommer denkt er nicht. Es sei denn, Gott habe einen anderen Plan mit ihm.