Braunschweig. Vor jedem Spiel sendet Eintracht Braunschweigs US-Boy ein Signal auf die Tribüne. Was ihn frustriert und was ihn abgehärtet hat.

An das Hinspiel gegen den VfL Osnabrück denkt Johan Gómez mit großer Wonne zurück. Klar, war es doch ein besonders bedeutsames – für Eintracht Braunschweig insgesamt, aber auch für ihn persönlich. An diesem 11. November erzielte Gómez schließlich sein allererstes Tor in der 2. Fußball-Bundesliga.

Und es gibt eben Momente im Leben, die für immer hängen bleiben. Für den US-Amerikaner war das so ein Moment. In der 11. Minute arbeitete der Sommerneuzugang den Ball förmlich über die Linie zum zwischenzeitlichen 1:0. „Auf dem hohen Niveau in der 2. Liga, in der ich meine erste Saison spiele, das erste Tor zu machen, ist ein Top-drei-Moment in meiner bisherigen Karriere“, sagt Gómez.

Johan Gómez traf schon einmal gegen den VfL Osnabrück

Schlussendlich gewannen die Blau-Gelben mit 3:2 – durch ein hochdramatisches Finale mit einem Siegtreffer in der achten Minute der Nachspielzeit und minutenlanger Video-Überprüfung. Ein emotionaler Tag also, auf verschiedenen Ebenen. Für Gómez war es zwar das erste Tor in der 2. Liga, aber nicht das erste gegen Osnabrück. Im Trikot des FSV Zwickau traf er schon einmal gegen den VfL – und zwar doppelt. „Man kann sagen: Osnabrück ist eine Art Lieblingsgegner für mich“, sagt der 22-Jährige und lacht.

Freilich: Glücklich sei er auch, wenn er kein Tor mache, sein Team aber gewinne. Am Samstag (13 Uhr) wäre dennoch ein guter Zeitpunkt für das dritte Saisontor. Und Gómez arbeitet fleißig daran. Der Offensivspieler ackert beinahe unermüdlich, geht lange Wege, ist ein wichtiger Faktor im Umschaltspiel. Nur bei den Abschlüssen – da fehlt oft noch das letzte Quäntchen.

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Für Eintracht Braunschweigs Angreifer ist es „ein bisschen frustrierend“

An seinem Selbstvertrauen rüttelt dieser Umstand nicht. Aber ein bisschen beschäftigt er den Texaner dennoch: „Für mich ist das natürlich ein bisschen frustrierend. Vielleicht bin ich manchmal sogar ein bisschen zu sehr Teamplayer, wenn man das überhaupt sein kann. Vielleicht muss ich dennoch öfter den direkten Abschluss suchen.“

Gómez hat‘s aber auch nicht immer leicht. Im Spiel gegen Hannover etwa musste er sich mit Marcel Halstenberg auseinandersetzen – und der bringt eine ganz andere Statur mit als er selbst. „Ich bin vielleicht nicht der Größte und der physisch Stärkste. Dann musst du ein bisschen schlauer sein“, sagt Gómez. Und abgesehen von seiner Torquote ist er mit seiner Entwicklung auch zufrieden. Zurecht.

Das besondere Zeichen an die Freundin

Intelligenz und Härte spielt im Profi-Leben des US-U23-Nationalspielers seit jeher eine wichtige Rolle. Denn schon im zarten Alter von 18 Jahren verließ er die Heimat für die Fußballer-Karriere. Und im Fall des sympathischen 1,83-Meter-Mannes, den alle nur „Joe“ nennen, ist das ein großer Sprung. Er kann nicht einfach mal seine Familie besuchen, wenn er ein paar Tage frei hat. Die lebt in Texas, rund 8200 Kilometer entfernt – Luftlinie.

Dazu kam die Sprachbarriere. Die hat Gómez überwunden – und zwar eindrucksvoll. Es stellt kein Problem dar, mit ihm ein flüssiges Gespräch auf Deutsch zu führen, auch über komplexere Themen. Das alles lässt den Charakter reifen und härtet ab. Ganz alleine ist Gómez aber nicht in Braunschweig. Seine Freundin lebt mit ihm hier. Bei den Spielen ist sie meist mit dabei. Und jedes Mal vor dem Anpfiff sendet er ihr ein Zeichen.

Gómez pflegt flexible Rituale

Gómez spreizt den Daumen, den Zeigefinger und den kleinen Finger ab. Dann reckt er seine Hand in Richtung der Tribüne. „Das bedeutet ,ich liebe Dich‘ auf Gebärdensprache“, sagt er. Diese Geste gehört zu seinen Ritualen. Außerdem hört er eine Spieltags-Playlist und betet vor jedem Spiel zweimal. Ansonsten ist Gómez bei seinen Gewohnheiten flexibel.

Die hängen auch von seiner Leistung ab. Hat er etwa vor einer Partie Spaghetti Bolognese gegessen, gibt‘s vor dem nächsten Duell die gleiche Mahlzeit. Aber nur, wenn er ein Tor geschossen hat. Trainer Daniel Scherning misst seine Offensivleute aber nicht nur an deren Treffern. Er weiß auch so, was er an Gómez und Co. hat. Der ist nicht der klassische Stürmertyp. In der Jugend lief er zwar auch schon in der vordersten Angriffsreihe auf, aber eher als falsche Neun mit einem kräftigeren Kollegen an seiner Seite.

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Stammspieler unter Daniel Scherning

Bei Scherning ist er dennoch Stammspieler. „Ich habe im Sturm große Konkurrenz mit Florian Krüger, Anthony Ujah, Luc Ihorst und Rayan Philippe. Ich glaube immer an mich. Und auch wenn ich denke, ich bin nicht besser, kann ich immer noch härter arbeiten“, sagt er.

Eine Einstellung, die wohl älter ist als die Eintracht selbst. Dennoch ist ihr Wahrheitsgehalt nicht zu leugnen. Der Hinspiel-Sieg gegen Osnabrück bedeutete für die Blau-Gelben einen Wendepunkt in der Saison. Zuvor hatte es im Derby eine bittere Klatsche gesetzt. Vor der Partie gegen den VfL sendeten die Fans eine Botschaft an die Spieler. In der Kurve hing ein Banner, auf dem stand: Wie sollen wir an euch glauben, wenn ihr es selbst nicht tut? „Ich dachte: Wow, das stimmt. Wir mussten unseren Fans zeigen, dass wir an uns glauben, dass wir Spiele gewinnen können. Und das ist uns gelungen, denke ich“, erinnert sich Gómez.

Erst der Klassenerhalt, dann Olympia

Hürden hat Gómez schon reichlich überwunden – mit der Eintracht und auch persönlich. Die sprachliche ist nur eine davon. Apropos: Vielleicht ist es für ihn aber langsam an der Zeit, auch seine Kenntnisse in einer anderen Sprache aufzufrischen. In der Schule habe er Französisch-Unterricht gehabt, mittlerweile aber alles wieder vergessen. „Ich muss ein bisschen üben“, sagt Gómez und lacht.

Warum? Ganz einfach: In diesem Sommer finden in Paris die Olympischen Spiele statt. Das US-Team ist für das Fußballturnier qualifiziert. Und Gómez hat gute Chancen, dabei zu sein. Die Spiele seien auf jeden Fall ein Fernziel für ihn. „Aber erstmal muss ich gesund bleiben und bin voll fokussiert auf Osnabrück und den Klassenerhalt.“ In diese Richtung kann die Eintracht am Samstag einen weiteren großen Schritt gehen. Vielleicht ja auch mal wieder mit einem Gómez-Tor. „Wenn ich an das Hinspiel denke: Das war einfach geil. Ich hoffe, uns gelingt das am Wochenende auswärts noch mal“, sagt er.

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