Braunschweig. Für die Fans von Eintracht Braunschweig spielt Offenheit eine wichtige Rolle. Ein potenzieller DFL-Investor macht einen Rückzieher.

Der Widerstand geht weiter. Auch am vergangenen Spieltagswochenende verliehen die Fanszenen in Deutschland ihrem Unmut gegen die Investoren-Pläne der Deutschen Fußball-Liga (DFL) Ausdruck – mal gediegen, mal ausufernder. Die Fans von Eintracht Braunschweig beteiligen sich ebenfalls an den Protesten. Allerdings sind die Anhänger der Blau-Gelben bislang vergleichsweise zurückhaltend.

Keine Tennisbälle im Eintracht-Stadion

In anderen Stadien flogen haufenweise Tennisbälle auf die Spielfelder, ein Klub-Mäzen wurde auf einem Plakat im Fadenkreuz abgebildet, Fahrradschlösser hingen an den Torpfosten, und mehrfach drohten Spielabbrüche. Die aktive Fanszene der Eintracht beließ es bei einem Plakat mit der Aufschrift „Gegen Investoren in der DFL!“ und Schmähgesängen. Auch in den Vorwochen beschränkten sich die Ultras der Löwen auf Botschaften gebannt auf Transparente und temporäre Stimmungsboykotts.

Der Grund für die Zurückhaltung liegt nah. Schließlich hat Eintracht Braunschweig bei der Abstimmung zum Investoren-Einstieg im Dezember mit „nein“ votiert. „Das scheinen die hiesigen Fans aufmerksam und positiv registriert zu haben“, sagt Robin Koppelmann vom Awo-Fanprojekt und fügt an: „Bundesweit lassen sich unterschiedliche Formen des Protests gegen die DFL-Investoren-Abstimmung beobachten. Offenbar scheinen die Fanszenen zu berücksichtigen, wie ihr Verein bei der Abstimmung votiert hat: bei Hannover 96, wo Martin Kinds Abstimmungsverhalten bis heute Fragen aufwirft, wird beispielsweise sehr heftig protestiert.“

Eintracht Braunschweig gegen Karlsruher SC

weitere Videos

    Knappe Mehrheit für Investoren-Deal

    Nach wie vor äußert sich 96-Mäzen Kind nicht dazu, ob er für oder gegen den Investoren-Deal gestimmt hat. Es liegt allerdings nah, dass der 79-Jährige dem Vorhaben zugestimmt hat – offenbar entgegen der Vorgabe des Muttervereins. Viele Fans sehen dadurch den Wert 50+1-Regel in Gefahr. Zumal die DFL bei der Abstimmung der 36 Profiklubs mit 24 Ja-Stimmen nur hauchzart die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht hat.

    Deshalb wird der Ruf nach Neuwahlen lauter, wie ihn unter anderem der Fan-Dachverband „Unsere Kurve“ formuliert hat. Mittlerweile haben verschiedene Klubs ihre Unterstützung bezüglich dieser Forderung kundgetan. Und auch Eintracht Braunschweig steht einer neuen Abstimmung offen gegenüber: „Eintracht Braunschweig steht fest zur 50 + 1-Regel. Sollte es zu einer Neuwahl zum Investoreneinstieg bei der DFL kommen, werden wir uns dieser nicht verschließen“, wird Geschäftsführer Wolfram Benz auf der Klub-Website zitiert.

    Wie positioniert sich Eintracht Braunschweig?

    Wie Sportrechtler Paul Lambertz im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, sei dies durchaus machbar. Es brauche aber „dafür eine Mitgliederversammlung“. DFL-Aufsichtsrat Axel Hellmann bewertet die Sachlage anders: „Keiner der 36 Klubs hat danach beantragt, dass diese Abstimmung rechtswidrig ist. Es hat auch keiner der Klubs widersprochen, als es um die Frage der geheimen Abstimmung ging. Wir müssen schon das Votum der Klubs ernst nehmen. Wir können nicht einfach sagen, dass wir neu abstimmen“, sagte der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt der Bild.

    Sollte es doch dazu kommen, werde Eintracht Braunschweig bei seiner transparenten Haltung bleiben, wie Benz sagt: „Unsere damalige Entscheidung, den Antrag aus unterschiedlichen Gründen abzulehnen, haben wir ganz offen und transparent kommuniziert. Unser Standpunkt hat sich in dieser Thematik nicht verändert, wir halten im Falle einer erneuten Wahl eine offene Abstimmung für sinnvoll.“

    Ultras: Haben einen langen Atem

    Die Fans honorieren diese Ansicht. Wohl auch aus diesem Grund ist der Protest in der Löwenstadt bislang eher zurückhaltend. Auch der Austausch zwischen Klub und Fans spielt dabei eine Rolle. „Bei den bisherigen Protesten im Eintracht-Stadion spielt sicherlich das Abstimmungsverhalten von Geschäftsführer Wolfram Benz mit rein. Der vor rund einem Jahr wieder eingeführte Klub-Fan-Dialog – oder auch verstetigter Dialog – wird dazu ebenfalls positiv beitragen, weil dort Themen vertraulich besprochen werden können und das Verständnis füreinander gestärkt wird. Als Fanabteilung nehmen wir dieses noch recht junge Format positiv wahr“, sagt Mario Goldmann, Leiter der Fanabteilung bei Eintracht Braunschweig.

    Die erste Ausgabe dieses Dialogs im Jahr 2024 gab‘s am 30. Januar. Thema unter anderem: die Abstimmung zu einem DFL-Investor. Dieses Spannungsfeld wird den Fußball in Deutschland ganz sicher noch eine Weile beschäftigen. Und es ist sicher nicht ausgeschlossen, dass sich auch in Braunschweig die Form des Protests noch ändern wird. „Der gesamte Prozess rund um das Thema DFL-Investor ist aktuell sehr dynamisch. Wir bewerten diese Entwicklungen regelmäßig“, sagt Goldmann. Stimmt. Und was die Wucht eines Fan-Protests für eine Wirkung haben kann, hat sich gerade gezeigt. Ein potenzieller Investor hat nämlich seine Bewerbung zurückgezogen. Der US-Finanzinvestor Blackstone ist ausgestiegen. Das bestätigte die DFL am Dienstag. Damit bleibt mit dem Unternehmen CVC nur noch ein Interessent übrig. Beide kommen aus dem sogenannten „Private-Equity-Bereich“, sind also Kapitalbeteiligungsgesellschaften.

    Die aktiven Fanszenen jedenfalls haben zumindest bereits ihr Durchhaltevermögen angekündigt. In einem gemeinsamen Statement der deutschen Fanszenen, das auch auf der Website von Eintrachts Ultrabewegung Cattiva zu finden ist, heißt es: „Die deutschen Fanszenen haben einen langen Atem! Eure leeren Worte werden unseren Widerstand gegen euer Vorhaben nicht brechen!“

    Mehr wichtige Nachrichten zu Eintracht Braunschweig lesen:

    Täglich wissen, was bei Eintracht Braunschweig passiert: