Wolfsburg. Jürgen Jorkuweit aus Wolfsburg bekam einen Anruf von Microsoft. Dachte er. Der Rentner wurde Opfer einer Betrugsmasche. So geht sie.

Jürgen Jorkuweit schämt sich fürchterlich. Vor einer Woche musste der 67-jährige Wolfsburger feststellen, dass auf den gemeinsamen Konten von ihm und seiner Frau fast 6000 Euro fehlten. Und dass er den Tätern auch noch selbst den Zugang dazu verschafft hatte.

Wie, das ist Jorkuweit nicht ganz klar. Am Samstag, 19. August, habe er einen Anruf bekommen, als er gerade dabei war, seinen neuen Laptop einzurichten, erzählt der Rentner. Der Anrufer stellte sich ihm als John Wilhelm vor. Der angebliche Mitarbeiter von Microsoft in München redete Jorkuweit ein, dass der Virenschutz auf seinem Gerät nicht in Ordnung sei.

Falscher Microsoft-Mitarbeiter stiehlt fast 6000 Euro

Der glaubte das relativ schnell. Er sei in „Panik und Angst“ versetzt worden, schildert der Laagberg-Anwohner. Seine Furcht steigerte der Anrufer noch, indem der ihm vorwarf, hunderte Fake-Nachrichten verbreitet und Microsoft dadurch geschadet zu haben, was teuer werden könne.

In seiner Verzweiflung folgte Jürgen Jorkuweit an seinem Laptop blind den Anweisungen des Anrufers. „Danach wurde mein Laptop dunkel“, sagt er. Der Anrufer habe ihn aufgefordert, alles auszuschalten und den Laptop erst am nächsten Morgen wieder zu starten.

Anrufer versetzt Wolfsburger in Panik

Am Sonntagmorgen, sagt Jorkuweit, sei ihm „wie ein Blitz“ aufgegangen, dass da etwas nicht stimmte. Er fragte einen Nachbarn, der sich mit Computern auskennt und sofort erkannte, dass Jorkuweit einem Betrug aufgesessen war. Der ließ seine Konten sperren. Doch ein Blick ins Online-Banking bestätigte am Montagmorgen die Befürchtung: Von den Konten des Ehepaars waren über das Wochenende fast 6000 Euro auf deutsche und britische Konten abgebucht worden.

Das Geld war eigentlich für die Goldene Hochzeit im September bestimmt. „Meine Frau will gar nicht mehr feiern. Die ist fix und fertig“, sagt Jorkuweit.

Betrüger schalten sich auf den Rechner

Er hofft, dass die Bank das Geld oder zumindest einen Teil davon zurückholen kann. Andere Wolfsburger warnt er: „Sowas kann jedem passieren, wenn er an der falschen Stelle erwischt wird.“

Die Polizei warnt schon seit Jahren vor falschen Microsoft-Mitarbeitern, die Menschen anrufen und behaupten, Viren von ihrem Rechner entfernen oder ein Update installieren zu müssen. Gewährt der Besitzer ihnen Fernzugriff, schleusen die Anrufer einen Trojaner auf dem Rechner ein, der Daten ausspäht. Zum Beispiel für das Online-Banking.

Verbraucherzentrale warnt vor Fernwartung

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen wies im Februar auf diese und eine andere Masche hin. Der angebliche Mitarbeiter von Microsoft oder einem PC-Hersteller kann demnach behaupten, dass der Rechner gehackt wurde, Spammails versende, von Viren befallen sei oder dass der Windows-Support abgelaufen sei. Immer steht am Ende die „Fernwartung“.

Bei der anderen Variante klingelt nicht das Telefon, sondern auf dem Bildschirm ploppt eine Warnung auf. Eine Stimme verkündet, der Rechner sei mit Viren infiziert. Dazu wird eine Nummer eingeblendet, unter der geholfen werden könne. Ruft man dort an, folgt ein stundenlanges Telefonat, in dessen Verlauf der Kunde auch seine IBAN und Pin preisgeben soll.

Im schlimmsten Fall sind Kontodaten und Geld weg

„Diese Telefonate dienen einem Zweck: Kriminelle wollen auf Ihre privaten und hochsensiblen Daten zugreifen. Per Fernwartung schalten sie sich auf den Rechner und installieren dort Spähprogramme oder Schadsoftware“, heißt es auf der Seite der Verbraucherzentrale. Sie empfiehlt, am Telefon aufzulegen, sobald ein Gesprächspartner einen Computer aus der Ferne „retten“ möchte.

Auch Microsoft warnt online vor „Tech-Support-Betrug“. Dieser sei ein branchenweites Problem, bei dem Betrüger Angsttaktiken verwenden, um den Angerufenen Geld für unnötige Dienstleistungen abzuluchsen oder um sie dazu zu bringen, Remotezugriff auf den Computer zu gewähren. Im schlimmsten Fall stählen sie persönliche oder finanzielle Daten.

Polizei rät: Keinen Zugriff gewähren, keine Daten rausgeben

Nach Angaben der Polizei nehmen Unternehmen wie Microsoft niemals unaufgefordert Kontakt zu den Kunden auf. Auf der Seite www.polizei-beratung.de, Teil der Kriminalprävention der Länder und des Bundes, wird geraten, Anrufern nie Zugriff auf den Rechner zu gewähren. Ebenso wenig sollten Kontodaten, Kreditkartendaten oder Zugangsdaten zu Bezahldiensten wie Paypal herausgegeben werden.

Wenn es schon passiert ist, lauten die Tipps der Polizei: Rechner sofort herunterfahren. Über ein anderes, nicht infiziertes Gerät sämtliche Passwörter ändern. Rechner überprüfen lassen. Kontakt zu Banken oder Zahlungsdiensten aufnehmen, deren Zugangsdaten die Betrüger abgegriffen haben. Fehlt Geld, kann mit dem Zahlungsinstitut über eine Rückholung gesprochen werden. Auch Anzeige sollte man erstatten.

Wie Sie sich noch vor Cyberkriminellen schützen können, erfahren Sie in unseren Alltagstipps zur IT-Sicherheit.