Der Erhalt der bundesweit stark gefährdeten Geburtshelferkröte im Landkreis Goslar ist von besonderer Bedeutung, weil die südwesteuropäische Art hier ihre nordöstliche Verbreitungsgrenze erreicht. Während der Landkreis aktuell noch zwei der größten niedersächsischen Vorkommen beherberge, seien andere ehemals große Vorkommen bereits erloschen oder stünden kurz davor, teilt der Nabu Niedersachsen mit. Die Gründe hierfür seien zwar vielfältig, aber der Verlust ihrer Lebensräume durch den Landnutzungswandel werde als Hauptfaktor angesehen, der für den dramatischen Rückgang verantwortlich sei.
Nun hat das Projekt „Life Bovar“ des Nabu Niedersachsen sich gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde und den Niedersächsischen Landesforsten zum Ziel gesetzt, günstige Lebensraumbedingungen für die Geburtshelferkröte im Landkreis Goslar wiederherzustellen, um ihren Erhaltungszustand zu verbessern. Es erfolgten bereits umfangreiche praktische Artenschutzmaßnahmen, damit der „Glockenfrosch“, dessen Rufe an ein Glockengeläut erinnern, sich wieder wohlfühlen kann.
Genetische Vielfalt der Geburtshelferkröten erhöhen
An zwei Standorten mit kleinen Restpopulationen wurden nun zur Stärkung der Bestände und Erhöhung der genetischen Vielfalt „Bestandsstützungen“ gestartet: Je 20 letztjährige Geburtshelferkröten, aufgezogen in der Nabu-Erhaltungszuchtstation, wurden am 6. Juli im ehemaligen Grauwacke-Steinbruch im Kaltebachtal bei Seesen sowie in der ehemaligen Erzgrube Barley bei Liebenburg ausgewildert.
Beide Standorte eint, dass die Geburtshelferkröte hier nach der Aufgabe des Abbaus und damit dem schleichenden Verfall der Offenlandlebensräume starke Populationseinbrüche durchmachen musste. „Erfreulicherweise konnten sich aber Kleinpopulationen aus wenigen Einzeltieren halten, die auf die durchgeführten Freistellungen der Landlebensräume und Wiederherstellungen geeigneter Laichgewässer bereits im Folgejahr mit Nachwuchs reagierten“, berichtet Nabu-Projektmitarbeiter Lennart Hudel.
Für die Kröten Büsche an Hängen entfernt und Kleingewässer saniert
In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Goslar sowie den Niedersächsischen Landesforsten als Flächeneigentümer wurden im Rahmen des Projektes die steilen Hänge des ehemaligen Erzabbaus in der Barley 2020 und 2021 aufwändig entbuscht sowie vorhandene Kleingewässer saniert und neue angelegt.
Im Kaltebachtal erfolgte 2019 eine erste umfangreiche Freistellung durch die Niedersächsischen Landesforsten, nach dem Hinweis auf ein möglicherweise überdauerndes Vorkommen der Geburtshelferkröte wurde die Fläche in die Projektgebietskulisse von Life Bovar aufgenommen. Im Jahr 2023 fand hier eine weitere Entbuschungsaktion statt, um aufwachsende Gehölze zurückzudrängen, zudem wurden die Wasserlebensräume optimiert. „Der Aufwand durch die gemeinschaftlichen Habitatmaßnahmen hat sich allemal gelohnt und der Glockenfrosch findet nun im Kaltebachtal und in der Barley wieder gut geeignete Lebensräume“ freut sich Dr. Michael Lücke, Förster für Waldökologie.
Bestände der Amphibien sollen sich erholen
An beiden Standorten ist eine natürliche Erholung der Bestände bei kontinuierlicher Pflege der Lebensräume zwar wahrscheinlich, würde aber aufgrund der aktuell geringen Populationsgröße mehrere Jahre benötigen, in denen allgemeine Gefährdungsursachen wie Klimawandel, Fressfeinde und Krankheiten zu erneuten Bestandseinbrüchen führen könnten, bis die Populationen zu einer stabilen Größe herangewachsen sind. Zusätzlich ist durch den starken Rückgang der beiden Populationen eine genetische Verarmung zu erwarten. „Im Rahmen des Projektes wurde ein genetisch gut geeigneter Zuchtstamm aus Goslarer Geburtshelferkröten etabliert, der es ermöglicht, die Bestandsentwicklung zu beschleunigen und gleichzeitig die genetische Vielfalt und somit auch die Anpassungsfähigkeit, z. B. auf veränderte klimatische Bedingungen, der gestützten Populationen zu erhöhen“, erklärt Dr. Mirjam Nadjafzadeh, Nabu-Projektleiterin von Life Bovar.
Die Auswilderung letztjähriger, in menschlicher Obhut aufgezogener Tiere hat sich im Rahmen des Projektes bei Wiederansiedlungen als erfolgreich erwiesen. Die größeren Geburtshelferkröten haben eine deutlich höhere Überlebenswahrscheinlichkeit im Freiland und starten oft schon im Folgejahr mit ihrer besonderen Fortpflanzungsstrategie: Die Männchen betreiben echte Brutfürsorge und tragen die Laichschnüre um ihre Hinterbeine gewickelt mit sich herum, bis die Larven schlupfreif sind.
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