Uehrde. Der FDP-Kandidat Ali Abo-Hamoud möchte weniger über die Natureingriffe sprechen und dafür mehr über bereits erfolgte Schutzmaßnahmen.

„Alle 14 Tage wird hier gesprengt“, sagt Uwe Schridde und zeigt über den Gipsbruch in die Ferne, wo kleine Erdhäufchen neben nicht erkennbaren Bohrlöchern liegen. „Immer Donnerstags“, sagt Ali Abo-Hamoud augenzwinkernd und sichtlich erfreut über die eigene Fachkenntnis. Der FDP-Landtagskandidat im Wahlkreis 12 Göttingen/Harz hat zur Gipsbruchbegehung mit Rump & Salzmann-Werkleiter Schridde und dem FDP-Spitzenkandidaten Stefan Birkner eingeladen.

Abo-Hamoud kennt die Gipsabbaugelände bei Uehrde und Dorste gut, während seines Studiums an der TU Clausthal hat er hier ein Praktikum absolviert und in dieser Zeit auch schweres Gerät bewegt. Dem Student ist auch die Praxis wichtig: „Ein Master im Studium sollte auch praktische Kenntnisse haben wie ein Meister in der Lehre“, sagt er. Trotzdem möchte der gebürtige Syrer nach seinem Abschluss in Clausthal noch ein weiteres Studium beginnen: Politikwissenschaft an der Fernuni Hagen.

Dezidierte Meinung zum Gipsabbau

„Ich liebe Politik und möchte dem auch eine akademische Grundlage geben“, sagt Abo-Hamoud. Durchaus in Kombination mit seinem ersten Studium in Energie und Rohstoffversorgungstechnik – mit dem Ziel, fundierte Energiepolitik zu machen: „Wie wichtig dieses Feld ist, sehen wir zur Zeit.“

Warum dann der Termin im Gipsbruch? Nun ja, die FDP und auch Abo-Hamoud haben eine dezidierte Meinung, wenn es um den Abbau im Harz geht: „Ja, auf jeden Fall“ ist dann seine Antwort, die schon beim Wahlforum unserer Zeitung wie aus der Pistole geschossen kam. „Uns fehlt manchmal die Wertschätzung für die Reichtümer vor Ort“, sagt der 27-Jährige und meint Rohstoffe. Ihm liege auch der Naturschutz am Herzen – und der sei in Deutschland mit all seinen Regeln für den Gipsabbau am Ende nachhaltiger, als würde die Industrie nach Marokko abwandern, wo sich um Renaturierung nicht gekümmert wird.

Ali Abo-Hamoud beklagt diesen regionalen Blick, der nicht das große Ganze in den Blick nimmt. Denn für ihn steht fest: Gips als Baustoff wird noch lange gebraucht werden. Aber nicht nur als Baustoff: „Da geht es zwar nicht um riesige Mengen, aber auch für Kloschüsseln oder für Zahntechnik brauchen wir Gips“, erklärt Werkleiter Schridde, während er die Besucher im Geländewagen über die staubigen Wege manövriert; vorbei an feinem und grobem Kies, an riesigen Baggern und einem Mann mit Helm, der allein dem Feierabend entgegen arbeitet. Ali Abo-Hamoud grüßt ihn freundlich durch das offene Autofenster und ruft: „Moin!“ Immer wieder hält er das Handy raus und dreht kurze Videos für seinen Instagram-Kanal.

Gips und Windräder

Mit Werkleiter Uwe Schridde hat Abo-Hamoud den richtigen gefunden, um dem Harzpublikum zu zeigen, dass Gipsabbau und Naturschutz sich zumindest nicht völlig ausschließen. Schridde weiß, dass Gips auch für Fundamente von Windrädern gebraucht wird, schwärmt von den Uhus, die sich im Gipsbruch ansiedeln und engagiert sich im Förderverein des Karstwanderwegs.

Aber auch die harten Fakten kennt er, zum Beispiel, wie das umliegende Naturschutzgebiet fachgerecht gepflegt wird. Oder wie groß die volkswirtschaftliche Bedeutung des Gipsbruchs mit seinen 28 Mitarbeitern vor Ort tatsächlich ist. Dazu liegt eine Studie des Beratungsunternehmens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vor, die auch Arbeitsplätze in der Maschinenproduktion und Derartiges berücksichtigt.

Arbeitsplätze für den Harz

Und die Region braucht ja eher mehr Arbeitsplätze, merkt Ali Abo-Hamoud an. Er will junge Menschen für den Harz begeistern und in die Region locken, das geht nur mit guten Arbeitsplätzen. Und da sieht es bislang dürftig aus, da sind sich parteiübergreifend alle einig. Vor allem Industrie soll sich nach Abo-Hamouds Vorstellung ansiedeln. Aber wie?

Da hilft sich der Student mit einer etablierten FDP-Antwort: Bürokratieabbau. Und natürlich mit der Perspektive, dass noch lange Gips im Harz abgebaut werden kann. Zwei bis drei Jahrzehnte werden es in Uehrde noch sein, erklärt Uwe Schridde. Die meisten Beschäftigten könnten in den umliegenden Werken noch länger arbeiten, „aber mancher fragt sich natürlich schon, was die Zukunft so bringt“, sagt der Werkleiter.

Alternativen diskutieren

Wenn es soweit ist, wird dieser Bruch nicht vollständig zugeschüttet werden, aber in das umliegende Naturschutzgebiet integriert. „Es wird zu viel über Natureingriffe im Rahmen des Gipsabbaus gesprochen und zu wenig über die von den Betreibern getroffenen Schutzmaßnahmen“, sagt Abo-Hamoud. Zwar sei es jederzeit wichtig, Alternativen zu diskutieren. Der 27-Jährige glaubt aber, dass es in dieser krisengeschüttelten Zeit schlicht keine ausreichenden Ressourcen gibt, um in deren Erforschung und flächendeckende Markteinführung zu investieren.

Wenn mit dem Kohle-Aus auch der Rea-Gips wegfällt, betrifft das laut Schridde etwa die Hälfte der deutschen Gipsproduktion. „Gips aus fernen Ländern zu importieren ist nicht günstiger und auch nicht besser für die Umwelt“, sagt Ali Abo-Hamoud. „Rohstoffe sind Schätze, die es gilt, zu nutzen.“