Göttingen. Was hat Niedersachsens Landesregierung für unsere Region geschafft? Heute: Die Situation der Polizeiinspektion Göttingen und das Sicherheitsgefühl.

Bis zu 3.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei: Das hat sich die Niedersächsische Regierungskoalition aus SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag von 2017 vorgenommen. 950 waren es dann zur Halbzeit. Aber wie viele davon verstärken die Göttinger Polizeiinspektion, die für unsere Region zuständig ist? Und wie steht es um das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen im Abgleich mit der tatsächlichen Kriminalität im Landkreis?

Vorneweg: Die Göttinger Polizei ist jedes Jahr personell gewachsen. Hatte sie im Jahr 2018 noch 585 Vollzeitstellen, sind es 2021 616, also 31 mehr. Für die Verteilung gibt es einen speziellen Personalschlüssel, das macht Vergleiche schwer. Von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) heißt es auf Nachfrage zu dem Stellenzuwachs, damit sei in erster Linie auf die zunehmenden polizeilichen Aufgaben reagiert worden – eine tatsächliche Entlastung sei so nicht erfolgt, da lediglich neu entstandene Belastungen aufgefangen worden seien.

Es steht eine Pensionierungswelle bevor

„Nach wie vor können personelle Engpässe nur durch Engagement und Flexibilität der Kolleginnen und Kollegen gemeistert werden. Das hat sich zuletzt insbesondere bei der Vielzahl der Proteste gegen die Corona-Politik gezeigt, als wir oft am Limit gearbeitet haben“, erklärt Gerd Hartung, Vorsitzender der GdP-Kreisgruppe Göttingen. Die GdP fordere deshalb eine echte Stärkung der Personaldecke.

In den nächsten Jahren müssten viele Kolleginnen und Kollegen infolge einer Pensionierungswelle ersetzt werden, so die GdP. Die Personalverteilung müsse künftig so angepasst werden, dass auch die originären Aufgaben kleinerer Dienststellen erfüllt werden können. Das sei gerade in einem Landkreis wie Göttingen wichtig, „denn entscheidend ist, dass die Polizei im ländlichen Raum genauso präsent ist wie in der Stadt“, so die GdP.

Der Göttinger Hauptkommissar und stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Kevin Komolka, sagt zur Personalsituation: „Wir haben in den Haushaltsdebatten letztes Jahr in letzter Sekunde erreichen können, dass hunderte Stellen bei der Polizei Niedersachsen dauerhaft gesichert wurden, die sonst bis 2025 weggefallen wären. Damit ist es aber nicht getan. Die Polizei in Göttingen wie in ganz Niedersachsen braucht weiterhin dringend Verstärkung, dafür werden wir uns im Vorfeld der Landtagswahl stark machen.“

Wie sicher fühlen sich die Menschen in der Region?

„In Niedersachsen lebt man sicher“, ist die subjektive Einschätzung der Landesregierung in ihrer Halbzeitbilanz. Das deckt sich mit dem subjektiven Empfinden der Bürgerinnen und Bürger. Laut unseres „Niedersachsen Check“ meinen 80 Prozent der Wahlberechtigten, dass sie sich in ihrer eigenen Stadt oder Gemeinde sicher fühlen können. Je kleiner ein Ort, desto sicherer fühlen sich die Leute. Aber passt das Gefühl zur Kriminalitätsstatistik?

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Fest steht: Die Fallzahlen der Polizeiinspektion Göttingen haben sich unter der aktuellen Regierung nur im ersten Jahr signifikant verbessert. Im Jahr 2018 (20.510) waren es rund 1.500 Fälle weniger als im Vorjahr (22.081). Auf dem Niveau blieben die Zahlen dann ziemlich konstant. Aber: Die Aufklärungsquote erreichte 2020 und erneut 2021 ein Zehn-Jahres-Hoch. Inwieweit diese Quote oder ein paar Polizisten mehr das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erklären können, sei dahingestellt.

Neue Deliktformen wirken vielleicht ungefährlicher

Wahrscheinlicher ist, dass infolge der Pandemie viele Menschen zuhause blieben und so gut wahrnehmbare Delikte wie Wohnungseinbrüche deutlich zurückgingen, während weniger sichtbare Straftaten wie Corona-Subventionsbetrüge und gefälschte Impfausweise die Fallzahlen auf Niveau hielten, überdies aber eher kein Gefühl persönlicher Gefährdung auslösen dürften. Eine solche Interpretation der Zahlen legen auch die Kommentare der Polizei zur Kriminalstatistik nahe.

Fazit: In der Wahrnehmung der Polizei selbst ist der Stellenausbau der Landesregierung eher ein Pflaster für den Notfall, als ein echter Beitrag zu mehr Sicherheit. „Alle Menschen müssen sich zu jeder Zeit an jedem Ort sicher fühlen“, steht im Koalitionsvertrag von SPD und CDU. Das ist wohl kaum möglich; 80 Prozent, die sich in ihrer eigenen Stadt oder Gemeinde sicher fühlen, sind aber ein guter Wert.