Göttingen. Ein beliebter Göttinger Veranstaltungsort ist in die Jahre gekommen: Nun wird die 174 Meter lange Lokhalle modernisiert – für zehn Millionen Euro.

Früher wurden hier Lokomotiven ertüchtigt – jetzt wird die Lokhalle selbst „ertüchtigt“. Zehn Millionen Euro soll das kosten und bei laufendem Betrieb in drei Jahren geschehen. Genutzt werden sollen vor allem die Sommerpausen. Über den Bau und Fortschritte will die GWG Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung Göttingen informieren. Regelmäßig soll es Führungen geben, zuerst am Sonntag, 8. Mai.

Mächtige Stahlträger – teils mit leichter Rost-Patina, stählerne Kranbrücken mit Monster-Flaschenzügen, ein robuster Estrichboden mit eingelassenen Schienensträngen, aufgestellte Dachfenster durch die das Licht gebrochen in Streifen fällt, den riesigen Innenraum fast mystisch einhüllt: Das ist sie, die Lokhalle. Industriedenkmal und größtes Veranstaltungszentrum der Region. Bundesweit prämiert als Top-Veranstaltungsort. Und ausgestattet mit einem faszinierenden Flair.

24 Jahre ist sie in neuer Funktion in Betrieb, 1920 war der Originalbau abgeschlossen worden. Millionen Besucher haben sie gesehen, ja erlebt. Damit das so bleibt, folgt jetzt nach 24 Betriebsjahren als Veranstaltungszentrum die „Ertüchtigung“, wie die Stadt und deren hundertprozentige Tochter GWG als Betreiberin das nüchtern und sperrig bezeichnen. „Die Lokhalle muss mit der Zeit gehen – sie ist jetzt ein Ertüchtigungsfall“, bringt es GWG-Geschäftsführer Jens Düwel auf den Punkt. Die Ertüchtigung sei generell notwendig und weniger, im Vergleich zu anderen Kultur-Bauten in Göttingen durch Versäumnisse verursacht. „Die Lokhalle ist einfach in die Jahre gekommen.“

Modernisierung im Verborgenen

So wird es weder Neu- noch Anbauten geben, das beeindruckende Gebäude aber vor allem im Inneren und Verborgenen modernisiert, sicherer und energieeffizienter – letztlich aufgewertet – wird.

Dass die Stadt stattliche zehn Millionen – mit möglichen marktbedingten Teuerungen – über günstige Kredite, die an die GWG weitergegeben werden, in die Hand nimmt, sei notwendig und wichtig, wie Oberbürgermeisterin Petra Broistedt sagte. Die Lokhalle erwirtschafte laut Gutachten 25 Millionen Euro pro Jahr, enthalten sind auch Umsätze für Firmen und in der Gastronomie. In der Stadt und Region blieben so 15 Millionen Euro Wertschöpfung.

Jens Düwel (von links), Alessa Brill, Kai Ahlborn, Petra Broistedt, Nicole Klammer.
Jens Düwel (von links), Alessa Brill, Kai Ahlborn, Petra Broistedt, Nicole Klammer. © HNA | Thomas Kopietz

Zudem sei die Lokhalle nach wilden Diskussionen vor ihrer Wiedergeburt als Veranstaltungszentrum nun zu einem „Identifikationsanker für Göttingen geworden“, so Broistedt.

Gelitten hat das Hallen-Management in der Pandemie: Vorher lag die Auslastung bei 100 Prozent – jetzt bei 50 Prozent wie Kai Ahlborn sagt. Die so entstandene Zeit nutzten der Stellvertreter und die Hallenleiterin Nicole Klammer, um zu fragen: „Was muss verbessert werden?“ Heraus kam der Ertüchtigungsplan, der mithilfe des Büros onp-Schwieger umgesetzt wird.

Technik, Beleuchtung und Inszenierung

Aufgepäppelt wird nun die technische Gebäudeausrüstung (TGA) mit Lüftungsanlagen, Brandmeldeanlage und Elektro-Installationen. Am auffälligsten für die Besucher wie Ahlborn sagt, wird das neue Beleuchtungskonzept samt LED-Technik. Innen wie Außen soll die Lokhalle mehr ausstrahlen – die Fassaden-Illumination kann farblich variiert werden – abgestimmt auf die Corporate-Design-Farben der Mieter.

Generell soll die Lokhalle als Industriedenkmal auch eindrucksvoller inszeniert werden. Innen wird es bessere Verdunklungsmöglichkeiten geben. Außen auch Photovoltaik-Elemente auf dem Dach, was Anforderungen an die Statik und Planung stellt, wie Alessa Brill von onp sagt.

WLAN geplant, Keller wiederentdeckt

Extrem wichtig ist laut Kai Ahlborn das Schaffen einer modernen IT-Infrastruktur mit einem flächendeckenden WLAN-Netzwerk – heute Standard in Veranstaltungshallen. In der Lokhalle musste es vor allem für Messen aufwendig und teuer per Verkabelung gelegt werden.

Genutzt werden sollen auch unterirdische Gänge wie einstige Gruben zur Lok-Wartung und auch wiederentdeckte kleinere Kellerräume, die in den 30er-Jahren auch als Bunker angelegt wurden. Gitter sollen Besuchern auch Einblicke in den Untergrund ermöglichen.

Broistedt betont, dass für die Modernisierung auch mehr Fördergeld eingeworben werden wollen. 200.000 Euro habe man bereits bekommen.

Als „Erkunder“ könnten die Planer auch Campino von den Toten Hosen gebrauchen. Der Sänger kletterte 2005 beim Konzert vor 6.000 Fans mutig an einem Stahlträger empor. Der hielt stand.