Göttingen. Angeklagter muss sich wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie eines versuchten schweren Missbrauchs verantworten.

Das Landgericht Göttingen hat am Freitag einen 41-jährigen Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie eines versuchten schweren Missbrauchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Kammer hielt es am Ende des seit Anfang Juni laufenden Prozesses für erwiesen, dass der Angeklagte im Frühjahr 2016 bei einem Ferienaufenthalt in einer Wohnung im Altkreis Osterode den siebenjährigen Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin missbraucht hatte. Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte dagegen auf Freispruch plädiert. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe bestritten.

Die Richter hielten die Schilderungen des betroffenen Kindes jedoch für glaubhaft. Die Kammer habe die Aussagen intensiv geprüft, sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Leist. „Am Ende hatten wir keine Zweifel, dass die Angaben in hohem Maße erlebnisbasiert sind.“ Der Junge habe die vielen Details nur berichten können, weil er das Geschilderte erfahren habe.

Das betroffene Kind hatte nach Angaben der Richterin schon vorher schlimme Erfahrungen machen müssen. Als er zweieinhalb Jahre alt war, habe der Vater die Familie verlassen. Als er vier Jahre alt war, sei der Vater plötzlich wieder aufgetaucht, gleichzeitig sei die Mutter verschwunden. Der Junge sei nie in der neuen Familie des Vaters angekommen und schon früh in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gelandet. Später sei er in eine Kinderwohngruppe gekommen. Das Leben des Kindes sei von Abbrüchen geprägt, sagte die Richterin. Zu all diesen Erfahrungen seien dann jene Geschehnisse hinzugekommen, für die sich nun der Angeklagte vor Gericht verantworten musste.

Auch der 41-Jährige hatte nach Angaben der Richterin einen schweren Start ins Leben. Er sei früh aus der Familie genommen worden und habe ebenfalls einige Zeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie verbracht. Als er volljährig wurde, sei er „einfach ins Leben gespuckt“ worden. Der Angeklagte habe trotz der schwierigen Ausgangsbedingungen die „Kurve gekriegt“, sich immer um Arbeit bemüht und mehrfach Beziehungen zu Frauen aufgebaut. Die Beziehung zu der Mutter des Siebenjährigen endete nach einem halben Jahr, Anlass waren die Missbrauchsvorwürfe.

Im Osterurlaub missbraucht

Zu den Vorfällen soll es vor drei Jahren bei einem Osterurlaub gekommen sein. Auf diesen Urlaub habe sich der Junge sehr gefreut, weil ihm erstmals erlaubt wurde, zwei Wochen mit der Mutter zu verbringen, sagte die Richterin. Der Siebenjährige habe den damaligen Freund der Mutter gemocht und ihn „cool“ gefunden. Nach Überzeugung des Gerichts gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Junge bei seinen Aussagen von anderen beeinflusst wurde oder den Freund seiner Mutter zu Unrecht belasten wollte. Der Angeklagte habe einen massiven Vertrauensmissbrauch begangen, sagte die Richterin. Zu seinen Gunsten wertete die Kammer, dass der 41-Jährige bislang nicht vorbestraft ist.

Am Ende ihrer Urteilsbegründung ging die Vorsitzende Richterin noch kurz auf das Schlusswort des Angeklagten ein. Dieser habe erklärt, dass es ihm leid tue, was mit dem Jungen geschehen sei, und dann ergänzt: „Aber ich war es nicht“. Es sei zu wünschen, so die Richterin, „dass es dabei bleibt, dass es ihm leid tut“.