Göttingen. Vor 20 Jahren eröffnete die sanierte Göttinger Lokhalle als Location für Veranstaltungen. Der Weg dorthin war jedoch lang.

Die Lokhalle feiert 20-jähriges Bestehen. Am 17. Dezember 1998 ist nach mehr als 20 Jahren Leerstand erstmals in der sanierten Halle wieder ein Fußballspiel ausgetragen worden. Zur offiziellen Eröffnung im Februar 1999 kamen 20.000 Besucher.

Der Weg zur modernen Veranstaltungshalle war lang. Bis 1976 diente das 180 mal 90 Meter große Gebäude noch als Ausbesserungswerk für die Bahn. Nach der Schließung fiel sie mehr als 20 Jahre lang in einen Dornröschenschlaf und verfiel. Dann begann ein jahrelanges Ringen um die Zukunft der Lokhalle. Schon 1978 nahm die Stadt Verhandlungen mit der Bahn auf, um das 85.000 Quadratmeter große Gelände zu kaufen. Kostenpunkt: neun Millionen Mark. Der erste Plan für den Bereich: eine Schnellstraße. Daraus wurde nichts, der Göttinger Architekt Jochen Brandi kam ins Spiel und legte 1979 ein Konzept für ein multifunktionales Kulturzentrum vor. „Brandi hat das Gelände neu entdeckt”, sagt Klaus Hoffmann, damals Hochbauamtsleiter der Stadt und später langjähriger Chef der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Göttingen (GWG).

Bis 1976 wurden in der Lokhalle Eisenbahnen repariert. Seit mittlerweile 20 Jahren dient die Halle anderen Zwecken.
Bis 1976 wurden in der Lokhalle Eisenbahnen repariert. Seit mittlerweile 20 Jahren dient die Halle anderen Zwecken. © Privat

Hoffmann erinnert sich, dass die Idee, hinter dem Bahnhof ein Veranstaltungszentrum zu bauen, damals bei vielen Göttingern auf Skepsis stieß. „Das war damals die falsche Seite der Stadt”, sagt Hoffmann. Hinter den Bahnhof ging man nicht. Dennoch gewann die Idee immer mehr Anhänger. Auch Hermann Schierwater, späterer Stadtdirektor, sprach sich für ein Veranstaltungszentrum aus. Jahrelang beschäftigen sich Rat und Verwaltung mit der Halle, auch eine Bürgerbewegung machte sich für die Erhaltung stark. Nur: Die Kosten waren immer wieder das Problem. „Brandi sprach damals von zwei, ich von 20 Millionen Mark”, sagt Hoffmann heute lachend. Es wurden am Ende etwa 25 Millionen.

Viele hatten sich für die Halle interessiert. Hoffmann erinnert sich an den Künstler Anselm Kiefer, der ein Atelier aus ihr machen wollte. Immer aber hing das Damokles-Schwert des Abrisses über der Halle. „Wir hatten unzählige Nutzungsvorschläge auf dem Tisch”, sagt Hoffmann. „Ein riesiger Katalog jenseits der wirtschaftlichen Machbarkeit.“ Hoffmann wurde Chef der GWG und damit ab 1992 verantwortlich für die Planung.

1983 kaufte der Göttinger Bauunternehmer Hans-Jürgen Ebel das Gelände samt Halle von der Bahn. 1985 wurde der Bebauungsplan für die Bahnhofswestseite rechtskräftig. 1986 beantragte Ebel den Abriss der Halle wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit. Die Stadt kaufte das Gelände zurück, Ebel baute das Arbeitsamt. Weitere Nutzungen wurden in den nächsten Jahren diskutiert, vom Archivlager bis hin zum Zirkus-Winterlager. Unterdessen haben feierfreudige Göttinger die Halle illegalerweise für sich entdeckt. Verbotene Techno-Partys mit mehr als 1.000 Besuchern im baufälligen Industriedenkmal waren bis 1993 nur eine kurze Episode.

1996 dann kam Rettung – in Gestalt des Kino-Königs Hans-Joachim Flebbe. Er wollte ein Kino an der Lokhalle bauen. Das Göttinger Cinemaxx war eines der ersten fünf Großkinos bundesweit. „Das war der Durchbruch“, sagt Hoffmann. In dem Jahr, als das Kino eröffnete, kamen knapp 700.000 Besucher – auch, um den neuen Film „Titanic“ auf großer Leinwand zu sehen. Flebbes Vorstoß führte dazu, dass die Verwaltung von ihren Abrissplänen Abstand nahm und mithilfe eines kalifornischen Architektenbüros ein neues Nutzungskonzept erarbeitete. 1998 dann fasste der Rat den endgültigen Beschluss, die Halle zu sanieren. Am 17. Dezember fand die erste Veranstaltung statt. Hoffmann erinnert sich, dass sich die Verantwortlichen, als der Rohbau stand, fragten, ob solch eine große Halle überhaupt mit Besuchern voll zu bekommen ist. Die Frage hat sich schnell erübrigt.

"Wetten, dass..." gastierte im Jahr 2002 in der Lokhalle. © Privat