Harz. Die Verwaltung des Nationalparks Harz stellt die Ergebnisse des Brutvogel-Monitorings am Achtermann vor.

Der Achtermann nahe Königskrug liegt in den Hochlagen des Nationalparks Harz. Er ist der dritthöchste Berg Niedersachsens und der vierthöchste des Harzes. Zwischen rund 750 und 900 Metern über dem Meeresspiegel liegt hier einer der Bereiche, in denen in den letzten Jahren eine starke Naturdynamik den Wandel zu einem naturnahen Wald eingeleitet hat.

Borkenkäfer ließen die alten Fichten absterben, zwischen den zahlreichen toten Stämmen keimt die neue Wildnis. Ergebnisse eines langfristig angelegten Monitoringprogramms zeigen Auswirkungen dieser natürlichen Waldentwicklung auf die Vogelwelt. Auf einer am Achtermann gelegenen Probefläche konnten deutlich mehr Vogelarten erfasst werden als noch vor zehn Jahren. Darüber berichtete Biologin Caren Pertl, die im Fachbereich Naturschutz des Nationalparks tätig ist. Bundesweit wird auf quadratkilometergroßen Probeflächen das sog. Monitoring häufiger Brutvögel (MhB) durchgeführt. Ziel dieses Programms ist es, langfristige Bestandsentwicklungen häufig vorkommender Vogelarten zu dokumentieren. Insgesamt gibt es in Deutschland 2544 dieser Probeflächen. Im Nationalpark Harz wurde ein verdichtetes Stichprobennetz mit 28 Monitoringflächen eingerichtet.

Fläche hat sich stark verändert

Eine dieser Probeflächen befindet sich am Achtermann zwischen Oderbrück und Königskrug. 2008 war diese Fläche größtenteils noch dicht mit vitalen Fichten bewachsen, auch wenn sich bereits einige Borkenkäfervorkommen zeigten. Zehn Jahre später sieht das Bild ganz anders aus: Sturm und Borkenkäfer haben die Fläche im Laufe der Jahre stark verändert.

Die veränderten Bedingungen machen sich auch bei den dort vorkommenden Arten bemerkbar. Auf den ersten Blick erkennt man, dass 2018 mit 33 Arten deutlich mehr Spezies auf der Probefläche erfasst werden konnten als 2008 – damals waren es nur 20 Vogelarten. Das heißt nicht, dass alle diese Arten automatisch dort gebrütet haben, der Turmfalke z. B. mit Sicherheit nicht.

Fichtenkreuzschnabel.
Fichtenkreuzschnabel. © Elaine R. Wilson

Für einige Vogelarten erschließen sich in den totholzreichen, lichten Bereichen jedoch durch die vielfältigeren Strukturen auch andere Nutzungsformen, z. B. als Nahrungs- bzw. Jagdflächen. Auffällig sind in diesem Zusammenhang die Beobachtungen der Tag- und Nachtgreife Rotmilan, Mäusebussard, Turmfalke, Raufuß- und Sperlingskauz – sie alle haben in dicht geschlossenen Fichtenforsten äußerst schlechte Aussichten auf Jagderfolg.

Die Käuze profitieren zudem von den Spechthöhlen, die in stehendem Totholz vermehrt vorkommen. Da sie selbst keine Höhlen bauen können, brauchen sie die Spechte als „Vorarbeiter“.

Auch einen Wendehals wird man in einförmigen Fichtenbeständen nicht finden. Eigentlich eine Art der Streuobstwiesen, war dieser Vogel vermutlich noch auf dem Rückweg aus dem Überwinterungsgebiet und hat eine Rast im Oberharz eingelegt, als er sich im April bemerkbar machte. Baumpieper wiederum, jetzt zahlreich auf der Probefläche vertreten, scheinen von der Entwicklung im Nationalpark Harz direkt zu profitieren.

Während die Baumpieper hier eine stabile bis leicht positive Bestandsentwicklung aufweisen, zeigen sich auf europäischer, aber auch bundesweiter Ebene negative Tendenzen.

Selbstverständlich lassen sich die Ergebnisse aus zwei Erfassungsjahren auf einer Probefläche nicht für den gesamten Harz verallgemeinern. Dennoch zeigt dieses Beispiel die Entwicklungsmöglichkeiten, die diese auf den ersten Blick „tot“ wirkenden Lebensräume bieten. Nicht nur Vögel, auch zahlreiche weitere Arten profitieren von der natürlichen Walddynamik, die aktuell in vielen Bereichen des Nationalparks Harz erkennbar ist.

Viele Arten sind auf Totholz angewiesen.
Viele Arten sind auf Totholz angewiesen. © Mandy Bantle