Braunschweig. Eine Mitarbeiterin soll 2000 Anträge illegal gewährt haben – viele aus Niedersachsen. Sie leitete die Bamf-Außenstelle in Bremen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) steht im Mittelpunkt eines Skandals: Ermittler gehen davon aus, dass eine leitende Mitarbeiterin der Behörde in etwa 2000 Fällen Asyl gewährt haben soll, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren. Es geht um die Zeit zwischen 2013 und 2017 – und vor allem um eine kurdische religiöse Minderheit aus Syrien und dem Irak: die Jesiden.

Die Mitarbeiterin leitete die Bamf-Außenstelle in Bremen. Sie wurde suspendiert. Sie soll mit drei Anwälten aus Hildesheim, Oldenburg und Bremen zusammengearbeitet haben. Demnach haben diese systematisch Asylbewerber zugeführt. Der Anwalt aus Hildesheim soll Asylbewerber busweise nach Bremen gefahren haben. Der Verdacht lautet auf Bestechung/Bestechlichkeit. Die Außenstelle Bremen war formal für die Antragsteller gar nicht zuständig, die Leiterin hat über die Anträge in Eigenregie offenbar dennoch entschieden. Die meisten der 2000 Fälle kommen aus Niedersachsen und NRW. Nur 98 der Asylanträge lagen im Zuständigkeitsbereich der Bremerin.

Am Mittwoch und Donnerstag durchsuchten Ermittler acht Objekte, darunter die Wohnungen der Anwälte und der ehemaligen Bamf-Mitarbeiterin. Der Bremer Anwalt ist der Ex-Lebensgefährte der Beschuldigten. All dies geht aus einem internen Schreiben der Polizei vom Donnerstag und aus einem Brief von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) an den damaligen Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise von 2016 hervor. Beide Dokumente liegen unserer Zeitung vor. Über den Fall hatten zuerst „Süddeutsche Zeitung“, NDR und Radio Bremen berichtet.

Auslöser der Ermittlungen war, dass eine Familie aus der Region Hannover kurz vor der Abschiebung einen positiven Asylbescheid aus Bremen erhalten hatte. Minister Pistorius wandte sich ans Bamf, beschwerte sich. Obwohl sein Brief vom 21. September 2016 stammte, nahmen die Ermittlungen erst Ende 2017 an Fahrt auf, wie aus dem Polizeischreiben hervorgeht. Erst dann leitete die Zentrale Antikorruptionsstelle Bremen ein Verfahren ein.

Die Bremer Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten „bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragsstellung“ vor, wie eine Sprecherin sagte. Der Twitter-Account der Beschuldigten legt auch moralische Motive nahe. Sie hat offenbar ein großes Herz für Jesiden. Beim Anwalt aus Hildesheim mag der Fall anders liegen. Bei ihm fand die Polizei eine scharfe Pistole. Die Beschuldigten waren bislang nicht zu erreichen.