Berlin. Vor den BSW-Erstmitgliedern rechnet Sahra Wagenknecht mit der Regierungspolitik ab – und schwört ihre Partei auf ein Versprechen ein.

Die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat die Deutschen beim Gründungsparteitag ihres „Bündnissen Sahra Wagenknecht“ (BSW) aufgefordert, für Neuwahlen und ein Ende der „unsäglichen“ Ampel-Politik auf die Straße zu gehen. Die Koalition kenne die Probleme der Menschen nicht, sagte die 54-Jährige mit Blick auf die Bauern-Proteste. Vom Höfesterben habe „die Ampelriege noch nie etwas gehört“. Wenn Politiker der Ampel wie zuletzt gegen die Ergebnisse der eigenen Politik demonstrierten, beweise dies ihre Heuchelei und Scheinheiligkeit. „So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen“, erklärte Wagenknecht.

Die Ukraine-Politik der Bundesregierung bezeichnete sie als „unverantwortlich und menschenverachtend“, die Ukrainer müssten leiden, um „unsere Freiheit zu verteidigen“, sagte sie. Wer sich für ein Ende der Waffenhilfe für die Ukraine und für Verhandlungen mit Russland ausspreche, werde als „Putin-Troll“ oder rechts diffamiert. Jahrelang habe man den Leuten „eingehämmert, dass alles Vernünftige rechts sei“, behauptete Wagenknecht in ihrer Rede vor den Erstmitgliedern ihrer Partei. Da sei es nicht verwunderlich, dass die Leute irgendwann tatsächlich eine rechte Partei wählten – und zwar die AfD.

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Auch sie selbst habe Angst vor einem Erstarken der AfD, erklärte Wagenknecht. Doch anstatt gegen Rechtsextremismus auf die Straße zu gehen, müsse für konkrete Ziele demonstriert werden: etwa einen Mindestlohn von 14 Euro, höhere Renten, einen Mietendeckel, Neuwahlen und das Ende der Ampel. „Dafür bräuchten wir Massendemonstrationen“, so die Parteigründerin unter dem Applaus der Mitglieder. Letztere forderte die Vorsitzende auf, zusammenzuhalten und „pfleglich miteinander umgehen“. Man sei keine „Linke 2.0“ und wolle keine Partei der „Intrigen und des Postengeschachers wie alle anderen“ werden.

Wagenknecht kritisiert feministische Außenpolitik

Wagenknecht kritisierte insbesondere die feministische Außenpolitik der Grünen-Ministerin Annalena Baerbock und die Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, wo Frauen noch immer gesteinigt und Journalisten zersägt würden. Dennoch sei die „grüne Welt in Ordnung, wenn in den Rüstungsverträgen gegendert“ werde, so Wagenknecht.

Amira Mohamed Ali (l.), Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine beim Gründungsparteitag der neuen Wagenknecht-Partei.
Amira Mohamed Ali (l.), Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine beim Gründungsparteitag der neuen Wagenknecht-Partei. © DPA Images | Kay Nietfeld

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hatte sich am Samstag in Berlin zu ihrem ersten Bundesparteitag zusammengefunden. Auf der eintägigen Veranstaltung, bei der nach Angaben der Partei 382 Gründungsmitglieder anwesend waren, wurde der Parteivorstand gewählt; den Vorsitz übernehmen Wagenknecht und die frühere Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Am Nachmittag will die Anfang Januar gegründete Partei ihr Programm zur Europawahl am 9. Juni beschließen und ihre Europaliste aufstellen.

BSW-Parteitag beschließt Europawahl-Programm

Der Programmentwurf ist geprägt von scharfer Kritik an der Europäischen Union in ihrer aktuellen Form, das laut der Gastrednerin und Publizistin Daniela Dahn „vom Kopf auf die Füße“ gestellt werden müsse. Das BSW will unter anderem wieder mehr Entscheidungsgewalt für die Nationalstaaten. Weitere Forderungen sind eine deutliche Begrenzung der Migration nach Deutschland, ein Ende der Waffenhilfe für die Ukraine sowie der Bezug von Öl und Gas aus Russland. Als Spitzenkandidaten sind der Finanzpolitiker Fabio De Masi und der frühere SPD-Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel, vorgesehen.

Das Schlusswort des Parteitags, der im ehemaligen DDR-Kino Kosmos im früheren Ostberliner Bezirk Friedrichshain stattfindet, hält am Abend Wagenknechts Ehemann, der frühere SPD- und Linkenpolitiker Oskar Lafontaine. Der 80-Jährige war erst vor wenigen Tagen in die Partei eingetreten. Er zeigte sich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk überzeugt davon, dass das BSW das Potenzial habe, die politische Landschaft nachhaltig zu verändern. Zu einer Zusammenarbeit mit der AfD werde es auf keinen Fall kommen, betonte er. Das hätten bereits alle Verantwortlichen der neuen Partei ausgeschlossen.