Berlin. Die Deutschen sind laut Umweltbewusstseinsstudie für einen klimafreundlichen Wirtschaftsumbau, sorgen sich aber um ihre Lebensqualität.

Wie stehen die Deutschen zum Klimaschutz – und wo bereitet ihnen die Klimapolitik Sorgen? Eine repräsentative Umfrage zeigt jetzt ein interessantes Ergebnis: Die allermeisten Deutschen halten eine Anpassung der Wirtschaft an die Klimakrise für notwendig. Neun von zehn Bundesbürgern (91 Prozent) unterstützen das Ziel, die deutsche Wirtschaft entsprechend umzubauen.

Aber: Ein Großteil sorgt sich gleichzeitig um die sozialen Auswirkungen dieser Transformation. Das geht aus der am Mittwoch vorgestellten Umweltbewusstseinsstudie 2022 von Bundesumweltministerium (BMU) und Bundesumweltamt (UBA) hervor, für die mehr als 2000 Bürgerinnen und Bürger ab dem 14 Lebensjahr online befragt wurden. Beim Ausstieg aus der Atomkraft und dem Tempolimit zeigt sich ein gespaltenes Meinungsbild.

Umweltbewusstseinsstudie: Umwelt- und Klimaschutz verliert leicht an Wichtigkeit

Klimaschutz ist den Deutschen wichtig – andere Fragen aber brennen ihnen deutlich mehr unter den Nägeln: Als wichtigste politische Themen empfinden die Befragten Gesundheit, Bildung, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit. Für 67 Prozent ist der Zustand des Gesundheitssystems ein sehr wichtiges Feld, für 66 Prozent der des Bildungssystems, soziale Gerechtigkeit wird von 59 Prozent als sehr wichtig eingestuft.

Das Thema Kriege und Terrorismus gewinnt im Vergleich zu 2020 und 2018 mit 59 Prozent stark an Bedeutung – „diese Zunahme ist maßgeblich dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zuzuordnen“, heißt es in der Analyse.

Der Anteil der Befragten, die Umwelt- und Klimaschutz als wichtigste Herausforderung wahrnehmen, liegt bei 57 Prozent – und rückt damit im Vergleich zum Vorjahr vom vierten auf den fünften Platz. Vor allem junge Menschen beschäftigt das Klima: Von den 14- bis 29-Jährigen stufen 66 Prozent Umwelt- und Klimaschutz als sehr wichtig ein.

Schlechte Noten bekommt die Bundesregierung: Rund zwei Drittel aller Befragten sind mit den klimapolitischen Maßnahmen der Bundesregierung, aber auch der kommunalen Akteure und internationaler politischer Organisationen unzufrieden. Selbstkritisch bewerten sie auch die eigene Rolle: 71 Prozent sagen, dass die Bevölkerung nicht ausreichend für Umwelt- und Klimaschutz tut. Einzig Umweltverbände und Wissenschaft tun aus Sicht der Befragten (eher) genug.

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Befragten spüren deutlich die Klimafolgen

Dürren, Starkregen, Hitze – die Auswirkungen des Klimawandels werden von der überwiegenden Mehrheit der Menschen wahrgenommen. Über 80 Prozent der Befragten geben an, die Klimafolgen zu spüren. Vor allem Trockenheit, Niedrigwasser und Dürren sind für 85 Prozent mit starken bis sehr starken Auswirkungen offenbar besonders erlebbar.

Das weckt auch das Bewusstsein für gesundheitliche Risiken. Immer mehr Menschen fürchten, dass der Klimawandel ihre Gesundheit gefährden könnte. 73 Prozent schätzen, dass die Klimafolgen äußerst starke oder starke Gesundheitsschäden verursachen.

Eine deutliche Zunahme im Vergleich zu 2016. Damals sagten noch 59 Prozent, dass klimabedingte Umweltfaktoren äußerst stark oder stark schädlich für die Gesundheit sind. Handlungsbedarf sehen die Befragten den Ergebnissen entsprechend mehrheitlich bei der Bekämpfung von Trockenheit und dem Bevölkerungsschutz.

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Gespaltene Meinung bei Atomausstieg und Tempolimit

Das Tempolimit spaltet nicht nur die Bundesregierung, auch in bei den Befragten zeigt sich Uneinigkeit. Auf die Frage, wie wichtig man die Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung bewerte, antworten nur 31 Prozent mit "sehr wichtig". 20 Prozent finden es sogar überhaupt nicht wichtig. Insgesamt spricht sich eine Mehrheit von 57 Prozent (eher) für ein Tempolimit aus, 41 Prozent erachten es als (eher) unwichtig.

Auch beim Atomausstieg ist man sich uneins. 29 Prozent sind definitiv für einen Ausstieg aus der Atomkraft, 18 Prozent bewerten den Atomausstieg als sehr unwichtig. Der Anteil der Befragten die den Ausstieg (eher) wichtig finden, bildet mit 56 Prozent eine knappe Mehrheit, 41 Prozent bewerten ihn als (eher) unwichtig.

Mehrheit befürwortet umwelt- und klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft

Eine überwältigende Mehrheit von 91 Prozent befürwortet zwar einen umwelt- und klimafreundlichen Umbau der deutschen Wirtschaft, gleichzeitig erwarten 74 Prozent, dass ein Umbau die Unterschiede zwischen Arm und Reich vergrößert. 39 Prozent fürchten sogar einen sozialen Abstieg aufgrund des Umbaus.

Verbunden mit dem ökologischen Wirtschaftsumbau äußern zudem 81 Prozent der Menschen, dass sie sich starke Sorgen machen wegen des Anstiegs der Lebensunterhaltungskosten.

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Jüngere Menschen sind zuversichtlicher hinsichtlich einer Transformation als ältere

Mit Blick auf das Alter ist auffällig, wie unterschiedlich zuversichtlich die Menschen auf den ökologischen Wirtschaftsumbau blicken. Insgesamt zeigt sich, dass jüngere Menschen weniger Sorgen bezüglich einer Transformation haben als ältere Altersgruppen. Nur 48 Prozent der jungen Leute fühlt sich verunsichert, 55 Prozent gehen sogar von einer Verbesserung der Lebensqualität aus.

Im Kontrast dazu schürt der Umbau bei den 50- bis 64-Jährigen große Ängste. 63 Prozent fühlen sich verunsichert und nur 34 Prozent gehen davon aus, dass sich dadurch ihre Lebensqualität verbessert.