Berlin/Minsk. Lukaschenko fehlt zum ersten Mal seit 29 Jahren bei einer Staatszeremonie – Spekulationen über seinen Gesundheitszustand nehmen zu.

Zum ersten Mal seit 29 Jahren war der autoritäre Führer von Belarus, Alexander Lukaschenko, bei der offiziellen Zeremonie zum Gedenken an den Tag der Staatsflagge abwesend. Stattdessen wurde der 68-jährige Diktator bei der prunkvollen Staatsfeier vom Regierungschef Roman Golowtschenko vertreten, was Spekulationen über den Gesundheitszustand Lukaschenkos befeuerte.

Das staatliche Fernsehen hatte seit mehreren Tagen keine aktuellen Aufnahmen des Politikers gezeigt, obwohl er eine Gratulationsbotschaft zum Festtag verlesen ließ. Zuvor hatten Medien in der benachbarten Ukraine berichtet, dass Lukaschenko ins Krankenhaus gebracht worden sei.

Lukachenko bei der Militärparade zum Tag des Sieges am Dienstag – Dort wurde er zuletzt gesehen.
Lukachenko bei der Militärparade zum Tag des Sieges am Dienstag – Dort wurde er zuletzt gesehen.

Lukaschenko, der häufig als Europas letzter Diktator bezeichnet wird, besuchte am vergangenen Dienstag in Moskau die Militärparade zum Gedenken an den Sieg der Sowjetarmee über Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg. Dabei wirkte er auffällig geschwächt und verließ vorzeitig die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges am 9. Mai. Es gibt bisher keine offizielle Stellungnahme über seinen Zustand seitens des Präsidentenamtes in Minsk.

Oppositioneller Politiker: Lukaschenko "offensichtlich ernsthaft erkankt"

Der im Exil lebende oppositionelle Politiker Pawel Latuschko, äußerte am Freitag, dass Lukaschenko "offensichtlich sehr ernsthaft erkrankt ist". Vom einstigen Bild eines starken Anführers sei nichts mehr übrig. Latuschko war früher selbst Kulturminister in der Regierung von Minsk. Lukaschenko hatte sich 2020 in einer umstrittenen Präsidentschaftswahl erneut zum Sieger erklärt und die Proteste gegen das Wahlergebnis gewaltsam niedergeschlagen.

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"Er kann schon nicht einmal mehr ein paar 100 Meter gehen, kann keine Reden mehr halten, kann nicht mal mehr gerade auf der Tribüne stehen, wankend vor Schwäche", sagte Latuschko. Das Staatsfernsehen sei hilflos und wisse schon nicht mehr, was es sagen oder zeigen solle.

Als autoritärer Machthaber ist Lukaschenko der zentrale Dreh- und Angelpunkt des politischen Lebens in Belarus (Weißrussland). Sein Verbleib im Amt im Jahr 2020 war vor allem auf die Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückzuführen.

Seitdem ist Belarus wirtschaftlich und finanziell stärker von Russland abhängig als je zuvor. Minsk unterstützt Moskau auch im Krieg in der Ukraine, indem es russischen Streitkräften belarussisches Staatsgebiet für Angriffe auf das Nachbarland zur Verfügung stellt. (dpa/ari)