Washington. Der frühere US-Präsident Donald Trump darf auf die Internet-Plattformen Facebook und Instagram zurückkehren. Zunächst unter Vorbehalt.

Es war ein bis dahin beispielloses digitales Amtsenthebungsverfahren: Weil Donald Trump "die friedliche und gesetzmäßige Machtübergabe an seinen gewählten Nachfolger Joe Biden untergraben will", wie Firmen-Chef Mark Zuckerberg persönlich unmittelbar nach dem Sturm aufs Kapitol in Washington im Januar 2021 schrieb, belegte Facebook den damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten noch vor Ablauf seiner Amtszeit mit einem Sprachverbot.

Zwei Jahre danach darf der 76-Jährige, der hier zuletzt knapp 35 Millionen Abonnenten hatte, wieder zurück auf die monatlich weltweit von rund drei Milliarden Menschen genutzte Plattform.

Die Sperre werde "in den kommenden Wochen" aufgehoben. Die Gefahr für die öffentliche Sicherheit sei nicht mehr gegeben, erklärte Facebook-Vize Nick Clegg. Das gilt auch für den zu Zuckerbergs Meta-Konzern gehörenden Instagram-Kanal, wo Trump zuletzt 25 Millionen Follower hatte.

Trumps Bewährungsprobe kommt durch Justiz in Georgia

Der frühere britische Vize-Premier schickte, wissend, wie kontrovers die Entscheidung aufgenommen würde, sofort eine Warnung hinterher.

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Sollte Trump, der während seiner Amtszeit (2017 bis 2021) laut "Washington Post" nachweisbar weit über 30 000 Unwahrheiten und Lügen in die Welt gesetzt hatte, erneut "regelwidrige Inhalte posten", drohten dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten für 2024 je nach Schwere des Verstoßes abermals Sperren "zwischen einem Monat und zwei Jahren".

Mark Zuckerberg, der Gründer des sozialen Netzwerks Facebook, im Oktober 2019.
Mark Zuckerberg, der Gründer des sozialen Netzwerks Facebook, im Oktober 2019. © Mark Lennihan/AP/dpa

Clegg führte nicht detailliert aus, was Trump auf Facebook sagen müsste, um erneut den Stecker gezogen zu bekommen. Eine erste Bewährungsprobe könnte sich jedoch schon bald ergeben. Alle Anzeichen weisen darauf hin, dass Trump im Bundesstaat Georgia in Kürze mit einer strafrechtlichen Anklage wegen versuchter Wahlbeeinflussung rechnen muss.

Die zuständige Staatsanwältin Fani Willis wirft Trump unter anderem vor, Wahlbeamte rechtswidrig dazu gedrängt zu haben, den knappen Sieg von Joe Biden bei den Wahlen im November 2020 nachträglich zu kippen. Als Beleg dient ein zigfaches veröffentlichtes Telefonat, in dem Trump den damaligen Wahlleiter Brad Raffensperger aufforderte, die für einen Sieg gegen Biden nötigen rund 12 000 Wählerstimmen zu organisieren.

Sollte Trump angeklagt werden, rechnen Analysten in US-Medien mit "schärfsten rhetorischen Geschützen und womöglich sogar versteckten Gewaltaufrufen des Ex-Präsidenten gegen eine ihm angeblich feindliche gesonnene Justiz".

Zuletzt hatte sich Trump immer wieder als Opfer eines "tiefen Staates" (deep state) inszeniert, in dem von den Demokraten unterwanderte Institutionen wie die Bundespolizei FBI für politische Handlangerdienste gegen ihn missbraucht werde. Das FBI weist die Vorwürfe zurück.

Twittern darf Trump seit November wieder – tut es aber nicht

Nach der Entscheidung von Facebook bleibt Trump bis auf weiteres nur der Zugang zum Videokanal YouTube verwehrt, der zu Google gehört.

Twitter-Boss Elon Musk hatte Trump bereits im vergangenen November wieder den Weg zu seinen dort 89 Millionen Anhängern freigeschaltet.

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Weil ihn Exklusiv-Verträge mit seinem eigenen Kommunikationsportal "Truth Social" binden, wo Trump nur 4,3 Millionen Kunden mit seinen "Wahrheiten" zum Tagesgeschehen bedient, hat der New Yorker Geschäftsmann bisher aber darauf verzichtet. Dem Vernehmen nach will Trump, sobald es geht, wieder auf das Twitter-Megafon zurückgreifen – er erreicht damit einfach entschieden mehr Menschen. Facebook ist für ihn nach Angaben eines Wahlkampf-Mitarbeiters vor allem deshalb wichtig, weil über das Portal viele Spenden eingetrieben werden können.

Der Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021: Der
Der Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021: Der "Schamane" war mit anderen bis in den Sitzungssaal des Senats in Washington vorgedrungen. © Manuel Balce Ceneta/AP/dpa

Facebook wie Twitter sahen sich wegen des digitalen Maulkorbs für Trump vor zwei Jahren gemischten Reaktionen ausgesetzt. Einerseits wurde der Bann bei vielen – abgesehen von Trump-Hardcore-Fans – begrüßt. Verbunden mit der Hoffnung, dass der digitale Raum durch weniger Trump-Beiträge entgiftet wird und die Erregungskurven abflachen. Andererseits wurde die Allmacht der Social-Media-Riesen gegeißelt, die ohne gesetzliche Grundlagen auf einmal entscheiden, wer bei ihnen etwas sagen darf und wer nicht. Tenor der Kritiker des Banns: Wer politischen Führungspersonen das ungehinderte Wort verweigert, legt die Axt an eine funktionierende verfassungsmäßige Demokratie.

Bürgerrechtsgruppen rechnen mit weiteren Trump-Lügen

Trump selber reagierte erwartungsgemäß auf seine Wiederzulassung. Seit ihm bei Facebook ungerechtfertigt die Plattform entzogen wurde, habe das Unternehmen Milliarden-Summen verloren, behauptete er in einer ersten Stellungnahme. „So etwas sollte einem amtierenden Präsidenten nie wieder passieren, oder sonst irgendwem, der keine Strafe verdient hat.”

Einige Bürgerrechtsgruppen und viele Demokraten kritisierten Facebooks Freispruch für Trump unter Auflagen als „gefährlich”. Es sei absehbar, dass der Ex-Präsident, der bis zum heutigen Tag seine Wahlniederlage 2020 nicht anerkannt hat und von großflächigem Wahlbetrug spricht, „weiter die Grenzen des Sagbaren ausreizen und übertreten wird". Andere Organisationen erklärten, man müsse im Dienste der Demokratie aushalten, wenn falsche oder radikale Ansichten geäußert würden. Das sei allemal besser als Zensur.