Berlin. Die Strategie von CDU-Chef Merz bei der Niedersachsen-Wahl ist gescheitert. Die Analyse der Parteispitze hat personelle Konsequenzen.

Am Tag nach der heftigen CDU-Wahlniederlage in Niedersachsen gibt sich CDU-Chef Friedrich Merz nur ein bisschen zerknirscht: „Es ist ein Rückschlag“, räumt Merz in der Berliner CDU-Zentrale ein. „Aber wir lassen uns hier überhaupt nicht entmutigen.“ Das Ergebnis sei vielmehr „Aufforderung, jetzt noch intensiver auch in den politischen Themen zu arbeiten.“ Anlass zur Selbstkritik sieht der Vorsitzende nicht. Dabei hatte sich Merz ungewöhnlich intensiv in den niedersächsischen Wahlkampf eingeschaltet, um die Wahl zum „Denkzettel“ für die Berliner Ampel-Koalition zu machen.

Am Ende steht das schlechteste CDU-Ergebnis in Niedersachsen seit fast 70 Jahren. Doch Merz will von der Denkzettel-Strategie gar nichts mehr wissen. Stattdessen betont er nun die Bedeutung der Landespolitik, der das Wahlergebnis in erster Linie geschuldet sei. Und er betont, die CDU schließe das Jahr 2022 – das erste unter seiner Führung – mit zwei gewonnenen und zwei verlorenen Landtagswahlen ab und damit besser als 2021, dem Jahr der Bundestagswahl.

Analyse der CDU-Spitze: Partei fehlt es an Problemlösungskompetenz

Mit dieser Lesart scharen sich auch die Unionsgranden um ihn: CDU-Vize Carsten Linnemann sagt: „Wenn Merz sich nicht so eingesetzt hätte, wäre das Ergebnis schlechter gewesen“. Partei-Vize Silvia Breher erklärt, Ministerpräsident und Wahlsieger Weil habe seinen Amtsbonus mit klarer Abgrenzung zur SPD im Bund gut ausgespielt. Die Niedersächsin hatte in der Wahlnacht für Aufmerksamkeit gesorgt, als sie erklärte, die von Merz geäußerte - und rasch korrigierte - Kritik am „Sozialtourismus“ von Ukraine-Flüchtlingen sei im Wahlkampf nicht hilfreich gewesen. Doch war das keine Abrechnung mit dem Vorsitzenden. Kopfschütteln über kommunikative Schnitzer von Merz gibt es zwar gelegentlich in der CDU, doch Breher hatte auch gleich klargestellt: „Die Ursache für die Niederlage in Niedersachsen liegt sicher nicht in einer Äußerung in Berlin.“

Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin nach der verlorenen Landtagswahl in Niedersachsen: Der CDU Bundesvorsitzende Friedrich Merz (links) und Spitzenkandidat Bernd Althusmann.
Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin nach der verlorenen Landtagswahl in Niedersachsen: Der CDU Bundesvorsitzende Friedrich Merz (links) und Spitzenkandidat Bernd Althusmann. © dpa | Michael Kappeler

Aber die Analyse, die in der Parteispitze stattdessen kursiert, ist für Merz auch nicht erfreulich. In Kurzform lautet sie: Die Wähler haben zu wenig Vertrauen in das Politikangebot der Union – Protest allein genügt für die AfD, aber nicht für die CDU. Generalsekretär Mario Czaja räumt ein: „Es ist uns noch nicht gelungen, die Problemlösungskompetenz zu haben, um Wahlen zu gewinnen.“ Die meisten Menschen hätten „noch nicht den Eindruck, dass wir die bessere Alternative sind“. Umso schwerer wiegt interne Kritik in der Bundes-CDU, dass sich Merz zu wenig mit der Partei und ihrer Profilierung befasse.

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Merz geht auf die Kritiker zu und baut die CDU-Zentrale um

Merz geht am Montag in die Offensive: Er habe erst die Oppositionsführung im Bundestag aufstellen müssen, ab sofort werde er sich viel intensiver um die „Arbeit in der Partei“ und auch um das neue Grundsatzprogramm kümmern. Dafür baut er die Parteizentrale um: Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig wird abgelöst, für ihn kommt Ex-Manager Christoph Hoppe. Neue Leiterin der Stabsstelle Strategische Planung und Kommunikation wird die ehemalige ARD-Journalistin Kathrin Degmair. Merz zeigt Verständnis für die Ungeduld in der CDU, betont aber, Partei- und Fraktionsführung seien erst seit einem halben Jahr im Amt: „Wir sind am Anfang eines Langstreckenlaufs.“

Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de.