Berlin. Niedersachsen hat einen neuen Landtag gewählt. Die SPD liegt laut vorläufigem Endergebnis deutlich vor der CDU. Die FDP fliegt raus.

  • Niedersachsen hat am Sonntag einen neuen Landtag gewählt
  • Laut vorläufigem Endergebnis liegt SPD mit 33,4 Prozent vor CDU mit 28,1
  • Die Grünen legen dagegen deutlich zu und landen mit 14,5 Prozent auf Platz drei
  • Auch die AfD gewinnt stark hinzu und erreicht 10,9 Prozent
  • Die FDP fliegt mit 4,7 Prozent aus dem Parlament raus

Die Menschen in Niedersachen haben einen neuen Landtag gewählt. In den ersten Hochrechnungen liegt die SPD deutlich vor der CDU. Die Sozialdemokraten kommen laut vorläufigem Endergebnis auf 33,4 Prozent der Stimmen, die CDU auf 28,1 – das schlechteste Landesergebnis seit mehr als 60 Jahren. Damit ist die Partei von Amtsinhaber Stephan Weil (SPD) stärkste Kraft. Der 63-Jährige geht damit einer dritten Amtszeit entgegen.

Die Grünen landen mit 14,5 Prozent auf dem dritten Platz, konnten ihr Ergebnis von 2017 stark ausbauen. Auch die AfD hat Grund zum Feiern: Die Rechtsaußenpartei schafft es auf 10,9 Prozent und gewinnt damit ebenfalls deutlich hinzu. Die FDP fliegt aus dem Landtag raus, denn die Liberalen schaffen aktuell nur knapp 4,7 Prozent. Keine Chancen haben ebenfalls die Linken, die laut Hochrechnung auf 2,7 Prozent kommen.

"Wir haben gekämpft und wir haben gewonnen", sagte Wahlsieger Weil am Abend vor strahlenden Genossinnen und Genossen. Er kann sich seinen Regierungspartner nun aussuchen. Rechnerisch kommt in den Prognosen sowohl die große Koalition aus SPD und CDU als auch ein rot-grünes Bündnis auf eine Mehrheit im Landtag. Weil favorisiert allerdings Rot-Grün: Zwischen 2013 und 2017 hatte er in einer solchen Koalition regiert.

Das Ergebnis legt Weil als Zeichen für den Bund aus. "Das waren hier wirklich nicht nur Landtagswahlen", sagte er am Sonntagabend im Landtag in Hannover. "Im Gegenteil, manchmal konnte man (...) den Eindruck gewinnen, andere würden eher einen verdeckten Bundestagswahlkampf führen. Aber dann ist dieses Ergebnis ja vielleicht auch ein Zeichen für unsere Freundinnen und Freunde in Berlin: Es lohnt sich zu kämpfen, es lohnt sich, den Rücken gerade zu machen. Und die niedersächsische SPD betrachtet sich gerade heute Abend als Teil der Bundes-SPD."

Strahlende Gesichter bei der SPD. Die Genossen haben bei der Niedersachen-Wahl die meisten Stimmen geholt. Dank starker Grüner reicht es für das Wunschbündnis Rot-Grün.
Strahlende Gesichter bei der SPD. Die Genossen haben bei der Niedersachen-Wahl die meisten Stimmen geholt. Dank starker Grüner reicht es für das Wunschbündnis Rot-Grün. © Ronny HARTMANN / AFP

Niedersachsen-Wahl: Abstimmung über Ampel-Politik

Für die CDU ist das Ergebnis eine krachende Niederlage. Die Christdemokraten waren 2017 noch auf 33,6 Prozent der Stimmen gekommen, verlieren damit deutlich. Wie angekündigt stellte Landesvorsitzender Althusmann sein Amt noch am Sonntagabend zur Verfügung. Das Wahlziel, stärkste Kraft zu werden, habe die Partei nicht erreicht. "Diese Votum nehmen wir demütig an. Auch persönlich nehme ich dieses Votum an", sagte Althusmann.

Die Partei hatte die Landtagswahl zuletzt zu einer Abstimmung über die Politik der Berliner Ampel-Koalition erhoben. CDU-Chef Friedrich Merz sah Ministerpräsident Weil für das Scheitern der Bund-Länder-Beratungen über das dritte Entlastungspaket verantwortlich, profilierte sich zudem mit nicht belegbaren Aussagen über einen vermeintlichen "Sozialtourismus" ukrainischer Geflüchteter und einen angeblichen "Pull-Effekt" des Sozialsystems der Bundesrepublik.

Die SPD hingegen hatte im Wahlkampf auf die Beliebtheit von Stephan Weil und dessen Amtsbonus gesetzt. Im direkten Kandidatenvergleich hatte Weil in der Wählerinnengunst regelmäßig vor CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann gelegen. Weils Image litt allerdings zuletzt unter der vermasselten Bund-Länder-Konferenz, deren Vorsitz er innehat. Die war ohne Ergebnis zu Ende gegangen – Wasser auf die Mühlen der CDU, die der Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz (SPD) vorwirft, keinen klaren Plan zur Bewältigung der Energiesorgen zu verfolgen.

CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann trifft auf den Wahlsieger, Ministerpräsident Stephan Weil (SDP).
CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann trifft auf den Wahlsieger, Ministerpräsident Stephan Weil (SDP). © Julian Stratenschulte/dpa

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Wahl in Niedersachsen: Regierungsparteien verlieren

Beim Blick auf die Ergebnisse von 2017 wird allerdings klar: Die beiden Volksparteien CDU und SPD sanken in der Wählergunst der Niedersachsen, die CDU sogar stärker als die SPD. Die Genossen hatten es damals noch auf 36,9 Prozent gebracht, die CDU auf 33,6 Prozent. Auch die FDP hat deutlich an Zustimmung verloren.

Lange Gesichter bei der FPD: Die Liberalen bangen um den Wiedereinzug in den Landtag.
Lange Gesichter bei der FPD: Die Liberalen bangen um den Wiedereinzug in den Landtag. © Moritz Frankenberg/dpa

Wahlen in Niedersachen: Grüne legen stark zu

Große Gewinner hingegen sind die Grünen, die ihr letztes Ergebnis von 8,7 Prozent stark ausbauen konnten, auch wenn sie nicht auf die zum Teil prognostizierten 20 Prozent der Stimmen kamen. Im Wahlkampf setzten die Grünen vor allem auf das Thema Klimaschutz, mussten wegen des Schlingerns der Bundes-Grünen in der Ampel-Koalition und den handwerklichen Patzern von Bundesfinanzminister Robert Habeck allerdings Federn lassen. Nichts desto trotz ist ihre Regierungsbeteiligung ausgemacht: Der wiedergewählte Weil will mit den Grünen koalieren.

So zeigte sich Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg am Sonntagabend selbstbewusst. Die Wählerinnen und Wähler hätten sich für Rot-Grün entschieden, es gebe eine deutliche Mehrheit für das Bündnis und damit auch für eine stabile Regierung in dieser Krise, sagte die Politikerin. "Das sehen wir jetzt als Regierungsauftrag und werden schauen, dass wir auch mit grüner Beteiligung eine gute Regierung für Niedersachsen bilden können."

Niedersachsen-Wahl: AfD nutzt sorgen der Menschen im Norden

Überraschend ist das Starke Abschneiden der AfD. Die Partei hat ihr Ergebnis annähernd verdoppelt. Profitiert hat sie im Wahlkampf wohl von den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger über den Ukraine-Krieg, Preissteigerungen und die Energiekrise. Der vom niedersächsischen Verfassungsschutz als Verdachtsobjekt eingestufte Landesverband hatte im Wahlkampf stark auf diese Themen gesetzt, obwohl die Landespolitik nur sehr bedingt Einfluss auf diese nehmen kann.

Der niedersächsische AfD-Spitzenkandidat Stefan Marzischewski-Drewes hat unter anderem die Politik der Berliner Ampel-Koalition in der schwelenden Energiekrise für den Erfolg seiner Partei bei der niedersächsischen Landtagswahl verantwortlich gemacht. "Wir beschäftigen uns mit den Fakten, ideologiefrei. In der jetzigen Energiekrise ist nicht die Frage, ob Atomenergie sicher oder unsicher ist, es geht darum den Blackout zu verhindern. Das haben die Menschen verstanden", sagte Marzischewski-Drewes am Sonntagabend in der ARD. Seine Partei habe sehr viel Zuspruch dafür erhalten.

Menschen gehen in Laatzen zur Wahl. Die Niedersachsen haben am Sonntag einen neuen Landtag gewählt.
Menschen gehen in Laatzen zur Wahl. Die Niedersachsen haben am Sonntag einen neuen Landtag gewählt. © Julian Stratenschulte/dpa

Die Wahlbeteiligung in Niedersachsen lag niedriger als noch beim letzten Mal. Die Beteiligung lag bei 60,3 Prozent, wie die Landeswahlleitung mitteilte. Fünf Jahre zuvor hatte der Wert bei 63,1 Prozent gelegen. Der Landtag wird für fünf Jahre gewählt. (mit dpa)

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Dieser Text erschien zuerst auf www.morgenpost.de.