Berlin. Bayern will Abschiebungen aussetzen – mit Ausnahmen. SPD-Innenministerin Faeser spricht von einer „desaströsen Menschenrechtslage“.

Die Innenministerkonferenz wird sich mit einer Aussetzung von Abschiebungen in den Iran befassen. Das teilte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit. Äußerungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ließen darauf schließen, dass die Bundesregierung Abschiebungen in den Iran für nicht mehr vertretbar halte, sagte Herrmann unserer Redaktion.

„Als IMK-Vorsitzender werde ich umgehend die Bundesinnenministerin bitten, uns Ländern ihre Informationsbasis mitzuteilen. Dann können wir uns auch im Rahmen der Innenministerkonferenz mit der Thematik befassen“, sagte Herrmann.

Von Januar bis August 2022 schoben deutsche Behörden nach eigenen Angaben 31 iranische Staatsangehörige in ihre Heimat ab. Im gesamten Jahr 2021 waren es demnach 28 Personen, 2020 insgesamt 15.

Innenministerin Faeser: „Abschiebungen in den Iran nicht verantwortbar“

Bayern plane bis dahin keine Abschiebungen in den Iran mehr, kündigte Herrmann an – „schwere Straftäter ausgenommen“. Wegen des gewaltsamen Vorgehens iranischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten hatte Faeser für einen Stopp aller Abschiebungen in das Land plädiert.

„Abschiebungen in den Iran sind in der aktuellen desaströsen Menschenrechtslage nicht verantwortbar“, sagte Faeser dem „Spiegel“. „Ein Abschiebestopp ist der richtige Schritt, über den die Länder schnellstmöglich entscheiden sollten.“

Menschen fliehen vor der Polizei während eines Protests in Teheran.
Menschen fliehen vor der Polizei während eines Protests in Teheran. © Uncredited/AP/dpa

Innenministerium: "Abstrakte Gefährdung" Oppositioneller in Deutschland

Aktuell gegen vor allem junge Menschen im Iran gegen das Regime auf die Straße und protestieren. Immer wieder kommt es zu brutalen Übergriffen, Festnahmen und auch Tötungen von Oppositionellen. Das Bundesinnenministerium hat derzeit keine akuten Hinweise auf Gewaltaktionen gegen iranische Oppositionelle in Deutschland und teilte auf Nachfrage unserer Redaktion jedoch zugleich mit, dass von einer „abstrakten Gefährdung“ auszugehen sei.

Mit Blick auf iranische Geheimdiensttätigkeiten in Deutschland teilte das Bundesinnenministerium mit, dass „vor allem die oppositionelle ‚Volksmodjahedin Iran-Organisation‘ (MEK) und ihr politischer Arm, der ‚Nationale Widerstandsrat Iran‘ (NWRI), aber auch iranische Oppositionelle aus dem monarchistischen Spektrum, Angehörige der separatistischen Befreiungsbewegung für die Ahwaz-Region sowie iranisch-kurdische Bewegungen im Fokus des Nachrichtendienstes“ des Iran stehen würden.

Der „Aufklärungsschwerpunkt“ des iranischen Ministry of Intelligence and Security (zumeist MOIS abgekürzt) liegt laut Bundesregierung „in der Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen im In- und Ausland“. Im Vordergrund stehe dabei „die Aufklärung von Zielen in Deutschland, vereinzelt sind aber auch Personen oder Einrichtungen im europäischen Ausland im Visier des MOIS“, so das Bundesinnenministerium auf Nachfrage dieser Redaktion.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.