Rostock. Der Hering war vom Aussterben bedroht – nun schwimmt der Fisch offenbar wieder vermehrt durch die Ostsee. Wird das Fangverbot gekippt?

Lange sah es nicht gut aus für den Hering: Überfischung und Klimawandel machten dem Fisch zu schaffen – die Anzahl der Heringe in der Ostsee war in den vergangenen Jahren drastisch geschrumpft. Am Wochenende kam dann die Nachricht, die Fischfreunde freuen dürfte: Der Hering-Bestand beginnt, sich zu erholen.

Hering: Darum war der Fisch bisher stark bedroht

In der Vergangenheit war die Fischart besonders wichtig für die deutsche Ostseefischerei. Der Hering galt, neben dem Dorsch, über mehrere Jahre als sogenannter Brotfisch. So bezeichnen viele Angler und Berufsfischer einen Fisch, der häufig vorkommt und ihnen ihr Auskommen sichert.

Durch die hohe Fangquote und das veränderte Klima schrumpfte der Bestand in den letzten Jahren. Darum darf der Hering seit dem Jahr 2022 in der westlichen Ostsee nicht mehr gezielt gefischt werden. Jetzt fragt man sich vielleicht, warum der Fisch trotzdem manchmal auf dem Fischbrötchen landet. Die Antwort: Das Fangverbot gilt nicht für Boote unter zwölf Metern Länge, die mit Stellnetzen fischen.

Heringe in der Ostsee: Wie hoch ist der Bestand?

Nun liegen laut dem Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann, zum ersten Mal Daten für die Zeit ab dem Fangverbot vor: Der Hering hat sich demnach im Jahr 2022 wieder leicht vermehrt. Doch laut Internetseite des Thünen-Instituts liegt der Bestand des Fisches in der westlichen Ostsee weiter bei circa 50 Prozent des Limit-Referenzwertes und damit tief im roten Bereich.

Der Hering-Bestand sei bereits 2021 leicht gewachsen. In den vier Jahren davor sei die erlaubte Fangmenge in der westlichen Ostsee bereits um 94 Prozent reduziert worden. Ein weiterer Punkt, der zur Erholung des Herings beigetragen habe: Die legalen Fangmengen der Fische wurden auch am Übergang zwischen Nord- und Ostsee – im Kattegat und Skagerrak – um 90 Prozent reduziert.

Ostsee-Fischerei: Wird das Fangverbot jetzt aufgehoben?

Durch die strengen Fangvorschriften ist die deutsche Ostseefischerei in eine Krise geraten. Der sich erholende Bestand dürfte erstmal keine Erleichterung unter den Fischerinnen und Fischern bringen: Das noch geltende Fangverbot für Hering in der westlichen Ostsee wird vorerst weiter gelten, so Zimmermann.

Von einer Erholung des Bestands könne man auch noch nicht sprechen - nur wenn sich die Heringe weiter vermehren, könnten die Fangmengen wieder erhöht werden. Wann das möglich wäre? Laut Zimmermann sei eine Vorhersage schwierig. Er schätzt, dass es erst in fünf bis sieben Jahren soweit sein könnte. Ein erholter Bestand sei wegen des Klimawandels auch nur etwa halb so produktiv wie noch in den 1990er Jahren.

Ostsee-Fischerei: Dorsche schwer zu untersuchen

Beim Hering verstehe man mittlerweile den Mechanismus hinter Klimawandel und Bestand und könne durch reduzierte Fangmengen dafür sorgen, dass sich der Fisch erholt, sagte Zimmermann. Anders sei das beim Dorsch, der ebenfalls nicht mehr gezielt gefangen werden darf. Für eine mit großem Aufwand geplante Untersuchung westlich von Wismar fehle es schlichtweg an Dorschen, die groß genug seien, um sie mit Sendern zu versehen und deren Verhalten zu untersuchen.

Es gebe aber Daten, die darauf hinwiesen, dass der Dorsch zeitweise eingeschlossen werde von zu warmen Wasserschichten an der Oberfläche und zu wenig Sauerstoff in der Tiefe. (emi/dpa)