Berlin. Viele wollten Interviews, Jan Böhmermann bekam eins: Rezo sprach am Donnerstag im Fernsehen. Und kritisierte die Berliner Politik.

Es ist ein Abend der Kontraste. Hier ein sehr stolzer Moderator, dort ein ziemlich aufgeregter YouTuber. Thematisch geht es dann im weitesten Sinne um Medienkritik und ein bisschen um politische Umgangsformen. Der Besuch von Rezo in Jan Böhmermanns „Neo Magazin Royale“ ist zumindest ein klein wenig anders als der Besuch irgendwelcher anderer Studiogäste.

Denn der 26-Jährige, der, wie Böhmermann einleitend sagt, „bei YouTube und bei der Europawahl die CDU zerstörte“, ist trotz seiner riesengroßen Gefolgschaft auf der Bewegtbildplattform kein Medienprofi. Jedenfalls keiner, der weiß wie man sich im Fernsehen verkauft. Er redet sehr schnell, verhaspelt sich hier und da, kommt in seinem rosa Kapuzenpulli, seiner löcherigen Jeans und mit seinem blaugefärbten Haarschopf dennoch sehr sympathisch rüber.

Böhmermann empfängt Rezo: Gespräch bei „Neo Magazin Royale“

Böhmermann wiederum ist Medienprofi genug, um zu wissen, dass er den Mann der Stunde vor sich hat. Anne Will, Plasberg und Lanz hätten den YouTuber haben wollen, sagte er nicht ohne Stolz, doch der habe sich für seine Sendung entschieden. Und nach etwas einleitendem Geplänkel kommt dann die Frage, ob Rezo denn für sein Video „Die Zerstörung der CDU“ von irgendjemandem bezahlt worden wäre. Er verneint das. „Von den Grünen?“, hakt Böhmermann nach. „Nein“, sagt Rezo. Damit wäre auch das geklärt.

Wobei die Unterstellungen, er sei von Dritten entlohnt worden, den jungen Mann nicht kalt lassen. Der Name des sehr konservativen „FAZ“-Leitartiklers Jasper von Altenbockum fällt, der so etwas behauptet und sich bisher noch nicht bei ihm, Rezo, für diese These, für die es keinerlei Belege gibt, entschuldigt habe. Als positives Gegenbeispiel erwähnt der YouTuber den CDU-Politiker Roderich Kiesewetter, der ähnliche Vorwürfe via Twitter zurücknahm und das mit einer Entschuldigung verband.

Rezo: „Bin ich Beamter oder was?“

Anhand dieses Beispiels entwickelt Rezo eine etwas seltsame Theorie, wonach Zeitungen eine ganz spezielle Sprache benutzten, die es auch Politikern schwer mache, in der Presse Fehler zuzugeben. Im Netz sei das anders. Okay: Rezo spricht Klartext und erreicht damit eine junge Zielgruppe.

Aber auch für das Medium Fernsehen ist einer wie der Twen aus Aachen eine eher ungewöhnliche Figur. Nachdem Böhmermann in der Abmoderation den Zuschauern mitteilt, dass dies seine letzte Sendung vor der Sommerpause gewesen sei, wendet er sich noch einmal an Rezo. Ob der denn auch Sommerpause mache, will er wissen. Er erntet komplettes Unverständnis: „Bin ich Beamter oder was?“, entgegnet sein Gast.

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Noch vor der Ausstrahlung der Sendung postete Böhmermann auf Twitter ein Foto mit dem aktuellen Gast. Doch Rezo und Jan Böhmermann waren nicht alleine – an ihrer Seite waren auch Martin Sonneborn und Nico Semsrott. Die beiden waren die Spitzenkandidaten der Satirepartei Die PARTEI bei der Europawahl. Beide konnten einen Sitz im Europaparlament erringen. Der Satire-Politiker Semsrott ist nun Teil der Grünen-Fraktion.

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Jan Böhmermann begrüßt Youtuber Rezo als Gast.
Jan Böhmermann begrüßt Youtuber Rezo als Gast. © dpa | Julia Hüttner,

Böhmermann und Rezo haben in jüngerer Vergangenheit mit diversen Äußerungen zu Politikern für viel Aufmerksamkeit gesorgt. So sagte Böhmermann die Ibiza-Affäre von Heinz-Christian Strache hervor, da er das Video bereits kannte, das dafür sorgte, dass der FPÖ-Politiker sein Amt als Vizekanzler Österreichs aufgab (und damit auch Kanzler Sebastian Kurz um seinen Posten brachte).

Rezo dagegen veröffentlichte vor der Europawahl zwei Videos. Im ersten, „die Zerstörung der CDU“, kommentiert er die Klimapolitik der Union und lässt dabei wenig Gutes an der Partei. Dem folgte ein Beitrag von mehr als 90 Youtubern, die kollektiv dazu aufriefen, die CDU nicht zu wählen – und ebenso wenig die SPD und die AfD.

Mit dem Video löste er eine heftige Debatte in der CDU und darüber hinaus aus, die sogar dazu führte, dass AKK erklären musste, dass sie nicht gegen Meinungsfreiheit sei. Wenig elegante Formulierungen ihrerseits hatten zur Annahme geführt, sie wolle Kritiker mundtot machen. Und möglicherweise auch einen Anteil an ihren Umfragewerten hatten – die Mehrheit hält sie nicht geeignet fürs Kanzleramt.

Rezo wies auch auf Klöckners-Nestlé-Tweet hin – CDU hat keinen guten Lauf

Zuletzt hatte Rezo dann auch zusätzliche Aufmerksamkeit auf Bundesernährungsministerin Julia Klöckner gezogen, weil diese ein Video mit dem Nestlé-Chef gepostet hatte, das ihm verdächtig nach Werbung aussah. Die sich damit in die Reihe der sich selbst blamierenden Unions-Politiker stellte – der nun auch Horst Seehofer (CSU) angehört, der Gesetze schätzt, die kompliziert sind – damit sie keiner versteht. (ses)