Berlin. Die Ernährungsministerin Julia Klöckner hat ein Video veröffentlicht, das sie mit einem Nestlé-Manager zeigt. Die Kritik ist heftig.

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hat in einem Twitter-Video die Anstrengungen des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé gelobt, weniger Zucker und Salz zu verarbeiten. Doch das Video kommt nicht bei jedem gut an: Kritiker sehen es als plumpe Werbung. Zudem kritisieren viele die Ministerin dafür, einen international umstrittenen Konzern zu glorifizieren.

Auch die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch kritisierte die Agrarministerin. Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker sagte in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch mit der ARD: „Nestlé hat gerade im Bereich Kinderlebensmittel ein völlig unausgewogenes überzuckertes Sortiment.“

Nachdem viele Twitter-Nutzer der Ministerin vorgeworfen haben, Schleichwerbung zu betreiben, prüft nun die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg den Fall. Auf Nachfragen von Nutzern bestätigte die Anstalt das Video zu prüfen. „Wir setzen uns im ersten Schritt mit dem @bmel in Verbindung“, hieß es später. Unter @bmel twittert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit Julia Klöckner an der Spitze.

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Auf die heftige Kritik – befeuert von YouTuber Rezo – reagierte Klöckner selbst proaktiv. Und bezeichnete jene, die sich eher wenig begeistert von dem Beitrag als „Hatespeaker“ („Hassprecher“). Sie äußerte sich zum Beispiel zu dem Vorwurf, dass Nestlé in ihren Produkten einfach irgendwas anderes Ungesundes verarbeite und sie nicht kritisch genug damit umgehe. „Herrje, es ist ja auch schön und einfach, Politiker als die letzten Deppen hinzustellen und Forderungen rauszuhauen“, schreibt sie.

Karl Lauterbach findet Nestlé-Video von Klöckner „bitter, ja peinlich“

Dann wirft Klöckner den Nutzern bei Twitter unzureichendes Differenzieren vor. „Leute, Demokratie funktioniert so nicht.“ Was natürlich in weiteren Reaktionen mündet – zum Beispiel schreibt einer, dass Demokratie eben genau so funktioniere – Politiker hinterfragen und neue Perspektiven verlangen.

Auch Bundespolitiker üben Kritik an dem Video, in dem Nestlés Deutschland-Chef Marc-Aurel Boersch neben Julia Klöckner erklärt, dass der Konzern beispielsweise freiwillig den Einsatz von Zucker reduzieren will. Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende, nannte den Clip „Werbevideo“. Der SPD-Bundestagabgeordnete Karl Lauterbach findet das Video „bitter, ja peinlich“.

Foodwatch-Geschäftsführer Rücker kritisierte weiter: „In einer solchen Situation erwarte ich von einer Ministerin, dass sie sich nicht gemein macht mit den Interessen der Unternehmen, dass sie nicht die Unternehmen bewirbt, sondern dass sie vor allem klar macht, dass sie die Aufgabe hat, dieses Problem zu lösen.“ Und wenn die Unternehmen nicht mitzögen, gehe das dann eben auch nur gegen die Interessen der Unternehmen. Und das wird mir nicht deutlich. Da ist viel zu viel Nähe im Spiel.“

Klöckner und das Nestlé-Video: Als „Konzernhure“ beschimpft – und von Rezo kritisiert

Am heftigsten ist die Kritik jedoch im Internet. Dass der Ton bei Twitter rau ist, ist bekannt. Und Klöckner reagiert auch gern angemessen. Einer beschimpfte sie als „Konzernhure“. Ihre Antwort: „Ich mag Ihre sachlichen Beiträge.“

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In sachlicheren Kommentaren heißt es, Klöckner lasse sich von dem umstrittenen Lebensmittelkonzern für PR-Zwecke ausnutzen. Der prominente Youtuber Rezo antwortete auf Twitter etwa: „Fun Fact: Hätte ich exakt diesen Tweet mit genau so einem Video gepostet, hätte ich es als #Werbung kennzeichnen müssen.“

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Vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, auf dessen Kanal das Video gepostet wurde, hieß es nach der Kritik von Rezo: „Wir verstehen den Punkt. Und gleichzeitig werben wir dafür, dass es vorangeht mit gesunden Lebensmitteln“.

Klöckner und Nestlé: Wann ist die Nennung einer Marke Werbung?

In den vergangenen Monaten gab es unterschiedliche Gerichtsurteile zu der Frage, ob schon die Nennung einer Marke oder das Zeigen eines Firmenlogos in sozialen Netzwerken als Werbung gekennzeichnet werden muss. In einem viel beobachteten Prozess hatte zuletzt die Influencerin Cathy Hummels gewonnen. Ihr war – zu unrecht – vorgeworfen worden, einen Beitrag auf Instagram nicht als Werbung gekennzeichnet zu haben.

Nach dem

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Die Argumentation des Gerichtes: Bei dem Profil der Influencerin sei klar, dass dies kommerzielle Zwecke verfolge. Einzelne Beiträge müssten deshalb nicht zwingend als Werbung markiert werden, weil das gesamte Profil quasi als Werbeplattform diene. In anderen Fällen hatten Gerichte jedoch genau entgegengesetzt geurteilt.

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