Oelber. Franca Lehfeldt sorgt mit ihrem Buch „Alte weise Männer“ für Zündstoff. So lief die Diskussion beim Arbeitgeberverband Braunschweig.

Tja, die Herren. Da haben Sie wohl schlechte Karten. Zumindest, wenn Sie Ende 30 bis Mitte 40 sind, und sich in der mittleren Führungsebene tummeln. Genauer gesagt, sind Sie dann eine „arme Socke“. Zumindest für den Arbeitsmarkt sind Männer dieses Alters nämlich unattraktiv. Weil dann bei gleicher Qualifikation Frauen den Vorrang haben. So zumindest brachte es Journalistin und Autorin Franca Lehfeldt am Donnerstagmorgen knackig auf den Punkt. Einige Gäste des Unternehmertages zuckten zunächst zwar merklich zusammen. Die Lacher allerdings hatte Lehfeldt damit auf ihrer Seite. Überhaupt war es eine Art Heimspiel für die Autorin des vielfach heiß diskutierten Buches „Alte weise Männer – Hommage an eine bedrohte Spezies“.

Franca Lehfeldt und Tatjana Biallas – Prototypen dessen, was nach den „alten weisen Männern“ kommen muss?

Das mag nun vielleicht ein wenig despektierlich klingen – doch ein großer Teil der etwa 300 Gäste, die im Marstall von Schloss Oelber der Diskussion lauschten, passte recht gut in die Kategorie beziehungsweise Schublade „alte weise Männer“. Schon der erste Programmpunkt des Unternehmertages, zu dem der Arbeitgeberverband Region Braunschweig (AGV) eingeladen hatte, war also extrem unterhaltsam. Mit Franca Lehfeldt diskutierte Tatjana Biallas, Geschäftsführerin von Funke Medien Niedersachsen.

Eigentlich würden ja auch erfolgreiche junge Frauen wie Biallas und Lehfeldt in eine Schublade gesteckt – „nämlich in die des Prototyps dessen, was nun kommen müsse“, sagte der Moderator der Diskussion, AGV-Hauptgeschäftsführer Florian Bernschneider. Und wollte wissen, wie wohl Tatjana Biallas sich damit fühle. „Nicht sehr wohl. Ich wurde ja auch von vielen Männern unterstützt im Laufe der Zeit.“ Natürlich sei sie ganz anders, wolle gar kein Mann sein, weil sie jetzt Managerin sei, sondern sich bewusst in manchen Punkten abgrenzen. „Ich will zeigen, dass auch Frauen große Unternehmen führen können.“ Ihr größter Aha-Effekt beim Lesen des Buches von Franca Lehfeldt sei die Aussage von Heiner Bremer gewesen, dass man heute keiner Frau mehr Komplimente machen dürfe. „Das ist bei mir hängen geblieben. Weil es oft bei mir im Alltag passiert, dass mir Männer Komplimente machen. Und sie im zweiten Satz sofort fragen: Ist das heute noch zeitgemäß?“ Das sei schade. Genau dieser Punkt des Buches habe auch viele Reaktionen ausgelöst, ergänzte Lehfeldt. Die Kritik: Komplimente seien ein Relikt aus alten Zeiten. Lehfeldt kontert: Der Blick müsse nach vorn gerichtet werden. Komplimente würden einfach auch einen direkten und unkomplizierten Zugang und Nähe zueinander ermöglichen. Es sei „typisch deutsch“, dass wir uns mit Hingabe um uns selbst drehten und diskutierten und diskutierten.

Doch wie ist das nun mit den „alten weisen“ oder „alten weißen“ Männern, wie es ja meist heißt? Nein, sie habe keinesfalls gemeinsam mit ihrer Co-Autorin Nena Brockhaus eine provokante These in den Raum schleudern wollen. Warum dann also dieses Buch? „Wir haben männliche Mentoren, wir glauben nicht an die Vier-Tage-Woche. Das Leistungsprinzip ist auf dem Rückzug und wir glauben, dass es wieder nach vorn kommen sollte. Wir halten Gendern nicht für feministisch und wir glauben auch nicht, dass Parität die Lösung ist.“

Franca Lehfeldt – antifeministisch und aus der Zeit gefallen?

Nicht bei allen Frauen sei das gut angekommen. Selbstverständlich sei der „alte weise Mann“ ein Feindbild. Und dennoch: Bei den zehn „alten weisen Männern“, die sie vorgestellt haben, gehe es um Lebensleistungen sowie den individuellen Lebenslauf und die jeweils vertretenen Werte. Von Tag 1 der Veröffentlichung an hätten die Autorinnen enormen Gegenwind erfahren: Buch und Autorinnen seien antifeministisch und aus der Zeit gefallen. Aber: Viele Frauen hätten sich auch bedankt. „Weil auch sie keine Work-Life-Balance brauchen, weil auch für sie die Arbeit ein Teil ihrer Passion, ihres Seins ist. Daran haben wir gemerkt, dass die großen, in einer Bubble geführten Themen die Menschen nicht abholen. Wenn man aber bereit ist, solche Dinge laut auszusprechen, muss man auch bereit sein, den Gegenwind auszuhalten.“

Lehfeldt ist bereit, solche Dinge laut auszusprechen. Und genau das tat sie auch in Oelber: „Wir glauben nicht, dass weniger Arbeit Deutschland zum Erfolg führt.“ Wenn wir uns zurückentwickelten ins 17. Jahrhundert – „wir fahren kein Auto mehr, wir essen kein Fleisch mehr, wir machen alle viel mehr Freizeit“ – dann interessiere das – salopp gesagt – China überhaupt gar nicht. Und Indien auch nicht. Die machten alle in ihrem Tempo weiter. Und wir diskutierten, kreisten um uns selbst.

Weder sie noch ihre Co-Autorin wollten Feminismus zu einer Champions League mit Hin- und Rückrunde machen. Nach dem Motto: „Die Männer waren dran, jetzt sind wir dran. Weg mit denen. Wir glauben daran, dass wir es nur gemeinsam lösen können.“ Leider verharre die mediale Debatte immer bei der Frage: Darf man den „alten weisen Mann“ noch zu Wort kommen lassen? „Wir möchten das!“ Wo sei denn die Debattenkultur in Deutschland angekommen, wenn man nur in eine Richtung laufen dürfe?

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