Wolfsburg. Der Besitzer des Hotels „An der Wasserburg“ im Wolfsburger Ortsteil Neuhaus verleiht Oldtimer. Wir haben eine Ausfahrt unternommen

Sattgelbe riesige Rapsfelder fliegen vorbei, der intensive Geruch von Bärlauch steigt in die Nase, die frischen, hellgrünen Blätter der Birken und Buchen und das Buschwindröschen am Wegesrand sprießen mit dem Waldmeister auf dem Waldboden um die Wette. Die Frühlingssonne scheint, leichte Brise, laue 19 Grad. Zeit für die erste Ausfahrt in diesem Jahr mit dem Cabrio in den nahegelegen Elm. Ein 25 Kilometer langer, bis zu acht Kilometer breiter bewaldeter Mittelgebirgszug südöstlich von Braunschweig.

WN-Reporterin macht eine Ausfahrt mit einem Porsche 993-Cabrio

Weil wir selbst aber keinen offenen Zweisitzer in der heimischen Garage haben, leihen wir uns einen Porsche 993-Cabrio in Grand Prix White mit Bi-Color-Lederausstattung von Christian Rohde aus. Der Wagen hat alles, was eine spritzige Spazierfahrt angenehm macht: Sitzheizung, elektrische Fensterheber und ein gefüttertes, elektrisch zu betätigendes Verdeck mit einem Windschott, das automatisch ausgefahren wird. So zieht’s beim Fahren nicht, und die Frisur sitzt.

Beim Fahren im offenen Porsche zieht es nicht und die Frisur sitzt

Der Besitzer des Hotels „An der Wasserburg“ im Wolfsburger Ortsteil Neuhaus verleiht insgesamt sechs Oldtimer – drei Modelle aus Zuffenhausen, einen Käfer Typ 1, Baujahr 1958, einen Scirocco 1 und einen Manx Buggy. Die Preise variieren – je nach Art des Automobils und der Leihdauer – und liegen bei bis zu vier Stunden und 70 Freikilometern ab 195 Euro und bei bis zu acht Stunden und 150 Freikilometern ab 250 Euro.

Hotelbesitzer verleiht sechs Oldtimer – das kostet es

Wir genießen den Ausflug abseits von Stau und Hektik, fast ohne Ampeln und aggressive Drängler, dafür begegnen uns etliche Radrennfahrer. Unsere Tour führt uns von Neuhaus über Königslutter bis hoch zur Waldgaststätte Tetzelstein, idyllisch im Forst an der L 290 gelegen. Weiter geht’s auf kurviger Straße ins Reitlingstal zum gleichnamigen Ausflugsrestaurant, das auf einem Berg thront. Von der Terrasse aus hat man einen herrlichen Blick übers grüne Tal, auf den Wiesen weiden Pferde, dahinter Wald, davor die Teiche des Vorwerks. Jetzt erst einmal leckeren Kuchen aus der hauseigenen Konditorei genießen. Heute sind neben Kiwi-Maracuja, Nuss-Sahne und Apfelkuchen, Käse-Sahne und Mohn-Mandarine im Angebot, dazu einen Latte macchiato für 4,20 Euro.

Ausflugsziele: Waldgaststätte Tetzelstein und ins Reitlingstal

Nach der kleinen Stärkung fahren wir von dort die L 629 fast die ganze Strecke zurück, gönnen uns aber noch auf schmaler Spur, die teilweise ein neunprozentiges Gefälle aufweist, einen Abstecher Richtung Ampleben. Auf dem Parkplatz Am Großen Rhode erfreuen wir uns an der wunderschönen Aussicht auf den Harz – von hier aus kann man bei guter Sicht sogar bis auf den Brocken schauen.

Der Sound des luftgekühlten Boxermotors begleitet uns während der gesamten Zeit, die Lenkung des Porsches ist direkt, die Schaltung butterweich, in den Kurven taucht das Auto nicht ab, sondern liegt satt auf der Straße, man fährt quasi „wie auf Schienen“. Diese Mischung aus Fahrerlebnis, Natur und Kultur – in Königslutter haben wir kurz gestoppt, um den Kaiserdom mit seiner kreuzförmigen Pfeilerbasilika, die eine Länge von 75 und eine Höhe von 18 Metern aufweist, zu besichtigen – erzeugt das Gefühl von grenzenloser Freiheit, gemischt mit Adrenalin und Fahrspaß, aber auch mit Sicherheit.

Abstecher nach Königslutter zum Kaiserdom

Durch die enganliegende Polsterung des Fahrer- und des Beifahrersitzes fühlt man sich geborgen wie in Abrahams Schoß. Vor allem bei offenem Verdeck – zum Öffnen muss der Wagen stehen und die Handbremse muss angezogen sein – haben wir das Fahren über die kurvigen Straßen, das leicht hügelige Gelände und die frische Luft genossen. Wir sind entspannter und glücklicher nach Neuhaus und damit in unseren Alltag zurückgekehrt, als wir ihn verlassen haben.

Und so geht es auch dem Besitzer des Sportwagens. Schnell und schnittig müssen die Flitzer sein, dann
lassen sie das Herz von Christian Rohde höherschlagen. Mittlerweile besitzt der Hotelier und Gastronom sechs Young- und Oldtimer aus dem Volkswagen-Konzern, die er allesamt auch vermietet. Was ungewöhnlich ist, denn alte Liebhaberstücke werden selten aus der Hand gegeben.

Hotel an der Wasserburg in Neuhaus hat 59 Zimmer

1962 in Wolfsburg geboren und in der Nordstadt und in Reislingen aufgewachsen – sein Abitur hat er am Technischen Gymnasium abgelegt – erwirbt der jetzt 60-Jährige 1988 zusammen mit seinem Bruder eine h in Neuhaus, genau gegenüber der romantischen Wasserburg. Heute hat das Hotel 59 Zimmer – davon sind vier Suiten. „Am Anfang war da nur eine Scheune. In dem Gebäude gegenüber hat mein Bruder seine Tischlerei untergebracht“, blickt Christian Rohde zurück, der zu dem Zeitpunkt noch Elektrotechnik an der Technischen Universität Braunschweig studiert und schon seit 1980 einen Scirocco 53B fährt: „Das war mein Traumauto, da war man sehr sportlich unterwegs, das hat mir damals schon gefallen“, gesteht Christian Rohde.

Gebrüder Rohde eröffnen das erste Nichtraucher-Café in Wolfsburg

Nach und nach bauen die Brüder das ehemalige Gehöft aus. Eröffnen im Mai 1990 das erste Nichtraucher-Café in Wolfsburg. Christian Rohde: „Das war vor 30 Jahren eine ganz ungewöhnliche Idee.“ Es lief mit der Zimmervermietung, weitere Räume folgten, aus der Tischlerei wurde eine GmbH. Christian Rohde fährt weiter Scirocco, der sich zu einem der populärsten Sportcoupés seiner Zeit entwickelt hatte, auch Rohde schätzt das italienische Design sowie die Leichtfüßigkeit des 800 Kilogramm schweren Dreitürers, dessen Technik komplett mit der des Golfs identisch war – nur Blechkleid und Innenausstattung nicht.

„Drehzahlmesser, Sportlenkrad, Tacho bis 220 Stundenkilometer, bei dem Cockpit fühlte man sich als Scirocco-Fahrer wie ein Rennpilot“, sagt der Familienvater. Sein zweites Coupé hat der Ingenieur komplett in Einzelteile zerlegt, aber „leider nie wieder zusammengebaut“ – und deshalb – als der Platz in der Neuhäuser Scheune für den weiteren Hotelausbau benötigt wurde – samt Karosserie verkauft.

Kombination aus Übernachtung, gutem Essen und tollen Autos

Als dann Spitzenkoch Silvio Lange, der 2015 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, in den Jahren 2013/2014 im Gourmet Restaurant Saphir des Hotels kocht, entwickelt das Duo die Idee von Arrangements, die nicht nur Übernachtungen und 3-Gänge-Menüs, sondern auch Ausfahrten mit sportlichen Autos enthalten. In Mannheim werden die zwei fündig und fahren mit einem knallroten Porsche 912E, Baujahr 1976, der ursprünglich für den US-amerikanischen Markt bestimmt war, von dort aus aber schon den Weg nach Deutschland gefunden hatte, nach Wolfsburg zurück. Das Fahrverhalten dieses Sportwagens mit seinem 2,0-Liter-Vierzylinder-Boxermotor, der 90 PS leistet, ist gutmütiger, die Neigung zum Übersteuern geringer als bei den ersten 911, weil der Wagen weniger hecklastig ist“, weiß Christian Rohde.

Kurze Zeit später kauft der Geschäftsmann noch den gelben Porsche 914, Baujahr 1975, den er dieses Mal direkt aus San Diego importiert: „Der war top in Schuss, hatte gerade einmal 33.000 Meilen auf dem Tacho und aufgrund der Tatsache, dass in Kalifornien immer die Sonne scheint, keine einzige rostige Stelle.“

Diese sechs Oldtimer vermietet Christian Rohde

Etwas länger dauert es, bis der Autonarr sein Herz noch einmal für einen Scirocco erwärmen kann, aber an dem silberfarbenen 1er-Modell, Baujahr 1979, von dem sich dessen Besitzer aus Ehmen „eigentlich gar nicht trennen“ wollte, kann Christian Rohde nicht vorbeigehen. Auch das Porsche 993-Cabrio, Baujahr 1997, musste der Selfmademan unbedingt besitzen. „Einen Porsche mit einem offenen Dach zu fahren, ist schon ein außergewöhnliches Erlebnis“, schwärmt Christian Rohde und ergänzt: „Außerdem gilt der Porsche 993 aufgrund seines Motors mit Luftkühlung vielen als der letzte echte Porsche 911.“

Der Käfer Typ 1 ist das „jüngste Mitglied“ in dem Autoreigen und war ein Geburtstagsgeschenk von Ehefrau Christine. Die Restaurierung des Kugelporsches aus dem Jahr 1958 wurde nämlich erst 2019 abgeschlossen. Welcher Wagen erfreut sich der meisten Nachfrage? Ganz klar, die drei Porsche und der Käfer.

So können Sie die Autos mieten

Wer die Wagen mieten möchte, erhält nähere Infos auf der Homepage https://oldtimer.hotel-in-wolfsburg.de/, muss mindestens 23 Jahre alt sein und vier Jahre Fahrpraxis sowie einen gültigen Führerschein und eine Kreditkarte besitzen, auf der die Kaution in Höhe von 2000 Euro hinterlegt wird. Nach einer kurzen Einweisung, die Drehzahl sollte nie über 3000 liegen, Vollgas bitte erst geben, wenn der Wagen warmgefahren wurde, sprich die Temperatur des Motoröls bei 90 Grad liegt, steht dann einer Ausfahrt – beispielsweise in den Elm oder gar in das Biosphärenreservat Drömling – nichts mehr im Wege.

Die Ausflugsziele mit dem Porsche

Adresse: Historische Waldgaststätte Tetzelstein, 38170 Am Großen Rhode, mit Biergarten, Restaurant und Eisdiele, Infos bei Facebook unter: https://www.facebook.com/people/Tetzelstein/100076297817095/

Öffnungszeiten: Freitag von 14.30 bis 21 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11.30 bis 17 Uhr.

Adresse: Gaststätte Reitling im Elm, 38173 Erkerode. Infos auf der Homepage http://www.reitlingstal.de/.

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr – je nach Wetterlage, Montag und Dienstag Ruhetag.

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