Braunschweig. Video belegt: 38-Jähriger wurde am Neujahrsmorgen zu Unrecht festgenommen. Verein für afrikanische Kultur fordert Aufklärung aller Umstände.

Nach dem rätselhaften Tod eines 38 Jahre alten Mannes aus Guinea Anfang Januar im Braunschweiger Polizeigewahrsam fordert der Verein für die Entwicklung afrikanischer Kultur die vollständige Aufklärung der Todesumstände. Während einer Kundgebung ab Samstagmittag auf dem Schlossplatz wollen die Teilnehmer an das Schicksal des zweifachen Vaters erinnern, der „unter noch nicht geklärten Umständen starb, nachdem er von der Polizei in Braunschweig festgenommen worden war“, so Alpha Bayo, Vorsitzender der Braunschweiger Ortsgruppe des Vereins, der seinen Sitz in Dortmund hat. „Wir wollen eine Erklärung und verlangen Gerechtigkeit.“

Staatsanwaltschaft: Keine äußere Gewalt als Todesursache

Woran der 38-Jährige starb, steht auch nach mehr als fünf Monaten noch nicht fest. Körperliche Gewalt, die etwa zu inneren Verletzungen oder Brüchen geführt hätte, schließt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft nach einer Obduktion als Ursache aus. Die Ergebnisse weiterer neuropathologischer Untersuchungen stehen in dem Todesermittlungsverfahren nach wie vor aus. Nachgewiesen ist inzwischen, dass der Verstorbene unter Alkohol- und Kokaineinfluss stand, wie Christian Wolters, Sprecher der Braunschweiger Staatsanwaltschaft, mitteilt.

Eine Wende genommen hat der Fall allerdings in der Frage nach den Umständen, die am Neujahrsmorgen in dem Lokal „Charlie Chaplin“ an der Friedrich-Wilhelm-Straße zur Festnahme des 38-Jährigen führten, der wegen Drogenbesitzes, Widerstands und Körperverletzung als polizeibekannt galt. Wurde im Polizeibericht die Festnahme ursprünglich damit begründet, dass der später Verstorbene im Lokal Pfefferspray versprüht und mindestens vier Gäste verletzt hätte, hat sich diese Darstellung inzwischen als falsch erwiesen.

38-Jähriger war nicht Täter, sondern Opfer

Laut Christian Wolters war der 38-Jährige nicht Täter, sondern im Gegenteil Opfer der Pfefferspray-Attacke. Das habe die Auswertung von Videoaufnahmen ergeben. Demnach haben drei 20, 21 und 26 Jahre alte Männer das Spray und eingesetzt und vier Gäste – darunter den 38-Jährigen – verletzt.

Kritik an Gewahrsam: Warum kam er nicht ins Krankenhaus?

Daraus lässt sich folgern: Der 38-Jährige wurde irrtümlich und zu Unrecht festgenommen und „zur Verhütung weiterer Straftaten“, wie es hieß, ins Polizeigewahrsam gebracht. Er sei tatsächlich nicht der eigentliche „Störer“ gewesen, bestätigt Wolters.

Ein weiteres Video, das in sozialen Medien kursierte, zeigt, wie der 38-Jährige bei seiner Festnahme von Polizeibeamten bäuchlings über die Straße geschleift wird. Gegen seine Festnahme soll er Widerstand geleistet haben. „Er hätte wie andere ins Krankenhaus gebracht werden müssen und nicht ins Gewahrsam“, kritisiert Alpha Bayo.

In Zelle in Handfesseln bewusstlos geworden

Im Polizeigewahrsam an der Friedrich-Voigtländer-Straße, hieß es, soll der Festgenommene Polizeimitarbeiter mit Faustschlägen bedroht haben – woraufhin ihm Handfesseln angelegt worden seien. Als eine Ärztin eine Blutprobe nehmen wollte, soll sie den Mann bewusstlos in seiner Zelle entdeckt haben. Zwar habe er noch reanimiert werden können, starb jedoch zwei Tage später im Krankenhaus.

Ob ein Fremdverschulden – sei es vorsätzlich oder fahrlässig – vorliegt, diese Frage ist weiterhin offen. „Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein Verhalten der eingesetzten Polizeibeamten oder Gewahrsamsmitarbeiter zum Tod des 38-Jährigen geführt hat“, so Wolters zum aktuellen Stand.

Auch ein Kausalzusammenhang mit der Pfefferspray-Attacke lasse sich derzeit nicht belegen. Sollten die noch laufenden Untersuchungen ein anderes Bild ergeben, könnte sich das Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung auch zu einem Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge entwickeln, so Wolters.

Aufwändige Untersuchungen – weniger Spezialisten

Zur langen Dauer der hirnorganischen Untersuchung verweist Wolters unter anderem auf die Auslastung der nur wenigen Spezialisten. Als weiteren Grund nennt er eine längere Vorbereitungszeit, die im Vorfeld der aufwendigen mikroskopischen Untersuchungen notwendig sei.

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