Wolfsburg. Zum 1. Januar kommen neue Gebührensatzungen für Abfallentsorgung und Straßenreinigung durch die WAS. Was der Rat beschlossen hat.

Nach Kostensteigerungen bei Gas, Fernwärme und Strom kommt für die Bürger und Betrieben die nächste deftige Preissteigerung: Zum 1. Januar schießen die Gebühren für Abfallentsorgung und Straßenreinigung in die Höhe. Teils steigen die kommunalen Abgaben sogar um rund 50 Prozent!

Da die laufende Gebührenperiode zum Jahresende ausläuft, sei eine Anschlusskalkulation ab 1. Januar notwendig, um die Leistungen der Wolfsburger Abfallwirtschaft und Straßenreinigung (WAS) finanzieren zu können, schickt die Stadt in den zwei Beschlussvorlagen vorweg, über die am Mittwoch der Rat der Stadt entschieden hat.

Die neuen Satzungen sollen wie zuvor für drei Jahre gelten. Dieser Gebührenzeitraum sei gerade aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Unwägbarkeiten und wegen momentanen Preissprüngen, „insbesondere bei den Energieträgern, bedingt durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine“ weiterhin sinnvoll. „Nur so können die kurzfristigen Preissprünge gebührenmäßig verteilt und somit abgefedert werden“, begründet das der Geschäftsbereich Finanzen.

Die Gebühren für die Straßenreinigung durch die WAS-Fahrzeuge werden für die Wolfsburger Bürger und Unternehmen steigen.
Die Gebühren für die Straßenreinigung durch die WAS-Fahrzeuge werden für die Wolfsburger Bürger und Unternehmen steigen. © regios24 (Archiv) | Helge Landmann

Energiekosten als Preistreiber

In den Kalkulationen berücksichtigt sind den beiden Vorlagen zufolge „allgemeine Preissteigerungen, inflationsbedingt höhere Tarifabschlüsse als in den Vorjahren und die signifikanten Preisanstiege für Kraftstoffe und den Gasbezug (Heizkosten)“.

In der Beschlussvorlage zur neuen Satzung für die Straßenreinigungsgebühren wird darauf hingewiesen, dass vorhandene Gebührenvorträge bisher zu einer moderaten Gebührenentwicklung führten. Von 2018 bis 2019 habe man so im Bereich der Straßenreinigung allein 38 Prozent der Kosten über Gebühren-Überdeckungen der Vorjahre abdecken können. Für die neue Kalkulationsperiode von 2023 bis 2025 stünden jedoch keine vergleichbaren Gebührenvorträge mehr bereit.

Das führte laut Stadt dazu, dass von 2020 bis 2022 ein deutliches Defizit zu verzeichnen sein werde, erwartet wird ein Minus von rund 770.000 Euro. Allein das Auffangen des aufgelaufenen Defizits führe zu einer Erhöhung um 10 Prozent bei der Sommerreinigungsgebühr für die nächsten drei Jahre.

Immerhin: Der WAS-Verwaltungsrat habe beschlossen, dass eine Gewinnrücklage teils aufgelöst wird, um das 770.000-Euro-Defizit auszugleichen, heißt es. Weil aber die derzeitigen Preissteigerungen einkalkuliert werden müssen, führten diese zu „deutlichen Gebührenerhöhungen“. Und zwar um 35 Prozent bei der Sommerreinigung und um 23 Prozent im Winterdienst. Ursprünglich sollten es für den Sommer sogar 40 Prozent sein ­– doch das lehnte der Rat mit großer Mehrheit ab.

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In der Vergangenheit zu knapp kalkuliert

„Wir haben höhere Steigerungen bei den Einmal-Aktivitäten“, erklärte Werner Reimer von der CDU. Als Beispiel nannte er die Entsorgung von 200 Kilo Restmüll, wenn er vom Bürger selbst im Entsorgungszentrum am Weyhäuser Weg in Fallersleben angeliefert wird: Dann werden statt bisher 10 künftig 15 Euro fällig. Für eine kleinere Menge Gartenabfall sind es dann 6 statt 4 Euro. Jeweils also eine Erhöhung um 50 Prozent.

„Wir hatten in der Vergangenheit zu knapp kalkuliert“, begründete Reimer, wie es zu Defiziten bei Müll- und Straßenreinigungsgebühren kommen konnte. „Normalerweise hätten wir die Straßen-Sommerreinigung um 50 Prozent erhöhen müssen.“ Doch um die Bürger nicht so extrem zu belasten, habe man nach Lösungen gesucht – und sei bei der freien Gewinnrücklage fündig geworden, die zur Abfederung teilweise aufgelöst werde.

Wolfsburger AfD-Ratsfraktion lehnte Gebührenerhöhungen ab

Allerdings prüften die Fraktionen die von der Wolfsburger Abfallwirtschaft und Straßenreinigung kalkulierten Preissteigerungen noch einmal; im Bürgerdienste-Ausschuss gab es dann den Antrag, die Sommerreinigungsgebühr der WAS nicht um 40 Prozent zu erhöhen, sondern lediglich um 35 Prozent.

Als einziges Mitglied im Rat, der erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor zweieinhalb Jahren wieder im Ratssaal tagte, lehnte Thomas Schlick (AfD) die Erhöhungen ab. „Gebühren müssen auskömmlich sein.“ Doch mittlerweile sei man an einem Punkt angekommen, wo die Bürger sehr belastet würden. Er nannte als Beispiel die CO2-Bepreisung, die die Bundesregierung zu verantworten habe. „Das müssen die Parteien alleine gegenüber den Bürgern vertreten.“

Es drohten sogar Preissteigerungen von 70 Prozent

Die Grünen seien auf Bundesebene an der CO2-Bepreisung beteiligt gewesen, entgegnete der Grüne Frank Richter. „Aber wir können daran auf kommunaler Ebene nichts ändern. Wir müssen reagieren.“

„Wenn wir mit dem spitzen Bleistift hätten rechnen wollen, hätte es Preissteigerungen von 70 Prozent gegeben“, betonte Andreas Klaffehn von der PUG. Dennoch sei es mit der Kalkulation für 2023 bis 2025 gelungen, mit den Gebühren im Bundesvergleich am unteren Ende der Skala zu stehen.

Hans-Georg Bachmann (SPD) stellte ebenfalls klar: „Diese Gebühren müssen per Gesetz kostendeckend sein.“ Er regte für die Zukunft an, die Gebührenzeiträume so zu entzerren, „dass es zwar jedes Jahr eine Erhöhung gibt, aber nicht alles auf einmal“.

Preisbeispiele Straßenreinigung

Konkret bedeutet das zum Beispiel: Bei der Straßen-Sommerreinigung steigt der Preis je Meter in Reinigungsklasse I von jährlich 6,15 auf 8,60 Euro, in Klasse III von 18,45 auf 25,80 Euro und in Klasse V von 24,60 auf 34,40 Euro. In der Winterreinigung geht die Gebühr hoch von 2,04 auf 2,50 Euro.

Bei den Müllgebühren kommt ein weiterer Preistreiber hinzu, erklärt die Stadt: „Im Bereich der Abfallentsorgung ist zudem ein erheblicher Kostensprung bei der Abfallverbrennung eingepreist. Hintergrund sind neben der allgemeinen Preissteigerung auch vertragsbedingte Preisanpassungsklauseln sowie die Einführung der CO2-Bepreisung bei der Abfallverbrennung.“

Weil aber die Preissprünge für die Abfallverbrennung laut Vorlage durch kaum vorhandene Ergebnisvorträge quasi nicht kompensiert werden können, wird es bei einigen Entsorgungsleistungen richtig teuer: Die Gebührensätze für die Anlieferung von Abfällen im Entsorgungszentrum, der früheren Mülldeponie am Weyhäuser Weg in Fallersleben, steigen daher um bis zu 51 Prozent, kündigt die Stadt an.

Besser sieht es bei der Sparte Abfallentsorgung, also der regulären Müllabfuhr der Mülltonnen und -container, aus: Dort zu erwartende Überschüsse aus den Jahren 2020 bis 2022 mildern die Gebührenerhöhungen deutlich ab, so dass die Preise für Restabfallbehälter nur um rund 20 Prozent steigen – bei gleichem Leistungsumfang.

Preisbeispiele Abfallentsorgung

Praktisch bedeutet das beispielsweise: Bei den Restmüllbehältern steigt der Preis für eine 80-Liter-Tonne von 86,40 auf 102,40 Euro jährlich, bei einer 120-Liter-Tonne von 128,40 auf 153,60 Euro und bei einem 1100-Liter-Container von 2356,20 auf 2816 Euro.