Salzgitter. Nach dem Schlangenbiss: Die 35-Jährige darf keine Tiere mehr halten. Sie hielt über 110 Schlangen in ihrer Sehlder Wohnung – viele davon hochgiftig.

Nach dem lebensgefährlichen Biss einer Klapperschlange in den Finger einer 35-Jährigen haben die Behörden ein Tierhaltungsverbot gegen die Frau verhängt. Die Frau aus Sehlde darf künftig jede Art von Tieren weder halten noch betreuen, wie ein Sprecher des Landkreises Wolfenbüttel am Donnerstag auf Anfrage mitteilte. Zuvor hatte die „Hildesheimer Allgemeine Zeitung“ berichtet.

Den Angaben des Landkreises zufolge hielt die Frau rund 35 verschiedene Schlangenarten. Von 115 festgestellten Tieren sind 88 nach derzeitigem Kenntnisstand giftig. Dass die Frau Giftschlangen hielt, wurde demnach erst durch den Notfall am vorletzten Wochenende entdeckt. Die Haltung von gefährlichen Tieren für private Zwecke sei nach der niedersächsischen Gefahrtierverordnung nicht gestattet, teilte der Landkreis mit. Eine Ausnahme habe für die Frau nicht bestanden. Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren werde nun geprüft.

Die Frau, die sich mittlerweile nicht mehr in Lebensgefahr befindet, war am 26. Juni in ihrer Wohnung von ihrer eigenen Klapperschlange in den Finger gebissen worden. Die 35-Jährige kam zunächst in ein Krankenhaus in Salzgitter, wo sich ihr Zustand aber verschlechterte. Daher wurde sie in die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) verlegt und ein Gegenserum aus dem Tropeninstitut in Hamburg wurde geliefert.

Zehn der weltweit giftigsten Schlangen lebten in Sehlde

Bei dem Versuch, eine Klapperschlange einem Bekannten zu zeigen, wurde sie gebissen. Sie fuhr selbst in der Nacht zu Sonntag ins Krankenhaus in Salzgitter-Bad, wo sich ihr Zustand verschlechterte.

Es wurde bekannt, dass unter den 110 Würge- und Giftschlangen in dem Haus der Frau zehn der weltweit giftigsten zu finden sind. Für manche von ihnen, betonte Pintak, gibt es noch nicht einmal ein Gegengift.

Bürgermeister: In Sehlde war nicht bekannt, dass die Frau Schlangen hielt

Dass die Frau Schlangen hielt, war im 900-Einwohner-Ort nicht bekannt, versicherte Ortsbürgermeister Reinhard Päsler. Er habe das auch nicht von anderen gehört. Er nannte das Vorkommnis „eine fatale Geschichte“ – auch angesichts der Vorstellung, die Tiere wären eines Tages ausgerissen. Denn sie seien nicht artgerecht gehalten worden – unter anderem „in Behältnissen, die nicht für solche gefährlichen Tiere gedacht sind“, beschrieb Polizeisprecher Matthias Pintak. Die Polizei hat bereits eine Anzeige nach dem Tierschutzgesetz gefertigt, sagte er.

Die Halterin, bei der noch nicht klar ist, ob der Finger noch amputiert werden muss, besaß laut dem Landkreis Wolfenbüttel nicht die Genehmigung für die Haltung von gefährlichen Giftschlangen. Diese werde an Privatpersonen auch nur in Ausnahmefällen erteilt, sagte Andree Wilhelm von der Pressestelle. Jedes Tier werde derzeit fotografiert und bestimmt, schilderte Pintak, um festzustellen, wie gefährlich die Schlangen sind. Sie sind derzeit in der Schlangenfarm in Schladen untergebracht.

Oliver Keudel, Tierpfleger in der Schladener Schlangenfarm, bestätigte, 115 Gift- und Riesenschlangen aus dem Haushalt der Frau in Empfang genommen zu haben. Dazu zählten Teppich-, Tiger, Netz- und Königspythons sowie eine Boa Constrictor als Riesenschlange. „Etwa 25 Schlangen sind ungiftig, der Rest giftig“, sagte Keudel. Er unterstrich, dass die Schlangen nicht artgerecht gehalten worden seien. So sei eine Kapcobra mit einer Länge von 1,30 Metern in einer Box mit einer Größe von nur 40 mal 25 mal 10 Zentimetern gehalten worden.

Hergert: Das Gegengift muss nach Klapperschlangenart ausgesucht werden

Jürgen Hergert, der die Schlangenfarm in Schladen im Kreis Wolfenbüttel von 1980 bis 2020 geleitet hat, sagt, dass die Klapperschlange eine sehr giftige Schlange sei. Er selbst könne nachempfinden, wie man sich fühle, wenn man von einer Schlange gebissen worden sei. „Ich bin dreimal von einer Schlange gebissen worden“, erzählt Hergert. Von einem Kupferkopf, einer amerikanischen Schlange, von einer Kobra aus Asien und von einer Schwarzen Mamba aus Afrika.

„Bei dem Kupferkopf und bei der Cobra wusste ich, dass ich nicht sterben würde. Dass ich aber den Biss der Schwarzen Mamba überlebt habe, grenzt schon an ein Wunder. Das ist wie ein Sechser im Lotto“, sagt Hergert. Zum Biss einer Klapperschlange meint Hergert allgemein, dass festgestellt werden müsse, um was für eine Art von Klapperschlange es sich handele. Deren Bisse könnten entweder blutzersetzend wirken, gewebezerstörend oder ein Nerventoxin enthalten. Je nachdem, um welche Klapperschlangenart es sich handele, müsse auch das Gegengift entsprechend ausgesucht werden. „Das kann nur der Arzt entscheiden“, sagt Hergert.

Hinweis: Das Haus, das im Hintergrund des Fotos zu unserem Artikel zu sehen war, ist nicht das, in dem die Schlangen gehalten wurden.

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