Braunschweig. Der Deutsche Wetterdienst rechnet für die Region Braunschweig am Wochenende mit 31 Grad. Der Juni wird immer „juliartiger“. Wie geht’s dem Wald?

Das war wirklich eine starke Überschrift der „colegas“ von der Zeitung „El País“: „Der Sommer frisst den Frühling!“, titelte das Blatt bei der ersten Hitzewelle des Jahres im Mai. In Spanien haben sie allen Grund, beim Thema Vorsommer-Hitze besonders auf die Tube zu drücken. Früher und sprunghafter steigen die Temperaturen an. Die aktuelle Hitzewelle hat nun auch Gebiete im Zentrum und Nordosten Spaniens erfasst. Für Madrid warnt der nationale Wetterdienst Aemet vor 40 Grad, in Saragossa könnten es am Samstag sogar 45 Grad werden.

Puh! Also im Spanien-Vergleich ist es bei uns wenige Tage vor dem kalendarischen Sommerbeginn (21. Juni) noch echt gut auszuhalten. Doch auch unsere Region muss sich (darf sich?) auf heiße Tage gefasst machen. Für den Samstag werden da und dort immerhin 33 Grad vorausgesagt. Der Experte unseres Vertrauens hält dies allerdings für leicht übertrieben.

Hitzewetter in der Region Braunschweig-Wolfsburg: Was sagt er denn, der Fachmann?

Bezeichnungen wie „Experte“ und „Fachmann“ hat sich der diplomierte Meteorologe Dr. Olaf Schulze seit dem Studium in Hannover wacker erarbeitet. Wir erreichen ihn an seinem Schreibtisch beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach, wo der 1963 in Lengede geborene Schulze als „Referatsleiter Messnetze“ tätig ist. „Ich rechne für Braunschweig und Umgebung am Samstag mit 30, höchstens 31 Grad“, sagt er.

Warme Mittelmeerluft strömt in unsere Gegend. „Die Hitze wird gefühlt sehr unangenehm sein“, sagt Schulze, „wirklich drückend.“ Doch von der Nordsee her winkt dann bald die Abkühlung. „Schon am Sonntag werden wir das merken.“ Ein Gewitter am Sonntagabend sollte niemanden überraschen.

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Die Zunahme der gefühlten „Juli-Tage“ im Juni ist keine Einbildung. Schulze weiß, dass der Schwellenwert 30 Grad in den 80er und 90er Jahren nur an ganz besonderen Ausnahmetagen im Juni erreicht wurde. 2019 gab es dagegen schon sechs Juni-Tage, an denen es über 30 Grad heiß war. „In dem Jahr haben wir in Braunschweig, Celle und Lengede Juni-Spitzenwerte von über 34 Grad gemessen“, sagt Schulze.

Doch es gehe nicht nur um Ausreißer. Das Temperatur-Grundlevel liege nun mal höher, so dass auch die wirklich kalten Juni-Nächte seltener geworden seien. „Gerade dieses Jahr war es aber doch wieder so. Noch vor wenigen Tagen gab es Bodenfrost in Harzer Tälern“, sagt der Kenner, der auf Daten von 180 sozusagen „hauptamtlichen“ Messstationen und von 2000 ehrenamtlich betriebenen Stationen in Deutschland zurückgreifen kann.

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© Jürgen Runo | Jürgen Runo

Natürlich gibt es für die Hitzeaufwallungen im Frühsommer genau einen Grund, den Klimawandel. Schulze erklärt es so: Traditionell sei das Wetter in Norddeutschland von der Nordsee geprägt. Der Klimawandel habe nun aber zur Folge, dass sich das Strömungsverhalten verändert, dass also der Zustrom kalter Luft durch „blockierende Wetterlagen“ behindert wird.

Drei Tipps für die richtig heißen Tage

Tipp 1:Ausreichend und richtig trinken. Generell sollte man mindestens 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit täglich zu sich nehmen, empfiehlt etwa die Bundesärztekammer. Bei heißen Temperaturen sollte die Menge allerdings deutlich darüber liegen, heißt es dort. Auch wenn die Verlockung groß ist: Auf eisgekühlte Getränke sollte man verzichten. Sinnvoller sei es, warme Getränke zu sich zu nehmen, die zu leichtem Schwitzen führen.

Tipp 2: Erholsamer Schlaf auch bei Hitze. Hat sich das Schlafzimmer zu sehr aufgeheizt, bringt einen das um den erholsamen Schlaf. Deshalb gilt: Sonne und warme Luft müssen draußen bleiben. Wie das zu schaffen ist, erklärt die Techniker-Krankenkasse: Die Fenster sollten nur frühmorgens bei kühler Morgenluft geöffnet werden. Tagsüber halten geschlossene Fenster, Jalousien oder Vorhänge die Hitze draußen.

Tipp 3: So hilft man seinem Haustier. Auch Hund, Katze und Co. setzt die Hitze zu. Das Wichtigste sind an heißen Tagen kühle Plätze und ausreichend Flüssigkeit. Tierhalter sollten ihren Vierbeinern an mehreren Orten verteilt Näpfe mit frischem Wasser bereitstellen und auch unterwegs Wasser dabei haben. Nahrung sollten Hund und Katze lieber in mehreren kleinen Portionen über den Tag verteilt bekommen.

Ergebnis: Mehr und mehr lassen feuchtwarme Luftmassen aus dem Süden auch in Niedersachsen die Schweißperlen kullern. Und es regnet wesentlich seltener. Aber wenn es das tut, dann in fataler Heftigkeit. Schulze findet übrigens die spanischen Temperaturen durchaus besorgniserregend. Doch nach dem Motto „Schlimmer geht immer“ erwähnt er noch ein anderes Land. „In Indien gab es im letzten Monat Gebiete, in denen es mehr als 50 Grad heiß war. Das muss eine Tortur für die Menschen gewesen sein.“

Wie ist die Waldbrandgefahr?

Sehr hoch. „Wieder einmal ist es in den Wäldern knochentrocken...“, mit dem Satz bringt der ARD-Meteorologe Michael Köckritz das Problem auf den Punkt. Im Juni 2022 ist in den meisten Gegenden Deutschlands zu wenig Regen gefallen. Als trockensten Ort des Landes hat Köckritz laut tagesschau.de Gilserberg am Rande des Kellerwaldes in Hessen ausgemacht – „mit sagenhaften 100 Millilitern Regen pro Quadratmeter“.

Aber auch in Niedersachsen ist die Lage ernst. In Cuxhaven erreichen wir Regierungsbrandmeister Thomas Friedhoff, der für die Flugzeugüberwachung der besonders problematischen Gebiete in Niedersachsen zuständig ist. „So etwas hatten wir lange nicht“, sagt der erfahrene Brandschützer. In Celle, Faßberg und bei Lüneburg sei für Samstag mit Warnstufe fünf zu rechnen. Das Problem ist: Es gibt nur fünf Stufen. „Eigentlich werden wir dann vorsorglich in die Luft geschickt“, sagt Friedhoff, „es ist wirklich sehr gefährlich.“

Und was sagt der Landwirt?

Joachim Zeidler, der Vorsitzende des Landvolks Gifhorn-Wolfsburg, tuckert gerade durchs Große Moor – und geht trotzdem ans Telefon. Heiße Tage hin oder her: Das große Problem aus seiner Sicht ist natürlich die Dürre. „Es ist viel zu trocken – Punkt!“, ruft Zeidler. Entsprechend groß sei der Beregnungsbedarf vieler Landwirte, was aber natürlich gleich die nächsten Probleme aufwerfe. Ein, zwei frühe heiße Tage im Juni müssten sich nicht unbedingt dramatisch auswirken. Wenn es aber – wie im Vorjahr – gleich eine ganze Juni-Woche über knallheiß sei, führe das dazu, dass das Getreide zu früh „in die Abreife geht“. Das Korn sei dann nicht voll ausgereift und sozusagen mickriger, was sich negativ auf den Ertrag auswirke.

Aber Hitze ist auch toll, oder?

So schlimm das mit dem Klimawandel im Allgemeinen und mit Dürre und Waldbrandgefahr im Besonderen ist: Nicht wenige Menschen (ich zum Beispiel) würden die Frage in der kleinen Überschrift unbedingt bejahen. Die Sonne macht froh, und die Abkühlung kann desto schöner sein, sei es im Liegestuhl, im Biergarten, im Wald oder im Freibad. Hilfreich: Abkühlung garantiert- Badeseen rund um Braunschweig und Wolfsburg

Apropos: „Wir rechnen natürlich mit hohen Besucherzahlen insbesondere in den Freibädern“, teilt Fabian Neubert mit, der sich um das Marketing der Stadtbad Braunschweig GmbH kümmert. Und man bereitet sich vor: Zum einen werde „selbstverständlich“ die Zahl der Schwimmmeister erhöht, um den Überblick zu behalten. „Damit sich diese auf die Wasseraufsicht konzentrieren können, werden wir an der ein oder anderen Stelle zusätzlich einen Sicherheitsdienst einsetzen, der uns bei der Regelung des Betriebes auf den Wiesen unterstützt“, kündigt Neubert an. Zum anderen rate er allen Gästen, vorab im Onlineshop Tickets zu kaufen. Die „Freibadschlange“ an der Kasse sei bei hitziger Schwüle nicht jedermanns Sache.

Fast jedermann ist bei Hitze für Speiseeis zu haben. Auch in den Eisdielen sind die Wetterprognosen eingeschlagen wie eine Eisbombe. „Ja, wir müssen natürlich mehr Ware bestellen – und mein Mann muss viel mehr Eis machen“, sagt Tabea Catalano von der Eisdiele „La Campana“ in Salzgitter-Gebhardshagen. Auch sie macht sich Gedanken, wie sie die Besetzung verstärken könne – und die Handgelenke lockern. Und natürlich haben wir sie auch nach der aktuellen Lieblingssorte ihrer Kunden gefragt. Die Antwort: Derzeit ist der Erdbeerbecher besonders gefragt. Zumindest in dieser Woche könnte sie ihn gut „David“ nennen. So heißt nämlich das Hoch, das uns zwar keine Rekorde bescheren, aber ganz schön in Atem halten wird.