Braunschweig. Peter Fissel lebte ein Jahr in den USA und lernte die US-Küche schätzen. Nach verschiedenen Stationen bereitet er jetzt deutsch-amerikanische Kost zu.

Die Speisen im Kräcker’s Kitchen sind überwiegend deftig. Ein saftiger BBQ-Burger, ein 350-Gramm-Rumpsteak mit Schmorzwiebeln und Kräuter-Knoblauch-Butter, Schnitzel mit Spiegelei und Bacon oder knusprige Käse-Fritten – lecker klingt das, ist aber sicher keine leichte Kost. Und irgendwie würde es da nicht passen, wenn am Herd ein schmaler Küchenchef mit Fleisch und Soßen hantieren und die Salatbeilage mit seinen filigranen Händen auf den Tellern platzieren würde.

Peter Fissel ist ein kräftiger Mann, über zwei Meter groß, der an diesem Tag ein rot-kariertes Holzfäller-Hemd trägt und die Ärmel hochgekrempelt hat. Er scheint bestens zu passen an diesen Ort in der alten Lehndorfer Roggenmühle, den Liebhaber der deutsch-amerikanischen Küche zu schätzen wissen.

Großmutter arbeitete in der Kantine der Hasseröder Brauerei

„Ich hatte schon immer eine Affinität zu Essen“, sagt Fissel. Seine Großmutter habe früher in der Kantine der Hasseröder Brauerei gearbeitet. Viel habe er sich schon zu Kindheitstagen von der Oma abgeschaut, erzählt er.

Mit amerikanischer Küche allerdings verband Fissel lange Zeit nur das, was klischeehaft in vielen Köpfen herumgeistert: US-Fast-Food in Reinkultur. Fettig, riesig, ungesund. „Klar war ich auch mal bei bestimmten Burgerketten und habe meine Erfahrungen gemacht“, erzählt der Mann aus dem Harzstädtchen Wernigerode. Als er dann aber im Alter von 16 Jahren an einem Schüleraustausch teilnahm und ein Jahr in Topeka im US-Bundesstaat Kansas lebte, bekam Fissel ein anderes Bild.

Station in einem der renommiertesten Fünf-Sterne-Hotels

Seine Gastmutter sei eine gute Köchin gewesen, erzählt er. Sie habe die Fried Chicken köstlich zubereitet, ebenso die Indian Tacos. Die Vielfalt bei den Sunday Barbecues sei ein Traum gewesen. Überhaupt lernte der Austauschschüler, dass die US-Küche aufgrund der Einwandererkultur vielen interessanten Einflüssen unterliegt.

Wieder zurück in Deutschland, wusste Fissel zunächst nicht so recht, wie er sich beruflich orientieren sollte. Letztlich entschied er sich für eine Ausbildung zum Koch und verließ dafür seine Heimatregion. Beginnend in Wiesbaden, landete er bald darauf im Breidenbacher Hof in Düsseldorf – einem der renommiertesten Fünf-Sterne-Hotels im Land.

Küchenchef im „Hausmann’s“ von TV-Koch Tim Mälzer

„Das war ein hartes Jahr direkt nach der Ausbildung“, erinnert sich Fissel, der nach weiteren Hotel-Stationen dann aber gerne in den Restaurant-Bereich wechseln wollte. Im „Hausmann’s“ von TV-Koch Tim Mälzer am Frankfurter Flughafen arbeitete er sich zum Küchenchef hoch und bekam den bekannten Inhaber auch einige Male zu sehen.

„Wir haben einige Probekochen veranstaltet. Außerdem hat er immer seine Signatur unter die Speisekarten gesetzt“, berichtet Fissel. Mälzer sei ein extrem lockerer Typ, der kein Blatt vor den Mund nehme – erst recht ohne Anwesenheit einer Kamera.

Später betreute der 33-Jährige mehrere Restaurantkonzepte gleichzeitig, unter anderem das benachbarte „Jamie’s Deli“ des britischen Starkochs Jamie Oliver, den er allerdings nie persönlich kennenlernte. Doch mit der Zeit wuchs das Heimweh. „Ich wollte zurück nach Wernigerode. Nach dem ganzen Großstadtleben habe ich mich nach Ruhe gesehnt“, erklärt Fissel.

Nachfolger für das „Farmer’s“ in Braunschweig

Also ging es für den inzwischen verheirateten Koch mit seiner Frau zurück in die Heimat. Dort lernte er Ulrike und Karsten Kräcker kennen, die dort eine Bäckerei mit Café und weitere Restaurants betreiben. Gemeinsam mit Karsten Kräcker eröffnete er Ende 2018 das „Mampfy“ in Wernigerode. Amerikanische Kost dominiert dort die Speisekarte, die Burgerbrötchen kommen direkt aus der benachbarten Bäckerei. Als nur wenige Monate später ein Nachfolger für das „Farmer’s“ in Braunschweig gesucht wurde, griffen die Gastro-Unternehmer auch hier zu.

Das rustikale Scheunenflair tasteten die neuen Betreiber nicht an. Die hier auch schon vorher etablierte deutsch-amerikanische Ausrichtung blieb ebenfalls, wenngleich Fissel neue Akzente setzte. Allerdings wurde der Koch von der einsetzenden Pandemie schon bald gebremst.

Der US-Fan arbeitet immer abwechselnd in Wernigerode und Braunschweig

„In Wernigerode hat sich die Gastronomie-Szene von den Lockdowns dank des Tourismus schneller erholt. Hier war es schwerer“, erzählt der US-Fan, der immer abwechselnd in Wernigerode und Braunschweig arbeitet. Dass seine Liebe zu den Staaten ihn aber auch gleich zum Besitzer eines amerikanischen Autos gemacht hätte, kann Fissel nicht behaupten. „Das war zwar schon immer mein großer Traum. Aber bei den heutigen Spritpreisen wird er das wohl auch bleiben“, sagt er. Und über Trump und Politik allgemein möchte er erst gar nicht sprechen.

Trotzdem lässt es sich der Basketball- und Footballanhänger nicht nehmen, hier und da Live-Übertragungen von Spielen der amerikanischen Profiligen im Fernsehen zu verfolgen. Auf einem kleinen Basketballplatz auf seinem Grundstück übt er sogar ab und zu selbst ein paar Würfe. Von der amerikanischen Kultur hängen geblieben, sind bei ihm auch die Gewohnheiten im Restaurant. „Als ich neulich mal mit meinen Eltern essen gegangen bin, habe ich ein Trinkgeld gegeben, dass beide nur geschluckt haben“, erzählt Fissel lachend.

Auch leichte Speisen im Angebot: Vom veganen Burger bis zum Flammlachs-Wrap

Aber der Koch weiß, wie viel harte Arbeit in der Gastronomie auch im Servicebereich geleistet wird und wie wichtig eine angemessene Wertschätzung ist. Die durch die Pandemie verschärfte Personalmisere in der Branche hat diese Erkenntnis noch einmal geschärft.

Jetzt freut sich das Restaurant-Team zunehmend auf die Außensaison, für die das Kräcker’s Kitchen mit seinem großen Biergarten bestens ausgelegt ist. Dann wird auch die Nachfrage nach leichten Speisen steigen, die es in dem Lokal auch gibt. Gesunde Salate, vegetarische Nudelgerichte mit Knöpfle oder Pappardelle sowie vegane Burger und Flammlachs-Wrap sind ebenfalls auf der Karte zu finden.

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